Kapitel 26

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Die Routine hatte ihm geholfen, nicht zu verzweifeln, auch wenn er zum gefühlt Millionsten Mal von den Kollegen des Nachrichtendienstes mehr oder weniger subtil aus deren Zentrale hinausgeworfen wurde. Er rechnete eigentlich schon lange nicht mehr mit einem Lebenszeichen von Yuki und dachte manchmal insgeheim, dass es nach so langer Zeit besser wäre, wenn sie nicht mehr lebte. Wenn doch, würde das bedeuten, man folterte sie entweder seit knapp einem Jahr, oder Hydra hatte Erfolg gehabt und sie wäre nun nicht mehr die Person, die er gekannt und geliebt hatte. Weil beim letztgenannten Szenario bestimmt schon Schlagzeilen wie „Senator XY ist bei einem Brand mit ungeklärter Ursache umgekommen – spontane Selbstentzündung?" die Runde gemacht hätten, und das nicht der Fall gewesen war, blieb nur die andere Alternative.

Und dann, so meldete sich immer dann, wenn er des Nachts alleine mit sich und seinen Gedanken war, eine leise Stimme, dann wäre sie besser tot. Steves tief verwurzelter christlicher Glaube hatte zwar in der letzten Zeit schwer gelitten, hatte er doch gesehen, was Menschen anderen Menschen noch immer antaten, unverändert seit den Gräueln des zweiten Weltkrieges. Dann hatte die Existenz der Chitauri hatte sein biblisches Verständnis vom Menschen als Krone der Schöpfung zusätzlich heftig ins Wanken gebracht. Trotzdem fand er Trost darin, dass der Allmächtige in seiner unendlichen Güte, so er denn existierte, Yuki die Qualen ähnlich derer, wie Natasha sie einmal erwähnt hatte, vielleicht ersparte.

Die Agentin war nicht ins Detail gegangen, doch er hatte eine ungefähre Ahnung davon, wie sehr sie manchmal noch von ihren eigenen Dämonen heimgesucht wurde. Sie hatte ihm auch für den unwahrscheinlichen Fall einer Rettung wenig Hoffnung gemacht. „Selbst wenn wir sie noch finden, wird sie nie mehr zu ihrem alten Ich zurückfinden. Glaub mir, selbst wenn doch, es wird hart."

Es war vielleicht wirklich alles besser so, wie es jetzt war. Er musste nur noch seinen Frieden damit machen.

„Hey, Erde an Steve, bitte kommen!" Barton rüttelte an seiner Schulter. „Wenn Natasha von der südwestlichen Anhöhe aus ihr Okay gibt, bist du besser bereit."

Steve schüttelte sich und nickte. Sie lagen hier mitten im kolumbianischen Regenwald und waren im Begriff die Übernahme mehrerer Familien-Clans durch ein großes Drogenkartell unter Rodrigo Escada zu verhindern. Das war eine Mission, die ihm auch persönlich wichtig war - es waren schon so viele junge Menschen durch das Teufelszeug umgekommen, ihre Familien zerstört. Eine einzige, übermächtige Organisation zu verhindern, bevor sie die Märkte weltweit mit viel günstigerem Stoff überschwemmen konnte, war eine sehr gute Sache. Und wenn sie darüber hinaus noch die kleineren Bosse hochnehmen konnten, die Escada unter einem Vorwand eingeladen hatte, um sie auf einen Schlag zu eliminieren, war das auch nicht zu verachten.


Das Funkgerät fauchte und spuckte, bevor Romanoffs Stimme zu ihnen durchdrang. „Barton, Kommen. Er ist drin. Gehen wir rein. Romanoff, Ende." Barton gab das Handzeichen zum Vorrücken und Steve setzte sich zusammen mit dem ihm unterstellten STRIKE-Team in Bewegung.

Die schwüle Luft machte Steve nichts aus, sie war nur etwas dicker, als gewöhnlich, gesättigt nicht nur mit Feuchtigkeit, sondern auch mit fremdartigen, erdigen Gerüchen. Das in Kombination mit einer Explosion von Farben und den Hintergrundgeräuschen exotischer Tiere, die wie ein dicker Teppich die leisen Schritte der bewaffneten Männer schluckten, schärfte seine ohnehin feinen Sinne noch mehr, dass er von allen Eindrücken beinahe überwältigt wurde. Und er verspürte ein Kribbeln in Erwartung der bevorstehenden Kampfhandlungen. Das musste dieser Erregungszustand sein, den Natasha ihm oft beschrieben hatte. Er kannte ihn von früher, nur hatte er ihm immer ein bisschen Angst gemacht. Heute erfüllte es ihn zum ersten Mal mit ähnlicher Vorfreude wie Natasha. Ob das nun an der stimulierenden Umgebung lag, oder daran, dass er nach jeder Ablenkung von seinen Problemen lechzte, konnte er nicht sagen. ‚Darüber mache ich mir später Gedanken', sagte er sich und huschte hinter Barton her, jeden Busch und jeden Palmwedel als Deckung nutzend.

Suche Held, biete Phönix (FF Captain America - Steve Rogers - OC)Where stories live. Discover now