DAY 10

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"Jayden, Nein!" rufe ich lachend und versuche mich aus seinem Griff zu befreien. "Das hast du davon, niemand darf das!" Grinst er mich an und verfestigt seinen Griff um meine Taille. Wir kriegen uns kaum ein vor lachen bis wir plötzlich hoch blicken und ein Mädchen vielleicht dreizehn, vierzehn erblicken.
"Elli, hey." ertönt es nach unserer kleinen Schockstarre von Jayden. Langsam lösen wir uns voneinander. "Wow. Okay, Wendy was machen die beiden meist gesuchten Ausreißer in unserer Wohnung?" fragt sie Wendy irritiert und legt ihre Tasche ab. Sie mustert mich von oben bis unten und ich muss sagen, dass ihr arroganter Gesichtsausdruck sehr dem von Holly ähnelt. "Sie verstecken sich bei uns für die nächsten Tage also halt' dicht." Kommt es von Wendy zurück. "Na super." Lacht sie humorlos auf. Man könnte meinen sie wäre älter wenn sie nicht so unglaublich kindliche Gesichtszüge hätte. Elli verschränkt ihre Arme ineinander und sieht nun zu Jayden. "Das ist Beth." Stellt er mich vor und schiebt mich minimal nach vorne. "Hallo" lächele ich sie an und reiche ihr meine Hand. "Habt ihr in meinem Zimmer geschlafen?" fragt sie wenig überzeugt von meiner Begrüßung. Ich lasse meinen Arm wieder sinken. Jayden verdreht seine Augen. "Beth, das ist meine Ex-Stiefschwester Elli." Ich versuche es nochmal mit einem Lächeln doch auch diesmal ignoriert sie mich einfach. "Ja haben sie, und wenn es kein Problem für dich wäre würden sie noch ein paar Tage dort schlafen. Was machst du schon hier?"  Ich schaue Wendy zu wie sie unser Abendessen auf die Theke stellt. Elli schnaubt. "Dad nervt, deshalb bin ich abgehauen und zu schade, dass ich damit ein Problem habe. Ist ja widerlich." Sie hebt ihre Tasche auf und geht an uns vorbei in ihr Zimmer. "Hab ich was falsch gemacht?" Frage ich unsicher und schaue zwischen Wendy und Jayden hin und her. "Quatsch. Elli ist nur gerade in einer Phase in der sie alles und jeden hasst." Erklärt sie mir. Unser Gespräch wird kurz unterbrochen als die Zimmertür geöffnet und die Reisetasche plus vereinzelte Klamotten in den Flur geworfen werden. "Setz dich." Weist Jayden mich genervt hin. Zögernd tu ich was er sagt.

"Hört zu. Ich freu mich echt dich wiedergesehen zu haben, Jay. Und Beth, ich hab dich vom ersten Moment an ins Herz geschlossen, wirklich!" Sie macht eine kurze Pause in der sie mich anlächelt. Ich erwidere es schnell. "Aber ihr könnt hier nicht mehr lange bleiben. Es ist zu eng. Ihr müsst euch, - so leid es mir tut, eine neue Bleibe suchen. Ich werde erstmal auf dem Sofa schlafen, dann könnt ihr mein Bett haben. Aber es geht nicht mehr. Elli sollte erst nächste Woche wieder kommen." Wieder hört man wie sich die Zimmertür von Elli öffnet. Dieses Mal kommt sie raus, umgezogen und total überschminkt. "Ich geh' zu Mandy." Erklärt sie knapp und schon fällt das Schloss der Haustür hinter ihr zu. "Um 10 bist du wieder hier!" Ruft Wendy ihr seufzend nach. "Mandy?" fragt Jayden nach. "Ausrede. Sie trifft sich mit ihrem neuen Freund, Justin. Er ist eigentlich ganz nett." Grinst Wendy. Jayden nickt skeptisch. "Da kommt der Beschützerinstinkt zum Vorschein, siehst du wie ihm das nicht gefällt." Lacht sie ihn aus. Ich muss ebenfalls schmunzeln, finde es allerdings ganz süß. „Wie alt ist dieser Justin?" Fragt Jayden. „Er ist sechzehn, also keinen Grund zur Sorge." Jayden schüttelt den Kopf. „Genau jetzt solltest du dir sorgen machen. Jungs in dem Alter sind für'n Arsch." Wendy zucke mit den Schultern. „Nicht nur in dem Alter, Jay. Männer sind immer für'n Arsch. Wie du so schön sagst. Hab ich recht, Beth?" Ich nicke Grinsend. Wieder verdreht Jayden seine Augen und isst weiter. "Na ja, kommen wir zum Thema zurück. Ich habe keine Lust die Bullen anlügen zu müssen. Um so früher desto besser. Geht das klar?" Ich sehe hilflos zu Jayden. Er nickt verständnisvoll. "Ich werd' mich darum kümmern."

Nach dem Essen, haben wir drei uns auf das Sofa gesetzt und schauen irgendeine Krimi-Serie.
Das Telefon klingelt. Blitzschnell steht Wendy auf und geht ran. "Becka, was gibt's?" Wir schauen abwartend zu ihr auf. "Wer ist Becka?" Frage ich Jayden leise. Er scheint kurz nachzudenken. "Wenn ich mich nicht irre, eine Frau im Stockwerk unter uns." Wendy weiter schockiert die Augen. "Wie meinst du das?" fragt Wendy panisch. Sofort schellen unsere Blicke wieder zu ihr. "Okay. Ja. Nein, ich hab keine Ahnung. Gut. Bis dann, ja." Sie legt irritiert auf. "Leute, ihr müsst verschwinden!" Ich halte erschrocken die Luft an. "Wieso?" Frage ich sie verwirrt. "Die Cops sind gleich da. Fuck, Elli muss sie gerufen haben." Jayden springt auf. "Jayden, was machen wir jetzt? Wir können da nicht raus." Frage ich ihn total überfordert. "In meinem Zimmer ist ein Fenster. Wenn ihr rausklettert, steht ihr gleich auf der Feuertreppe. Wenn ihr euch runterschleicht schafft ihr es vielleicht." Ich schaue wieder zwischen den beiden hin und her. "Gut. So machen wir es." Beschließt Jayden und reißt mich hinter sich her. Wir laufen direkt auf ihr Zimmer zu und ich stolpere fast über unsere Sachen die immer noch im Flur stehen. Während Jayden schon das Fenster öffnet stehe ich regungslos im Zimmer rum. "Wie wäre es mit einem auf Wiedersehen?" Sie umarmt uns kurz. "Viel Glück. Bei was auch immer ihr jetzt vor habt und lasst euch nicht erwischen." "Danke, Wendy." lächle ich sie an. "Beth, komm jetzt, wir müssen los." Ich nicke eifrig und klettere aus dem Fenster. Jayden tut es mir nach. "Was ist mit euren Sachen?" fragt sie erschrocken. "Alles muss weg. Aber behalt das Geld, ihr könnt es brauchen!" Meint Jayden und lässt die Leiter runterklappen.
Wir klettern sie beide hintereinander runter. Als wir unten ankommen schaut auf einmal ein Polizist aus einem anderen Stockwerk zu uns hinunter. Ich ziehe Jayden gerade noch mit mir bevor wir gesehen werden.
Geht es vielleicht wirklich um unser Leben?
Um meins?
Wir müssen rennen." Erklärt er mir und läuft direkt los. So schnell ich kann, renne ich ihm nach.

Nach einer gefühlten Ewigkeit bleiben wir in einer Gasse stehen.  "Jayden, was jetzt?" frage ich ihn aufgebracht. Dieses ganze Geflüchte macht mich fertig.
Warum solte jemand hinter mir her sein?
"Ich glaub' einfach nicht, dass ich diesen Scheiß hier mitmache!" Wütend schubse ich ihn. Er hebt abwährend seine Hände. "Ganz ruhig, Bethy." Schnaubend möchte ich ihn nochmal schubsen. "Nenn mich verdammt nochmal nicht so, du Idiot! Ich bin sauer!" Er hält mich an den Handgelenken fest und zieht mich überraschenderweise mit einem Lächeln zu sich. "Sonst was, Bethy?" Flüstert er mir ins Ohr. Ich kriege augenblicklich eine Gänsehaut.
Wie macht er das?
"Ich, - ach, halt die Klappe." Zische ich ihm immer noch wütend zu. Er grinst weiterhin und streicht mir amüsiert einige Haare, die nach vorne gefallen sind zurück. "Süß." Murmelt er und mustert mein Gesicht genauestens. Mit roten Wangen schaue ich auf den Boden. „Nicht so schüchtern." Jayden hebt mein Kinn mit Zeigefinger und Daumen leicht an weshalb ich wieder aufblicke. Gebannt schaut er auf meine Lippen.
Wird er mich jetzt küssen?
Alles schreit in mir danach und so unpassend es klingt, das ist das einzige, dass ich gerade wirklich möchte. Warum, weiß ich nicht.
Ich glaube ich möchte es auch gar nicht wissen und doch kann ich an nichts anderes in diesem Moment denken. Ich bin benebelt von seinem Geruch und dass er mir näher kommt macht es nicht besser. Das Adrenalin schießt regelrecht durch meinen Körper.
Gott, küss mich doch endlich!

Doch das Schicksal meint es nicht gut mit mir.
Von der einen Sekunde auf die andere bricht er den Bann zwischen uns. Als wäre nie etwas gewesen wendet er sich von mir ab. "Um die Ecke steht ein Wagen für den Notfall." Er geht darauf zu. Ich kann ihn nur sprachlos hinterher schauen. Er hat mich tatsächlich stehen lassen.
Wenn das nicht mal eine deftige Abfuhr war.

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Hmm was sagt ihr zu Jaydens plötzlichem Sinneswandel? ;)

Überarbeitet am 07.01.2019

Instagram: @ vicky_vas

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