Kapitel 66

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Mein Blick wanderte durch die volle Cafeteria. Viele standen an um sich etwas zu Essen oder zu trinken zu besorgen, andere hatten sich etwas von daheim mitgenommen und saßen an den Tischen. Die Gruppen waren wie auf jeder anderen Schule auch hier deutlich zu erkennen. Ein Tisch mit dem Boxteam der Schule, ein anderer mit den Leuten vom Debattierklub, nicht zu vergessen, die eingebildeten Tussen, die sich einen Tisch gleich neben den Boxern geschnappt hatten und nicht zu vergessen ein Tisch mit Nathans Freunden, der so ziemlich zentral gelegen war.

Es sah aus wie immer, aber irgendwie war es anders. Vielleicht lag es an den Polizisten, die heute schon den ganzen Tag durch die Gänge streiften. Es sei nämlich das Gerücht aufgekommen, dass Nathan mit ein paar Gehilfen hier auf der Schule Drogen vertickt hat und sie nicht nur selbst genommen hat, weswegen die Polizisten auf Patrouille waren, um weitere mögliche Dealer zu verhaften. Es hieß, sie würden noch bis zum Ende der Woche bleiben und ihre Ermittlungen fortführen.

Ich steuerte auf unseren Tisch zu an dem ich immer mit Lea und inzwischen auch Finn saß, musste dann aber verwundert feststellen, dass niemand an dem Tisch saß. Da meine Klasse weiter weg von der Cafeteria war und Lea somit den kürzeren Weg hatte, müsste sie eigentlich schon längst hier sein, ebenso wie Finn. Wo steckten die zwei? Ich hasste es, alleine an dem Tisch zu sitzen, da ich mich da noch mehr beobachtet fühlte. Es fühlte sich so an, als würde mich jeder anstarren und über mich reden. Auch heute als ich mich hinsetzte, kam es mir so vor, als würde ich von allen angestarrt werden.

Als ich mich umsah, war ich froh, dass es mir nur so vorkam. Hier und da waren einige neugierige Blicke, aber der Rest beachtete mich nicht. Es hatte sich zwar herum gesprochen, dass Nathan wegen mir und Ian verhaftet wurde, aber zum Glück war der Drogenskandal um ihn herum, wesentlich interessanter, als der Grund warum das Ganze überhaupt aufgedeckt worden ist. Einzig und allein seine Freunde saßen mehrere Tische von mir entfernt und starrten mich finster an.

Das Vibrieren meines Handys, löste meinen Blick von den Menschen und ich zog mein Handy aus der Hosentasche. 'Tut mir total Leid, aber Finn hat für mich eine kleine Überraschung vorbereitet und ich komme deswegen nicht in die Cafeteria. Wir sehen uns im Unterricht. xx' Seufzend las ich mir Leas Nachricht noch einmal durch, bevor ich das Handy wieder verstaute. Die letzten Tage hat sie mich wirklich hängen gelassen. Sie wusste nicht einmal, dass Nathan mein Bruder war, geschweige denn, dass ich endlich allen die Wahrheit sagen wollte und das obwohl ich ihr sonst immer alles als erste erzählte. Außer in der Schule sah ich sie nicht mehr und in der Schule wollte ich mit ihr verständlicherweise nicht darüber reden. Die Wände hatten regelrecht Augen und Ohren.

Sie machte jede freie Minute etwas mit Finn und auch wenn ich ihn wirklich mochte, war ich nicht bereit ihm ebenfalls davon zu erzählen. Alleine erwischte ich Lea aber nie. Und wenn Finn einmal nicht bei ihr war, musste sie lernen oder Zeit mit der Familie verbringen. Für mich blieb in letzter Zeit wirklich wenig Zeit übrig. Natürlich gönnte ich den zwei ihr Glück und freute ich mich auch für sie, nur hin und wieder brauchte ich einfach meine beste Freundin. Gerade weil momentan einfach alles drunter und drüber ging.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als der Stuhl neben mir zurück geschoben wurde und sich jemand neben mich setzte. Die Hoffnung, es wäre meine beste Freundin, wurde schnell zerstört, als ich meinen Kopf drehte und Ian neben mir sitzen sah. Die Lippe war noch leicht verkrustet von Blut und ein deutliches Veilchen zierte sein rechtes Auge. Sonst sah er aber erfrischend normal aus und bei weitem nicht so schlimm verletzt, wie ich ihn in Erinnerung hatte.

"Wie geht's dir?" brach er die Stille und schenkte mir ein kleines Lächeln, soweit dies mit den aufgerissenen Lippen ging. "Ganz gut und dir?" "Auch. Könnte natürlich besser sein, aber halb so wild. Wo ist überhaupt Lea? Ist sie krank?" "Nein. Sie hat nur mit Finn ausgemacht." erklärte ich, sah mich nebenbei abwesend im Raum um. Mein Blick fiel erneut auf Nathans Freunde, die mich abfällig musterten und anscheinend über mich redeten. "Und dich hier alleine lassen, auch nicht wirklich nett." "Es gibt schlimmeres." murmelte ich. Langsam kam mir dieser Smalltalk komisch vor.

"Brauchst du irgendetwas von mir?" "Wie kommst du darauf?" fragte er mit zusammen gezogenen Augenbrauen. "Naja, wir zwei haben momentan nicht gerade das beste Verhältnis und nur, weil du dich von ihm verprügeln hast lassen, ist nicht automatisch alles wieder gut. Ich bin dir zwar wirklich dankbar, dass du mich in gewisser Weise beschützt hast, aber vergessen kann ich trotzdem nicht einfach so." sagte ich ehrlich und sofort viel bei ihm das Lächeln.

"Ich hätte wirklich gehofft, dass du nicht mehr sauer bist. Du bist mir wirklich wichtig, also als beste Freundin und nicht feste Freundin." "Ich weiß nicht, ob ich das kann." Traurig und enttäuscht senkte er den Blick. "Es ist nur so, dass ich momentan so gut wie von jedem gemieden werde. Keiner unterhält sich wirklich mit mir, seitdem Nathan verhaftet wurde und ich befürchte, dass wenn ich mit Nathans und auch meinen Freunden reden würde, sie mich krankenhausreif prügeln würden. Ich fühle mich gerade einfach alleine. Ich schätze mal, ich habe es verdient, nachdem was ich dir angetan habe. Karma oder so, aber es ist trotzdem ein scheiß Gefühl." offenbarte mir Ian vollkommen ehrlich, wobei ich Mitleid mit ihm bekam.

Ich wusste, wie er sich fühlte und ich wusste auch, dass es eines der schlimmsten Gefühle war, von Menschen umgeben zu sein und sich trotzdem so unglaublich allein zu fühlen. Ignoriert und gemieden zu werden war nahezu gleich schlimm, wie gemobbt zu werden. So etwas wünschte ich keinem, da ich es am eigenen Leib oft genug erlebt hatte.

Er tat mir wirklich leid. Schließlich wäre er ohne mir nicht in dieser Situation. "Ich weiß nicht, ob ich dir jemals wieder so vertrauen kann wie früher, aber wir können ja mal klein anfangen. Wenn du willst kannst du dich immer in der Cafeteria zu uns setzen und auch im Unterricht, falls ein Platz neben mir frei ist, damit du nicht ganz alleine bist." Auf Ians Gesicht erschien ein breites Lächeln. "Danke, dass du mir noch eine Chance gibst." sagte er überglücklich.

Natürlich war jetzt nicht alles vergessen und ich würde das auch nie vergessen, aber ihm zu vergeben konnte ich zumindest versuchen. Ohne ihn wüsste ich nicht, dass Nathan mein Bruder war und ohne ihn, wäre ich jetzt wahrscheinlich nicht stärker und selbstbewusster. Er war eine der Gründe warum ich mir nicht mehr alles gefallen ließ, und dafür konnte ich ihm in gewisser Weise dankbar sein.

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I know, I know...das Kapitel ist extrem kurz ABER mir fehlt momentan einfach extrem die Zeit zum schreiben! Mein letztes Schuljahr nimmt einfach sehr viel Zeit und Arbeit in anspruch. Da ich euch aber ein Kapitel liefern wollte, ist es einfach etwas kürzer geworden.

Leider kann es sein, dass das öfters vorkommen wird. Deswegen eine wichtige Frage:

Ist es euch von dem lieber jede Woche ein kürzeres Kapitel (so wie dieses hier) zu lesen?

Oder alle zwei Wochen ein längeres Kapitel(so lang wie sonst, vielleicht auch etwas länger) zu lesen?

Sonst wünsche ich euch noch einen schönen Tag und einen guten Start in eine neue Woche ;-) ♥

Lots of Love :-*

xx Nina


ScarfaceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt