Kapitel 65

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"Ich kann einfach nicht glauben, dass hier kaum Menschen sind. Es ist traumhaft." schaunte ich, als ich mich umblickte. Wir beide saßen auf einer Decke, die Harry aus dem Kofferraum gezaubert hatte, im Gras und genossen die warmen Sonnenstrahlen. Wir hatten während des Frühstücks eine halbe Ewigkeit darüber geredet, dass ich endlich die Wahrheit sagen wollte, und waren anschließend zu Harrys Lieblingsort an den See gefahren, der langsam aber sicher auch einer meiner Lieblingsorte wurde. "Ich bin froh. So habe ich wenigstens einen Ort der Ruhe, an dem ich keinen Bodyguard brauche."  "Ich hab dich noch nie mit einem Bodyguard getroffen. So oft kannst du ja dann keinen mithaben." stellte ich fest, während ich mich auf den Rücken legte.

"Hier in London ist das zum Glück etwas anders. Nach langem Diskutieren habe ich es zumindest geschafft, dass ich hier in London keinen oder nur selten einen Bodyguard brauche, natürlich auf eigene Gefahr hin. Aber sobald ich in einem anderen Land unterwegs bin oder aufgrund von Terminen oder der Tour unterwegs bin, werde ich ständig begleitet. Auf Dauer ist das einfach nur Nervenaufreibend. Außer in seinem Hotelzimmer hat man dann nie Zeit für sich alleine." erklärte mir Harry, wobei er leicht niedergeschlagen wirkte. "Das tut mir leid. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das ist. Ich kenne es zwar von Taylor, aber für sie scheint das keine allzu große Belastung zu sein."

"Es muss dir nicht Leid tun, ich habe mir dieses Leben schließlich selbst ausgesucht. Ich bereue keine Sekunde der letzten Jahre. Es war die beste Zeit meines Lebens und ich freue mich auf viele weitere Jahre mit meinen besten Freunden auf der Bühne. Das Gefühl auf der Bühne zu stehen, sein Hobby als Beruf ausüben zu können und dabei von tausenden Fans bejubelt zu werden, ist unglaublich. Es ist unbeschreiblich und macht mich wirklich glücklich, nur manchmal vermisse ich Momente wie diese. Momente, an denen ich einfach ich selbst sein kann und sagen kann was ich will ohne Angst haben zu müssen, dass es am nächsten Tag in der Zeitung steht." Harry legte eine Pause ein, starrte auf den See, während ich ihn beobachtete und wartete bis er weiter redete.

"Taylor ist da zum Beispiel anders. Ihr geht es darum im Mittelpunkt zu stehen, egal wie. Ihr ist jedes Mittel recht, solange sich alles um sie dreht und sie in jeder Zeitschrift abgebildet ist. Für sie wäre es die Hölle, wenn sie keine Aufmerksamkeit bekäme, wie du sicher schon festgestellt hast. So ist sie einfach und deswegen macht es ihr auch nichts aus, wenn sie nie ihre Ruhe hat und tagtäglich von Bodyguards begleitet wird, sobald sie das Haus verlässt."   "Ich glaube, sie ist der einzige Mensch, der die Aufmerksamkeit und das Rampenlicht zum Überleben braucht." kicherte ich, wollte die Stimmung etwas auflockern, aber Harry blieb ernst.

"Was ist los? Du bist plötzlich so ernst." fragte ich besorgt nach und setzte mich wieder in eine aufrechte Position, um mit Harry auf Augenhöhe zu sein. "Ich mache mir etwas Sorgen um dich."  "Um mich? Warum?" Verwirrt legte ich den Kopf leicht schief, eine Angewohnheit von mir. Endlich wendete der Lockenkopf den Blick vom Wasser ab und drehte sich leicht zu mir.

"Ich finde es gut, dass du dich nicht länger in deinem Schneckenhaus verkriechen willst, aber trotzdem bereitet mir das Ganze Sorgen. Du wolltest schließlich nicht grundlos unbekannt bleiben. Ich weiß einfach nicht, ob du mit all dem, was die Berühmtheit so mit sich bringt, klar kommst. Für mich ist es schon schwer andauernd im Rampenlicht zu stehen, denkst du nicht, dass es dann für dich zu viel wird?" teilte mir Harry endlich seine Bedenken mit. Einerseits war ich froh, dass er seine Gedanken mit mir teilte, andererseits wünschte ich mir, dass er sie für sich behalten hätte. Ich war davon überzeugt endlich die Wahrheit zu sagen, über die Folgen hatte ich aber bewusst nicht weiter nachgedacht, da ich wusste sie würden mich nur wieder verunsichern.

"So schlimm wird es schon nicht werden. Es gibt genug Stars, die es schaffen ihre Privatsphäre zu haben, obwohl sie berühmt sind. Außerdem wer sagt denn, dass ich ebenso von Paparazzis belagert werde, wie Taylor?"  "Ich sag es dir. Sobald du das durchgezogen hast und alle Welt weiß, dass du in Wahrheit singst, wirst du keine ruhige Minute mehr haben. Sie werden dich genauso wie Taylor belagern, wenn nicht sogar schlimmer. Stella, ich mache mir einfach nur Sorgen, dass dir das alles zu viel wird. Hast du es durchgezogen gibt es kein Zurück mehr, außer du fliehst irgendwo in die Antarktis oder in die Sahara." Besorgt blickte mich Harry an.

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