Kapitel 34

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Direktor Nick Fury hatte das komplette Programm hochgefahren: zwei S.T.R.I.K.E. Teams, zwei Cleaner-Teams, die das Chaos beseitigen und mutmaßliche Zeugen mit einer möglichst plausiblen Geschichte beruhigen sollten, und schließlich einen reichlich zerzausten Dr. Sanders. Dieser hatte den Silvesterabend erkältet im Bett verbracht und tauchte daher verspätet in einem entsprechend derangierten Zustand auf. Zu diesem Zeitpunkt war Yuki Leclerc bereits in Rumlows Gewahrsam.

Fury konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der S.T.R.I.K.E. Anführer enttäuscht darüber war, dass die junge Frau sich widerstandslos hatte festnehmen lassen, ohne dabei auch die kleinste Gegenwehr zu leisten. Auch er selbst war darüber mehr als erstaunt, hatte er doch mit dem Schlimmsten gerechnet, als Cap ihn über den katastrophalen Ausgang der Silvesternacht informiert und um Entsendung eines Aufräumtrupps gebeten hatte. Gerade deswegen hatte er auch Rumlow losgeschickt, obwohl er wusste, dass dieser aus unerfindlichen Gründen einen Groll gegen Rogers hegte und auf jede Gelegenheit brannte, diesem eins auszuwischen. Und Ms. Leclerc grob zu behandeln oder gar zu verletzen, war dazu bestens geeignet. Sie war ohne jeden Zweifel Caps Schwachpunkt, das war für jeden offenkundig, der die beiden zusammen sah und nicht mit Blindheit geschlagen war.

Und das war eine Tatsache, die ihm seit geraumer Zeit Kopfzerbrechen bereitete. Zu Anfang hatte es zu seinem Plan gehört, die enge Bindung zwischen diesen beiden zu nutzen, um Ms. Leclerc vielleicht auch für die Avengers Initiative zu gewinnen, doch inzwischen schaffte sie zunehmend Probleme. Was ursprünglich der Gewinnung eines weiteren Talents dienen sollte, barg nun die Gefahr, den Avenger zu verlieren, der als einziger von allen anderen als Anführer akzeptiert wurde und dadurch alles zusammenhielt. Für den Moment konnte er sich sicher sein, dass Captain America seine Pflicht gegenüber S.H.I.E.L.D. erfüllen würde, aber diese Gewissheit bekam Risse. Die Zuneigung zu der jungen Frau, die schon an Besessenheit grenzte, wie Romanoff schon zu verschiedenen Gelegenheiten angemerkt hatte, würde den Mann früher oder später in einen Gewissenskonflikt stürzen. Schon als Fury ihm untersagt hatte, ihr die Wahrheit über Kobayashi zu sagen, war abzusehen, dass Captain America ihm eines schönen Tages den Gehorsam verweigern würde, wenn eine Anweisung auch nur im Geringsten zum Schaden seines Mädchens wäre.

Der Direktor hatte Rogers Zuneigung zu Beginn als romantische Schwärmerei und Vernarrtheit eines Teenagers abgetan, denn genau genommen ging Rogers in Sachen Frauen tatsächlich als Teenager durch. Hatte er doch kaum mehr Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht sammeln können, als ein solcher, bevor er im Eis verschwunden war. Aber nun hatte sich das Ganze zu einer ernstzunehmenden Beziehung ausgewachsen.
Die sich blitzschnell zu seinem, Furys, Nachteil entwickeln konnte. Doch die Frau wieder rauszuwerfen, würde das Problem nicht lösen, ganz im Gegenteil: In der Zeit, als sie verschollen war, war Cap einfach zu nichts zu gebrauchen gewesen. Und jetzt war der Zeitpunkt denkbar schlecht, es zu riskieren.

Das war ein lupenreines Dilemma, in welchem er jetzt steckte. Er haderte eine Weile mit der Entscheidung, Rogers damals nach Deutschland zu schicken. Aber niemand hatte ahnen können, dass er dort ausgerechnet auf die Kleine treffen würde. Die keine Kleine mehr war, sondern entweder eine nützliche Verbündete, eine erbitterte Gegnerin oder vielleicht auch eine neutrale Person. Es war noch alles offen und hing davon ab, ob er ihr in den nächsten Stunden die Gründe für die Geheimhaltung Kobayashi betreffend plausibel nahebringen konnte und ob sie diese akzeptierte. Wenigstens war sie stabil, wie ihm Sanders vor wenigen Minuten bestätigt hatte.

Er wartete nur noch auf Rumlows Ankunft, der die Frau herbringen sollte.
Das Lämpchen für die Sprechanlage blinkte auf seinem Schreibtisch. „Wenn es Agent Rumlow ist, stellen Sie durch. Danke, Grace."

Es war der STRIKE-Kommandant und er meldete zurück, dass er mit Ms. Leclerc im Verhörraum 7 auf Fury wartete. Und dass Captain Rogers ebenfalls zugegen sei, weil dieser sich nicht davon habe abhalten lassen, sie zu begleiten. Wie brachte Rumlow es nur fertig, ständig in diesem missgelaunten Ton zu sprechen, so als ob die Welt ihn permanent annervte?
Nicholas Fury schürzte die Lippen, natürlich hatte Cap sich nicht abhalten lassen. Der Direktor bedankte sich und stand langsam auf. Er legte seine Augenklappe an und überprüfte deren Sitz in einem kleinen Wandspiegel, vor dem er zu diesem Zweck kurz stehen blieb, bevor er sich auf den Weg ins Untergeschoss machte.

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