Epilog

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Der erste koffeinfreie Kaffee des Tages rann heiß und belebend durch ihre Kehle. Yuki hob ihre Tasse für einen weiteren Schluck und blinzelte noch verschlafen in das Morgenrot. Entgegen ihrer Gewohnheit war sie so früh aufgestanden wie noch nie. Sie hatte auch noch nie so viel vorgehabt.

Sie strich sich über die deutliche Wölbung ihres Bauches. In den letzten zwei Jahren war vieles nicht so gekommen, wie sie es geplant hatte, da kam es jetzt auf diese eine unvorhergesehene Wendung auch nicht mehr an. Sie hatte es wenige Wochen nach der offiziellen Aufnahme ihrer Tätigkeit für die Leclerc'sche Elefanten-Stiftung bemerkt: Rastlosigkeit, Stimmungsschwankungen hatte sie zuerst auf den emotionalen Stress geschoben, doch als ihr der Geruch nach Essen, der öfters über den Strand wehte, ihr Übelkeit verursachte, hatte sie einen Schamanen aufgesucht, von denen es in Thailand eine Menge gab. Sie wollte vermeiden, noch einmal in irgendeiner Krankenakte aufzutauchen, wenn es nicht unbedingt sein musste, und sie war überzeugt davon, dass die Schulmedizin in vielen Fällen nicht von Nöten war. Als der Schamane sie an eine weibliche Kollegin verwies, weil es sich um ein ‚Frauen-Problem' handelte, hatte sie sich nur milde gewundert.

Als diese ihr eröffnet hatte, dass sie schwanger sei, war sie aus allen Wolken gefallen.
Wann zum Teufel hätte das passieren sollen? Sie hatte doch immer verhütet! Nach einpaar Tagen der Verleugnung war es ihr wie Schuppen von den Augen gefallen. Sicher, sie hatte ein Hormonimplantat im Arm gehabt - doch das war ihr in Yokohama entfernt worden, weil Carpenter es bei den ersten Scans entdeckt und fälschlicher Weise für einen GPS-Tracker gehalten hatte, durch den S.H.I.E.L.D. Yuki hätte verfolgen können. Und danach hatte sie reichlich andere Sorgen gehabt und nicht wieder daran gedacht. Bis sie sich wenige Wochen nach ihrer Befreiung ein neues Implantat hatte einsetzen lassen. Irgendwann in dieser Zeit musste es passiert sein, so ihre Schlussfolgerung, und dann war ihr diese eine Nacht eingefallen, die sie mit Steve in der Arrestzelle auf dem Helicarrier verbracht hatte. In der Zeit, wo sie nicht einmal mehr gewusst hatte, wer sie war und wer er. Nur jene Nacht, in der er ihr Sicherheit und Trost auf diese besondere Weise vermittelt hatte, kam dafür in Frage.

Trotzdem hatte sie es nicht wahrhaben wollen, weil es überhaupt nicht in ihre Pläne passte. Sie hatte mit der Schamanin zu diskutieren begonnen: das zweite Hormonimplantat hätte doch in jedem Fall zu Komplikationen geführt, wenn nicht gar zu einer Fehlgeburt. Und hätte sie es nicht schon früher merken müssen? Schließlich hatte sie, wenn auch unregelmäßig, ihre Periode gehabt. Die alte Frau hatte nur müde gelächelt und zu einer wortreichen Erklärung angehoben. Unter anderem, dass ihr Körper möglicherweise einfach ‚vergessen' hatte, dass sie schwanger war, weil er seine Energie dafür aufwendete, ihre Seele zu heilen. Und dass, sofern der Geist des Vaters sehr stark wäre, er das Kind vor Schaden bewahrt hatte. Das hatte Yuki eingeleuchtet. Sie hatte psychisch unter großem Druck gestanden, und der Vater war in jeder Hinsicht stark und besonders. Ohne die ganze Geschichte zu kennen, hatte die Schamanin das alles ganz einfach aus ihrer Erfahrung heraus geschlussfolgert.

Es weiter zu leugnen war sinnlos und dumm, abzutreiben ein Ding der Unmöglichkeit. Das hatte sie nicht übers Herz gebracht: dieses Kind war ein Teil von ihr und ein Teil von ihm, und vermutlich der einzige Teil von ihm, den sie je würde haben können. Das Implantat hatte sie sich umgehend und ohne mit der Wimper zu zucken selbst herausgeschnitten.
Sie malte kleine Kreise um ihren Bauchnabel und flüsterte: „Sie hatte Recht, die alte Nurajee. Mit allem. Wir zwei schaffen das auch allein."

Natürlich musste sie Steve davon erzählen, er hatte ein Recht darauf, es zu wissen. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Sie waren frisch getrennt, und sie würde ihn in einen noch größeren Gewissenskonflikt stürzen, als er gerade eben erst überwunden hatte. Und sie hatte noch genug andere Dinge um die Ohren. Yukis kleines Einkommen aus der Stiftung reichte gut für eine erwachsene Person, die sich zur Not auch mal einschränken konnte. Aber sie wollte ihr Kind, es klang noch immer unglaublich, nicht mit Einschränkungen aufziehen und dabei jeden Baht umdrehen müssen. Sie brauchte also eine weitere Einnahmequelle. Da traf es sich gut, dass ein Surfbrettverleih nahe Kamala Beach einen neuen Besitzer suchte. Der Verkäufer steckte wohl in irgendeiner Notlage, weshalb sie den Schleuderpreis mit dem ihr verbliebenen Bargeld begleichen konnte. Welcher Art diese Not war, interessierte sie nicht - ihr kam es gerade recht.

Heute würde sie den Vertrag unterschreiben. Zwischen Mai und November, wenn die besten Wellen Kundschaft anlockten, war also für ihre kleine Familie gesorgt – auch wenn Thailand nicht gerade als Mekka für Surfer galt, kamen viele gerade, weil die Strände hier noch nicht mit ihresgleichen vollgestopft waren. Für die restliche Zeit musst sie sich noch etwas anderes überlegen. Vielleicht die ersten Gewinne gleich wieder in Tuktuks investieren, die sie dann das ganze Jahr über verleihen konnte. Die Arbeit für die Elefanten durfte jedoch nicht darunter leiden, sie war ihr ein echtes Anliegen, auch wenn die Stiftung eigentlich nur dazu diente, etwas von ihrem früheren Vermögen in dieses Leben zu retten.
Alles zusammen würde ihnen beiden ein auskömmliches Leben ermöglichen.
Als die Sonne aufging, streckte sie sich ausgiebig und blinzelte in die stärker werdenden Lichtstrahlen. Dann stellte sie die leere Kaffeetasse ins Spülbecken und trat entschlossen aus ihrem Häuschen - in dem neuen Kapitel, das ihr Leben aufschlug, gab es noch viel zu tun.

 Dann stellte sie die leere Kaffeetasse ins Spülbecken und trat entschlossen aus ihrem Häuschen - in dem neuen Kapitel, das ihr Leben aufschlug, gab es noch viel zu tun

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