-drei Worte-

674 43 6
                                    

Als ich nach Hause kam, wurde der Tag nicht viel unkomplizierter.

Morgen Abend hatte ich mit meiner Mutter ausgemacht, dass sie Mona mitnahm und wir hatten uns noch immer nicht ausgesprochen.

Jetzt stand sie vor mir und musterte mich mit ihren Rehaugen intensiv.

„Hey!", begrüßte ich sie vorsichtig. Darauf verschränkte sie die Arme vor der Brust.

„Hallo."

Während ich meine Schlüssel ablegte, fasste ich den Mut, damit wir uns vertrugen vor ihrer Abreise.

„Hör zu. Selbst, wenn du es jetzt nicht verstehst, wirst du es irgendwann tun.", fing ich an und kniete vor ihr nieder, um meine Hände an ihre dünnen Arme zu legen und ihr fest in die Augen zu sehen.

„Bei mir hast du keine Perspektive. Ich habe kein Geld und kann mich nicht um dich kümmern. So sehr es mir auch wehtut, aber du hast das beste verdient! Wenn du bei Mum lebst, hast du die Möglichkeit auf eine gute Schule zu gehen, während Dad weit genug von dir weg lebt.

Ich verspreche auch, dass ich dich jedes Wochenende besuche."

Einen Moment starrte sie mich nur weiter ausdruckslos an. Dann atmete sie tief ein.

„Es ist nicht so, als ob ich es nicht nachvollziehen könnte, aber Jacy ich will bei dir bleiben. Egal, auf welche Schule ich gehe.

Ich kenne diese Frau kaum und deshalb will ich auch nicht bei ihr leben, besonders nicht, ohne dich! Mal abgesehen davon hast du diese Entscheidung einfach ohne mich getroffen und dann soll ich dich so kurzfristig auch noch verlassen?"

„Das hatte ich schon länger überlegt, doch solange wir bei Dad waren, habe ich mich nie getraut, oder war zu egoistisch, dich herzugeben.

Doch jetzt ist alles anders und ich kann nicht... ich kann nicht mehr egoistisch sein, Mona! Verstehst du das?"

Ich spürte heiße Tränen in mir aufsteigen, die sich kaum einige Sekunden später aus meinen Augen lösten.

Der Anblick brachte meine kleine Schwester ebenfalls dazu in Tränen auszubrechen.

Sie warf sich achtlos in meine Arme und eine ganze Weile hielt ich sie einfach nur fest.

Ihre Schluchzer brachen mir das Herz und wie schon oft, fragte ich mich, ob ich vielleicht meine Entscheidung nochmals überdenken sollte. Jedoch überzeugten mich meine eigenen Worte vom Gegenteil.

Ich kann nicht mehr egoistisch sein! Das schuldete ich ihr nach all den grausamen Jahren nunmal.

Nach einer halben Ewigkeit löste sie sich langsam von mir, worauf ich ihren Kopf in meine Hände nahm und meine Stirn gegen ihre presste.

Wir beide heulten immer noch ungehalten.

„Ich liebe dich so sehr.", presste ich leise hervor.

„Ich liebe dich mehr.", gab sie leise zurück, während ein weiterer Tropfen über ihre rosige Wange kullerte.

„Unmöglich.", widersprach ich und daraufhin mussten wir beide ein wenig lachen.

Nachdem sich unser Gefühlsausbruch wieder etwas gelegt hatte, küsste ich sie liebevoll auf die Stirn und stand auf.

„Wir wäre es, wenn wir morgen einen Ausflug machen. Du darfst sogar mit auf dem Motorrad fahren!" Ich suchte ihren Blick, um ihre Reaktion zu prüfen, sie blickte jedoch zu Boden.

„Das ist Bestechung.", erwiderte sie schließlich und brachte mich damit zum Grinsen.

„Was für ein Glück, dass du bestechlich bist.", gab ich zurück und sie kicherte ein wenig. Dabei kaute sie an ihrem Zeigefinger.

Mein Mauerblümchen Où les histoires vivent. Découvrez maintenant