R-R

10 2 1
                                    

Pov Luc

Seit etwas mehr als einer Woche war ich nun wieder zuhause und wohnte bei Joe. Alles war etwas komplizierter als zuvor in London. Was höchst wahrscheinlich an meinem Entzug lag, aber auch an der Tatsache, dass ich keinen geregelten Tagesablauf mehr hatte und machen konnte was ich wollte. So ganz ohne Job. Aber auch daran, dass ich mich wieder mit Pete traf.. Wir daten... Von seiner Tochter oder seiner Frau erzählte er aber nie etwas und wenn man es erwähnte, schwieg er es tot. Sie lag immernoch im Krankenhaus und Andy kümmerte sich um die kleine.

Moralisch war es so verwerflich, dass wir uns überhaupt trafen.. Aber... Er liebte sie ja nicht... Hatte er zumindest gesagt, auch wenn ich darauf nicht mehr vertraute.

Als ich meine Augen an diesem Morgen öffnete, saß mir ein altbekannter rothaariger Junge gegenüber. Er sah meine CDs durch, tat ab und an interessiert und dann wieder abgeneigt, bis er scheinbar bemerkte, dass ich wach war. Sofort grinste er wieder und ließ sich zu mir aufs Bett fallen.

"Na wie geht's wie stets? Hast ja ewig geschlafen. Aber besser das, als das du wieder diesen scheiß einschmeißt. Also echt."
"Morgen Pepe."

Damit musste ich mich wohl arrangieren. Denn vorspielen, dass ich einen an der Klatsche hatte, konnte ich beim besten Willen nicht. Das machte das ganze noch anstrengender. Keiner durfte bemerken, dass Pepe wieder da war, oder das ich generell wieder Stimmen hörte, weil sie mich sonst wieder in die Klinik steckten, oder zwangen die Tabletten zu nehmen, aber für die Testung musste es echt wirken.

Das klang alles irgendwie nach Selbstzerstörung. Aber eines hatte ich seit ein paar Tagen gemerkt. Mein Kopf war nicht mehr ruhig und gedämpft wie unter Wasser, ich hatte wieder Spaß, war nicht zu müde für alles mögliche und strotzte einfach so vor Energie. Alles nur weil die Beruhigungsmittel nichts mehr runter drückten. Jetzt verstand ich auch was Andy gemeint hatte, dass er sich ohne Tabletten mehr wie er selbst fühlte.

Ich war wieder ich. Luc der seine Musik und die Kopfhörer brauchte. Luc der einfach ausflippte, weil Pepe Unsinn machte. Luc der alles um sich rum mitbekam nur nicht das was sich direkt vor ihm abspielte. Einfach wieder Luc. Der Luc den ich seit meinem halben Leben kenne. Nicht der Luc, der in die Gesellschaft passte. Sondern der, der anders war. Besonders war. Der so war wie seine Mum. War Jeremiah eigentlich auch Schizophren?

"Du könntest zu ihm gehen und mit ihm quatschen."
"Misch dich nicht in meine Gedanken ein.."
"Ich bin deine Gedanken, du Idiot."

Da hatte er leider recht. Er gehörte zu meinen Wahnvorstellungen wie die Autos auf die Straße.

"Mit wem redest du?"
"Niemandem."

Pepe sah mich beleidigt an, doch ich brachte ihn mit meinem Blick zum Schweigen. Er wusste genauso gut wie ich, dass sobald sie checkten, dass er wieder da war, die alles daran setzten ihn zum Schweigen zu bringen. Also sagten wir beide nichts, während Joe sich mit zwei Tassen Kaffee zu mir aufs Bett setzte.

Eine der beiden reichte er mir und so kippte ich die schwarze Flüssigkeit einfach nur noch runter. Ich mochte Kaffee immer noch nicht, aber alle um mich rum tranken ihn und ich wollte keine Umstände bereiten, weil ich mal wieder etwas extra wollte. Also nahm ich ihn einfach. Pepe schnaubte, weil er keinen bekam, doch dann beschäftigte er sich schon wieder mit meinen CDs und legte eine in die Anlage. Hörte nur ich die Musik die sofort aus der Soundbar drang? Joe verzog auf jeden Fall keine Miene..

"Hast du nicht dein Bewerbungsgespräch?"

Ja, stimmt... In dem Plattenladen, nur mit Pepe an meiner Seite hatte ich nicht mehr darüber nachgedacht unter Menschen zu gehen, geschweige denn den halben Tag mit ihnen in einem Raum zu arbeiten. Das wäre für mich genauso gefährlich wie für sie.. Mit Pepe war ich einfach eine zickende Zeitbombe.. Oder eben er und ich führte es aus.

KopfvollWhere stories live. Discover now