~𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟔𝟎~

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RICARDO


"¿Qué está pasando? (Was ist los?)", hakte ich verwirrt bei Rodrigo nach, doch ich schien nicht der einzige zu sein, der unaufgeklärt war. Papá hatte uns nämlich alle in sein Büro gerufen und das tat er nur, wenn etwas sehr wichtiges besprochen werden musste. Jedoch herrschte in letzter Zeit frieden und es gab auch keine Probleme bei irgendwelchen Geschäften oder Clubs, weshalb ich mich fragte, was los war.

Gerade als ich den Raum verlassen wollte, da er seit einer verdammten halben Stunde immer noch nicht aufgetaucht war und ich außerdem keine Zeit für so einen Scheiss hatte, öffnete sich die Tür noch bevor ich mich erheben konnte. Er trat gemeinsam mit Mamá hinein, weshalb mir mein Bauchgefühl sagte, dass etwas sehr schlimmes oder ernstes passiert sein musste, denn Mamá war selten oder so gut wie nie dabei.

"¿Ha pasado algo, papá? (Ist etwas passiert, Papá?)", fragte Ramiro ihn sofort, was mich wunderte, denn er war immer der erste, der von den Problemen und all den Zeugs bescheid wusste, denn er war der älteste und musste sich nicht, sowie ich, um eine Schule kümmern. "Sí, algo muy serio. (Ja, etwas sehr ernstes.)"

"Siéntate. (Setzt euch)", wies Mamá uns an und nickte dabei auf die schwarzen Drehstühle, die vor dem Schreibtisch standen. Aus ihrer Stimme erkannte man wie ernst die Lage war, was mich weiter grübeln ließ. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, was passiert ist. Von Dingen, die sehr schlimm wären, hätte ich zu hundert Prozent schon etwas mitbekommen, deshalb konnte dies nicht sein. Aber was war es dann?

"Wir fliegen alle nach Afghanistan."

Meine Stirn legte sich in Falten, denn damit hatte ich sicherlich nicht gerechnet. Hatte er wieder einer seiner exklusiven Geschäftsreisen in Kriegsgebieten? Wenn ja, wieso versammelte er uns dafür alle? Das war doch eigentlich Rodrigo's Aufgabe, denn Ramiro kümmerte sich um die Geschäfte hier an Ort und ich mich um die Clubs und Bordelle.

Auch Rodrigo war sichtlich verwirrt über seine Aussage und hob daraufhin fragend seine Augenbraue. "Wieder eine Geschäftsreise oder schicken wir erneut unserer Soldaten hin?", hakte dieser nach und sprach damit eigentlich unser aller Gedanken aus. Papá's Kopfschütteln ließ mich meine Augenbrauen zusammenziehen. Was war es dann?

"Wir nehmen unsere Suchtrupps mit, denn wir suchen nach jemandem." Wütend darüber, dass er die ganze Zeit drum herum sprach, schlug ich auf den Tisch. "Wen denn? Komm endlich auf den Punkt!", verlangte ich ungeduldig, wofür ich einen warnenden Blick von meiner Mutter bekam. Aber wie gesagt, ich hatte keine Zeit für so einen Misst, wenn er nicht mal in der Lage war vernünftig zu sprechen!

"Mariam's Bruder."

Mein ganzer Körper erstarrte augenblicklich, als wäre ein Blitzt auf mich getroffen, während mir ein eiskalter Schauer über den Rücken lief - und dies ist mir noch nie passiert. Nichts hatte mich in meinem ganzen Leben so sehr schockiert, wie dies hier.

Vor fünf Jahren wurde Amir - Mariam's älterer und einziger Bruder - von der Taliban festgenommen und in eine Art Gefängnis gesteckt. Ein Folterlager würde es eher beschreiben, denn sie wollten damit Druck ausüben, um den Menschen Angst einzujagen. Wenn jemand nicht auf sie hörte, dann würden sie dort landen. Im schlimmsten Fall tötete die Taliban sogar, aber schließlich konnten sie ja nicht jeden erschießen der gegen die Regeln verstoß, da sonst die Anzahl an Bevölkerung drastisch sinken würde und sie bald keine Einwohner mehr hätten.

Und was bringt ein erobertes Land ohne Einwohner darin?

Amir war einer derjenigen, den sie sich geschnappt hatten. Damals vor fünf Jahren hatte meine Familie vielen Menschen, die in Not waren und flüchten wollten, geholfen über die Grenze zu kommen, jedoch bemerkte uns die Taliban noch bevor wir über die Grenze kommen konnten und schnappte sich jeden, den sie kriegen konnten.

𝐓𝐡𝐞 𝐛𝐞𝐠𝐢𝐧𝐧𝐢𝐧𝐠 𝐨𝐟 𝐚 𝐧𝐞𝐰 𝐬𝐭𝐨𝐫𝐲 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt