Kapitel 61

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"Du hättest mir doch sagen können, dass du nach Kidlington fährst. Dachtest du ich würde wütend werden, dass du zu deinem Geburtsort fährst?" fragte Andrea besorgt. Wir saßen am Küchentisch und ich hatte ihr gerade alles bezüglich gestern erklärt, während ich mein Frühstück aß. "Ja...nein. Ich dachte, du würdest mich unter der Woche nicht dorthin fahren lassen. Außerdem wollte ich nicht, dass du dir Sorgen machst."

"Mir nichts zu sagen, ist aber auch nicht wirklich besser. Du weißt, welche Sorgen ich mir gemacht habe." Vorwurfsvoll blickte sie mich an und weckte damit Schuldgefühle in mir. Genau das war es, was ich verhindern wollte und trotzdem hat sie sich Sorgen gemacht. "Tut mir wirklich leid. Das wird nicht mehr vorkommen."  "Schon gut Liebling. Wie geht es dir überhaupt mit der ganzen Sache?"

"I-ich weiß nicht. Keine Ahnung. Wie sollte man sich fühlen, wenn man herausgefunden hat, dass man einen Bruder hat und diesen auch noch seit Jahren kennt?"   "Ich weiß, das ist schwer für dich, aber versuch es als Chance zu sehen. Du hast nichts zu verlieren, ein Familienmitglied aber zu gewinnen." versuchte Andrea mich aufzubauen. "Das ist keine Chance, wenn er mich hasst und ein Arschloch ist."  "Stella, ich will nicht, dass du ein derartiges Wort in deinen Mund nimmst. Und du weißt doch gar nicht, ob er wirklich dein Bruder isst. Sprich ihn darauf an und warte ab, was passiert."

"Ich werde ihn ganz sicher nicht ansprechen. Er-" Kaum hatte ich den Satz angefangen, wurde ich von Taylor unterbrochen, die lautstark Schimpfend in die Küche gestampft kam. "Du kleine Schlampe, wie kannst du es wagen, dich an meinen Harry ranzumachen?"  "Taylor!" wurde Tay sofort von Andrea unterbrochen, was sie aber gekonnt ignorierte. "Erstens mache ich mich nicht an Harry ran, wir sind nur Freunde und zweitens ist er, soweit ich weiß, nicht mehr dein Harry."

"Und wie du dich an ihn ran machst. Gib's doch zu, du hast schon die ganze Zeit ein Auge auf ihn geworfen und ihm absichtlich die Wahrheit gesagt!"   "Spinnst du jetzt komplett? Außerdem wissen wir beide, dass der einzige Grund warum Harry sich von dir getrennt hat, der ist, dass du mit einem seiner besten Freunde geschlafen hast. Hör auf die Schuld bei jedem anderen zu suchen, denn du bist selbst schuld, wenn du dich durch die Weltgeschichte schläfst." fauchte ich sie an und erhielt einen tödlichen Blick ihrerseits.

"Stella, Taylor es reicht. Ich habe euch so nicht erzogen." fuhr uns Andrea dazwischen, die die ganze Szene mit Entsetzen mitverfolgt hat. "Wenigstens hast du mich erzogen im Gegensatz zu Stella."  "Ich habe euch beide besser erzogen. Ihr seid Schwestern, könnt ihr euch nicht endlich vertragen?"   "Sie ist nicht meine Schwester. Sie war es noch nie und wird es nie sein." rief Taylor und stürmte dann einfach aus der Küche. Sonst verletzte es mich immer, wenn Tay so etwas sagte, da ich mich dann immer wie ein Eindringlich und unerwünscht fühlte, doch aus irgendeinem Grund war es mir heute egal. Denn ich hatte momentan genauso wenig für sie übrig, wie sie für mich.

Ich sah es einfach nicht mehr ein zu jemandem wie ihr nett zu sein. Sie hatte es schlicht und einfach nicht verdient, nett behandelt zu werden. Das tat sie mit mir schließlich auch nie und langsam war ich es leid, immer alle Gemeinheiten von ihr einstecken zu müssen und nie auch etwas auszuteilen. Man sollte gleiches nicht mit gleichem vergelten, das wusste ich auch und so war ich auch nicht, aber zumindest meine ehrliche Meinung sagen durfte ich wohl noch.

"Stella-"  "Bitte halt mir jetzt keine Predigt, nur weil ich mich einmal zur Wehr setze. Sie hat es verdient, außerdem muss ich zum Bus." unterbrach ich Andrea nach einem schnellen Blick auf die Uhr, gab ihr noch einen Kuss auf die Wange und ging aus der Küche, um mir Schuhe und Jacke anzuziehen, bevor ich mit der Schultasche am Rücken das Haus verließ.

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"Stella, was ist denn los? Du bist total abwesend." schimpfte meine beste Freundin neben mir und holte mich somit aus meinen Gedanken. "Stimmt gar nicht. Ich höre dir zu."   "Gut, was war das letzte, was ich dir gesagt habe?" fragte Lea, während sie die Bücher, die sich nicht mit nach Hause nehmen wollte, wieder in den Spind tat. "Dass du heute mit Finn verabredet bist?" Es klang mehr wie eine Frage, als wie eine Aussage, da ich mir wirklich nicht sicher war. Das war aber das letzte, woran ich mich erinnerte.

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