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Pov Pete

Warum ich den beiden nicht den Kopf abriss? Gute Frage. Klare Antwort.

1. Ich hatte letzte Nacht zu viel Whiskey und immernoch einen Kater.
2. Ich kannte Luc wenn er in seinem Hype war. Vorallem auf Partys, dann schmiss er sich dem erst besten Typen an den Hals, um sich mit belanglosen Sex den vielen Reizen zu entziehen. Sex = Kopf aus. Oder so ähnlich.
3. Ich kannte Andy. Wenn mein Bruder in seinem Tunnel war, an dessen Ende ein Ziel stand, sah er nichts mehr drum herum. Er wusste schließlich nicht, dass es sich um meinen festen Freund handelte. Stattdessen sah er einen echt sweeten und cuten Typen... Der genauso wenig Bock auf Party hatte wie er selbst... War überdreht, weil er auf Tablettenentzug ist und... So wie Luc in seinem Hype drauf war.. Konnte ich schon verstehen, dass Andy Luc nicht abweisen konnte.

Also. Entweder ich war sauer und versaue mir meine nächsten Tage, oder ich versuchte Ordnung in das Chaos zu bringen und sorgte dafür, dass es ab morgen wieder besser lief. So bestellte ich Tom her und sorgte dafür das sich mein Bruder anzog. Anfangs war es seltsam, weil er ja 7 Jahre älter war als ich... Und er somit eigentlich auf mich aufpassen sollte.

Aber unsere Eltern hat es nie interessiert, wie es uns wirklich ging, Hauptsache wir funktionieren und als Andy auf einmal nicht mehr funktionierte... Ich hatte es gehasst. Nein. Ich hatte ihn gehasst. Dafür das er so tat als wäre er anders. Bis ich irgendwann verstanden hatte, dass er nichts dafür konnte. Das war sein Kopf, nicht sein Herz.

Eine viertel Stunde später wurde Tom von unserer Haushälterin zu uns gebracht. Zur Begrüßung nickte er kurz, kniete sich dann aber direkt zu seinem Patienten auf den Boden. Also so wie die beiden miteinander umgingen.. War er definitiv kein normaler Patient. Aber sie kannten sich ja schon seit Lucs Geburt.. Vielleicht deshalb... Tom war ja schon der Therapeut von Lucs Mum... Mein Kater meldete sich zurück. Diese Kopfschmerzen vom denken... Hatten die beiden sicher dauerhaft.

"Na komm Luc. Dein Bett vermisst dich schon."

Damit zog er den blonden Jungen in seine Arme als würde es sich um einen Fünfjährigen handeln. Genauso klammerte dieser sich auch an seinen Helfer. Irgendwie sweet.. Hätte es keinen so traurigen Hintergrund.

Alle vier saßen wir schlussendlich in Toms Wagen. Dieser fuhr uns zu Luc nachhause und brachte meinen Freund in dessen Bett. Anschließend kam er wieder zu uns. So gerne ich auch zu Luc gegangen wäre, aber in solchen Momenten brauchte er einfach seine Ruhe und das alleine, sonst ging es ihm schlechter als ohnehin schon. Wir fuhren weiter in Toms Praxis.

Er war der einzige Psychodoc den ich kannte, also hatte ich ihn wegen Andys Tabletten angefragt. Vielleicht wäre es besser ihn einfach zurück nach London zu schicken, aber so alleine in einen Flieger setzen... Zwar war er keine Gefahr oder so... Aber alle drum herum machten immer Drama, dabei konnte man ihn einfach in der Ecke sitzen lassen. Genau das war es nämlich was er wollte und nicht tausend Menschen die auf ihn ein redeten wie sie ihm helfen können, oder ob er etwas bräuchte.

Die Praxis war wirklich modern eingerichtet, nicht so wie man es sich aus Serien und Filmen vorstellte. Ok. Die Patientenliege an der Seite gab es auch. Luc lag da aber nie, dass hatte ich mitbekommen. Im Liegen würde ich auch nichts erzählen wollen. Wenn wir die Gespräche in der Gruppe hatten, saß ich immer auf einem Kissen auf dem Boden und Tom sagte, Luc machte das auch. Wieso auch immer, aber jeder musste seinen wohlfühlplatz für solche Gespräche finden. Auf einem Stuhl vor einem Schreibtisch wurde ich zb total nervös. Weil es mich an die Gespräche im Rektorat erinnerte, aber Andy setzte sich gezielt dorthin, als hätte es keine angenehmeren Optionen gegeben.

"Also. Du sagtest dein Bruder braucht seine Medikamente, die ihm aber bei der Einreise abgenommen wurden. Liege ich richtig?"

Zwar sprach er mit mir, aber meine Bruder sah er an. Andy hatte nicht mehr gesprochen, seit Tom anwesend war. Stattdessen hatte er seinen Kopf gesenkt und sah auf seine Finger. Aber ich kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er nicht seine Finger sah. Vermutlich ging er schon im Kopf durch wie er das Bücherregal an der Wand richtig ordnen konnte und ob es unhöflich war, oder er es einfach machen durfte.

"Ich stelle keine Medikamente aus ohne zu wissen weshalb und wofür."

Fünf. Für einen Moment hatte Andy seine Hand geöffnet und zeigte ganz klar fünf Finger, ehe er sie wieder verkrampft zusammen hielt. Super. Sehe ich aus wie ein Übersetzer oder Gedankenleser oder Helferlein der wusste was er sagen sollte? Ich war noch nie beim Psychodoc. Außer bei den Gruppensitzungen für Angehörige. Aber nie so, dass ich irgendetwas wissen musste. Zum Glück war ich nicht ganz doof.

Auch wenn Andy mich kurz verstört ansah, weswegen ich ihn anfasste, ließ ich mich nicht abbringen und zog sein Portemonnaie aus seiner Jackeninnentasche. Wie früher. Medikamentenplan, Krankenkassenkarte, Impfausweis, Allergiepass, SOS Pass, etc. Alles griffbereit zum vorlegen.

"Ich kann dir Antidepressiva geben."

Augenblicklich schnellte der Kopf meines Bruders nach oben und starrte Tom beinahe verstört an. Ich hatte keine Ahnung was daran so schlimm sein sollte, aber ich war auch nicht betroffen.

"Ich nehme keine Antidepressiva. Stimmungsstabilisatoren und Beruhigungsmittel. Ich arbeite mit meinem Kopf. Ich brauche meinen Flow. Sonst kann ich nicht arbeiten. Ich brauche Fynn."
"Fynn?"
"Sein Freund. Ich weiß er ist ein bisschen seltsam gerade aber.."
"Dein Bruder ist nicht seltsam Pete. Dafür das er so einen Berg mit sich schleppt ist er wirklich recht normal. Einen Autisten mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung im Zusammenhang mit Adhs ist zwar nicht so ungewöhnlich, aber doch ein ziemliches Paket. Dafür benimmt er sich wirklich recht normal. Andrew ist nicht seltsam. Er hat ein paar zusätzliche Merkmale die früher extrem wichtig waren und heutzutage beinahe verpönt sind. Was natürlich totaler Schwachsinn ist. Etwas schade ist nur, dass ich ihn nicht als Patienten haben darf... Mm... Er ordnet die Bücher nach Erscheinungsjahr... Das habe ich auch noch nie gesehen."

Tom hielt mir seinen Vortrag, bei dem ich nicht mal mitbekam wie Andy aufstand. Doch nun folgte ich dem Blick des Älteren und sah zu meinem Bruder. Dieser stand vor dem Bücherregal und ordnete Bücher, in für mich, komplett irrationaler Reihenfolge. Ich hätte sie nach der Farbe oder der Größe, vielleicht nach dem Genre sortiert.. Aber das... Erscheinungsjahr... Mein Bruder verbrachte definitiv zu viel Zeit mit altem Alkohol den er nach Jahrgängen handelte.

Alkohol.. Allein bei dem Namen wurde mir wieder schlecht. Dabei lief die Party immernoch. Zum Abend gab es das Festessen, mal sehen ob Luc dann wieder dabei war. Eines war klar, als ich ihm beim Sortieren zusah. Andy war nicht für das laute, bunte Amerika gemacht. In seiner Londoner Altstadt, in der er eigentlich wohnte, war er viel besser aufgehoben. Dort war jeden Tag alles wie immer. Aber hier... Vielleicht sollte Luc auch mal raus aus Amerika... Damit es ruhiger um ihn rum wird. Ich könnte mit ihm in den Urlaub fahren... Aber dann müsste Dan oder Tom wieder mitkommen, weil alleine.. War ich aufgeschmissen.. Hatte man ja wieder mal gesehen. Oder Joe. Die beiden mussten sich unbedingt aussprechen. Ein Wunder das er noch jicjtt aufgetaucht war, um mir eine Predigt zu halten. Dabei war er sogar eingeladen gewesen. Immerhin war er mal ein Freund von Andy oder soetwas in der Art.

Mich machte der ganze Mist echt fertig. Dabei war es nicht mal 11. Irgendwann sprachen die beiden doch tatsächlich miteinander und ich.. Nickte weg. Ich konnte spüren wie ich von dem Stuhl auf die Liege gelegt und zugedeckt wurde, aber mehr bekam ich dann auch nicht mehr mit. Ich hatte die ganze Nacht gefeiert. Luc völlig vergessen... Ok irgendwie war ich froh dass er nicht bei mir und meinen Freunden war... Die hätten ihn garantiert zum trinken gebracht und dann hätten wir vor allen wieder rum gemacht... Nicht so optimal... Mal ganz abgesehen davon, dass er keinen Alkohol darf... So war er bei meinem Bruder in gewisser Weise tatsächlich besser aufgehoben... Hatte ich das gerade wirklich gedacht? Vielleicht sollte ich meinen Kopf mal untersuchen lassen.

KopfvollTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang