Kapitel 52

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Tatsächlich wurden die Stimmen lauter, bis ich vor der Tür stehen blieb, hinter der das Gespräch stattfand. Es war schwer etwas zu verstehen, da die Tür relativ dick aussah, doch nach angestrengtem Lauschen, war ich mir sicher, dass ich Ians Stimme wahrnahm. Und als ich noch näher an die geschlossene Tür ran trat und mein Ohr vorsichtig an die Tür legte, konnte ich auch hören, was er sagte, weswegen ich irritiert die Augenbrauen zusammen zog.

"Ich mache bei deinem scheiß Spiel nicht mehr mit!"

Der Drang mich einfach umzudrehen und so zu tun, als hätte ich das hier nie gehört, wurde größer, doch meine Neugier hielt mich an Ort und Stelle fest. Von welchem Spiel redete er und vor allem mit wem?

Es war eine Weile ruhig am anderen Ende der Tür bis ich erneut eine Stimme wahrnahm. "Stell dich nicht so an. Außerdem macht's dir doch Spaß mit ihr zu spielen." Verwirrt runzelte ich die Stirn, als ich erkannte, wesen Stimme es war. "Nein, mir macht es Spaß mit ihr Zeit zu verbringen, aber nicht sie zu verarschen, nur weil du es so willst. Ich mach da nicht mehr mit. Hast du gehört?"  "Es ist nicht so, als hättest du eine Wahl. Du machst mit unserem Plan weiter, so wie ich es sage." Im Gegensatz zu Ians lauter, wütent klingenden Stimme, klang Nathans schon beunruhigend ruhig.

Je mehr ich hörte, desto schneller schlug mein Herz. Es war nicht so, dass ich nicht wahr nahm was sie sagten, viel mehr wollte ich nicht verstehen was das alles zu bedeuten hatte. Ich versuchte mir einzureden, dass sie nicht von mir sprachen, sondern von irgendeinem anderen Mädchen. "Ich will Stella am Boden sehen und du wirst mir helfen." Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, als ich meinen Namen hörte und stolperte einige Schritte zurück, weil ich nichts mehr von dem was sie sagten hören wollte. Hinter mir schepperte es laut, als ich gegen ein paar gestapelte Kartons stieß und ich war mir sicher, dass die zwei Jungs am anderen Ende der Tür dies sicher auch gehört hatten.

In Panik drehte ich mich so schnell es mit meinen hohen Schuhen ging um und rannte los. Der Weg bis zum Ende des Ganges zog sich fürchterlich in die Länge und auch, dass ich hinter mir jemanden meinen Namen rufen hörte, machte es nicht besser. Trotzdem blieb ich aber nicht stehen, sondern erhöhte mein Tempo nur noch etwas. Bei der Tür angekommen riss ich diese auf und trat in die breite Menschenmasse, wo ich aber sofort weiter rannte. Ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen, während ich durch die Menge rannte und teilweise unbeabsichtigt Menschen auf die Seite schubste, um so schnell wie es ging hier raus zu kommen.

Sowohl mein Herz, als auch meine Atmung gingen viel zu schnell und meine Gedanken überschlugen sich. Es war fast so, als würde mir die Luft zum Atmen genommen werden. Erst als ich nach einer scheinend endlosen Zeit auf den Parkplatz trat und die frische Luft gierig in mir aufsog, bekam ich wieder Luft.

Hier vor der Halle war kaum eine Menschenseele außer hin und wieder ein Päärchen, das sich gierig die Zunge in den Hals steckte. Während sich meine Atmung langsam beruhigte, überschlugen sich meine Gedanken förmlich. Ich wusste nicht, was ich denken oder fühlen sollte.Ich war maßlos verwirrt und überfordert mit dem was ich gerade gehört habe. Meine Gefühle spielten verrückt und trieben mir Tränen in die Augen, die ich versuchte weg zu blinzeln.

War das alles, was ich mit Ian erlebt hatte, nur ein Spiel, vielleicht sogar eine dumme Wette? Waren seine Gefühle nie echt? Warum tat er mir so etwas an und warum hatte er keine andere Wahl? Was hatte ich Nathan getan, dass er mich am Boden sehen wollte? Tausende von Fragen bildeten sich in meinen Gedanken und ich war mir nicht einmal sicher, ob ich die Antwort auf manche Fragen hören wollte. Das einzige was ich wusste war, dass ich heute nicht mehr auf Ian treffen wollte. Nicht, in meinem momentanigen Zustand.

"Ich-ich muss hier weg." murmelte ich zu mir selbst und wollte gerade los marschieren, bis mir einfiel, dass ich nicht konnte. Schließlich war ich mit Ian hier und die Limousine, die uns hier her gebracht hatte, war nirgends zu sehen, für ein Taxi hatte ich zu wenig Geld mit und die Busse fuhren um diese Uhrzeit sowieso kaum.

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