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Pov Luc

Wie ein Häufchen Elend musste ich wohl aussehen, immerhin saß ich seit zwei Stunden an unserem Esstisch, in Hemd und Jeans und starrte auf die Tischplatte vor mir. Dabei raste in mir alles. Meine Gedanken überschlugen sich beinahe, während Zuversicht gegen Ablehnung kämpfte. Aufstehen oder sitzen bleiben. Raus gehen oder unter der Bettdecke verstecken. Etwas Unternehmen oder warten das der Tag endlich vorbei war.

In der Zeit ging Dan dreimal an mir vorbei, ohne etwas zu sagen. Beim vierten Mal setzte er sich mir gegenüber und so langsam, als hätte ich es verlernt, hob ich meinen Kopf und sah meinen Ziehvater an. Er war definitiv besser als die vorigen. Weder Mitleid noch Verachtung, lediglich Fürsorge und Verständnis... Und jetzt machte er sich vermutlich wieder Sorgen und Gedanken, weshalb ich hier dumm rum saß und nichts machte.

Aber er sagte nichts. Er schwieg genauso wie ich. Nahm sich einen Apfel aus der Obstschale und Schnitt diesen in Stückchen, wobei er jeweils mir oder sich einen hinlegte. Eigentlich hatte ich keinen Hunger, aber wo ich sie vor mir lagen.. Nahm ich sie doch. Und ja sie waren echt gut.

Dan sagte nichts bis ich kapierte warum, er wollte das ich es von mir aus erzählte. Das hatte was mit Vertrauen zutun. Das hatte Tom mir schon am Anfang erklärt, oder es versucht. Wenn er mich fragt ist es Ausfragerei und damit eine Art von Kontrollaufbau. Anders wenn ich es von mir aus erzähle, dann vertraue ich mich ihm an und es zeigt wie wichtig er in meinem Leben ist. Oder so in der Art. Also tat ich ihm diesen Gefallen.

"Pete hat mich eingeladen."
"Und deshalb sitzt du hier rum? Ist das nicht toll? Oder hat er was doofes vor... Du kannst ihm auch einen anderen Vorschlag machen, wenn es dir nicht gefällt, ich denke er wäre ok damit."
"Ne... Das ist es nicht... Seine Eltern feiern heute so ein traditionelles Fest.. Aus ihrer Heimat... Und er hat mich eingeladen... Zu seiner Familie... Und gefühlt tausend Gästen..."
"Wow... Das klingt nach einer ziemlichen Ehre... Das heißt wohl du gehörst absofort so richtig zu ihm."
"Ja... Aber... Was wenn ich... Ich bin... Dann veranstalte ich Chaos... Alles geht den Bach runter und am Ende verbieten seine Eltern ihm den Umgang mit mir... Oder er will mich nicht mehr sehen, weil ich ihn vor allen blamiert hab.."

Ein nachdenkliches Geräusch kam von meinem Gegenüber. Aber eine Antwort folgte nicht. Stattdessen stand er einfach auf und ging... Super... So hatte ich mir dieses Vertrauensgerede vorgestellt... Am Ende wieder alleine mit dem Problem namens man selbst, da sitzen. Tom hatte gesagt, meine Pflegeeltern sind dazu da mir bei meinen Problemen zu helfen... Dann habe ich welche und versuche Hilfe anzufordern und auch wieder nicht richtig..

Eine viertelstunde starrte ich mich also wieder auf dem Tisch fest. Dabei kam mir die Zeit viel schneller und langsamer zu gleich vor. Als würde sie rasen und trotzdem zäh wie Kaugummi sein. Dan kam zurück. Ebenfalls in Jeans und Hemd.

"Also. Ich habe mit Pete gesprochen und er hat nichts dagegen, wenn ich mitkomme. Dann kann ich etwas auf dich achten und du den Tag genießen. Außer ich bin dir als Ersatzdad zu peinlich."

Ich wusste nicht was ich sagen sollte, stattdessen starrte ich ihn einfach nur an. Hatte er das wirklich gesagt? Wollte er wirklich seinen ganzen Tag dafür opfern, auf mich aufzupassen, damit ich einen schönen Tag hab? Passierte das gerade wirklich? Fünf Minuten starrte ich sicher noch, dann war ich aber auch schon aufgesprungen und fand mich wenig später in seinen Armen wieder. Das war dieses Gefühl... Dieses Gefühl da ist jemand, dem man wichtig ist... So wie man ist... Nicht weil er dafür Geld bekommt oder sonstiges.

"Du bist der beste Ersatzdad, den ich je haben durfte."
"Ich bin immer für dich da Großer... Damit meine ich immer. Egal was einer von uns beiden angestellt hat... Oder ob du irgendwann volljährig bist und dein eigenes Ding machst. Ich bin bei dir, wenn du das willst."

Ich sags euch. In dem Moment liefen Tränen über meine Wangen. Das war es was ich seit über 10 Jahren hören wollte und es kam so unvermutet wie so ziemlich alles, seit dem ich hier lebte. Tom hatte damals recht gehabt.. Als er mich aus der ersten Pflegefamilie holte... Man musste zehn durch spielen, um eine zu finden die mega war. Wie bei meinen Platten... Zehn Lieder können Mittelmaß sein, aber solange eines dabei ist, welches mega ist, ist das ganze Album der Hit. Oder so ähnlich.

"Na komm. Gehen wir auf eine schottische Party."
"Gehört Schottland zu Canada?"
"Nein.. Ich glaube zu Europa... Das sind die mit den Karomustern auf den Röcken.. Die Dudelsäcke und. Ähm... Dieses Monster im See... Loch Ness oder so..."
"Also England?"

Dan zuckte seine Schultern und gemeinsam machten wir uns auf den Weg. Vielleicht hätte ich vorher mal in einem Lexikon nachsehen sollen. Nicht weil ich dumm war, sondern weil Geografie außerhalb der USA uns eigentlich nicht bis kaum interessiert... Ich weiß das es Kontinente gibt, die nicht Amerika sind... Aber das reichte dann auch. Immerhin mussten wir 50 Staaten nennen, einordnen und die Hauptstadt benennen können. Reicht doch.

Die Einfahrt ähnelte einer eigenen kleinen Straße und als wir bei dem Haus... Eher Schloss... Ankamen.. Blieben wir beide im Wagen sitzen und starrten auf das was uns geboten wurde. Die Gäste, welche in teuren Karosserien vorfuhren, ausstiegen und von einem Butler hinein begleitet wurden. Während ein weiterer Angestellter den Wagen weg fuhr. Das meinte Dan also mit Karomuster. Die Männer trugen Röcke. Kurz und lang. Teilweise Vintage like und teilweise modern interpretiert. Irgendwo hörte man eine Band spielen. Nein kein Nirvana. Das gab mir eher Viking feeling. Statt der amerikanischen Flagge, wehte die Schottische im Wind. Wir waren tatsächlich richtig.

Bestätigt wurde diese Annahme nur noch von Pete, der zu uns kam, meine Tür öffnete und sich grinsend auf diese stützte. Wtf. Mein Freund sah genauso aus wie die. Mit einem dunkelgrünen Rock und weißem Hemd stand er da vor mir und musste sich wohl zusammen reißen bei meinem Blick nicht zu lachen. Ja.. Genauso ging es mir auch.

"Man nennt es Kilt und nicht Rock und wenn du wissen willst, ob ich was drunter trage, dann solltest du später selbst nachsehen. Hey Dan."

KopfvollTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang