Erste Konfrontationen

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Der Tag zieht sich wie Kaugummi.
Ich kann es gar nicht erwarten Zuhause anzukommen, zu essen und mich dann in mein Bett zu legen. Ein lächeln macht sich auf meinem Lippen breit als die letzte Minute vor Schulschluss ansteht. Langsam packe ich meine Sachen zusammen. Nach dem Klingeln, stürmen alle zur Tür. Ich stehe ebenfalls auf und gehe hinaus. Nachdem ich die Tür passiere, verlangsame ich meine Schritte und schlendere durch die Flure der Schule um zum Ausgang zu gelangen. Grace lehnt am Wagen und tippt was in ihr Handy ein. Ich geselle mich zu ihr. "Alles klar?" Frag ich sie als ich ihr breites Lächeln entdecke. "Ja, und wie alles klar ist! Lewis hat mich heute gefragt ob wir zusammen was unternehmen!" Ich steige in ihr grinsen mit ein. "Und?" Sie zuckt mit den Schultern und schließt das Auto auf. Wir setzen uns. "Wir treffen uns heute." Seufzt sie glücklich und startet den Motor. "Aber versprich mir das ihr verhütet!" Warne ich sie belustigt. "Halt den Mund, Bellwon! Du hast doch keine Ahnung." Schmunzelnd schaue ich aus dem Fenster als Grace los fährt.

Zuhause angekommen ist der Tisch bereits gedeckt und ich freue mich endlich meinen Hunger zu stillen.
Nach dem Essen verschwinde ich mit meiner Tasche in mein Zimmer und schleudere sie gleich in die nächste Ecke. Mein Laptop liegt auf dem Bett und motiviert mich dazu ein paar Folgen Friends zu schauen.

Die Zeit vergeht so schnell, dass es beim nächsten mal als ich auf die Uhr schaue schon halb elf ist. Müde stehe ich auf, nehme mir frische Sachen und gehe duschen. Dann kann ich morgen länger schlafen. Ich lasse das warme Wasser auf mich prasseln und genieße jede Sekunde.
Zwanzig Minuten später liege ich, im dunkeln in meinem Bett und schaue an die Decke.
Morgen wird ein blöder Tag.
Ich habe eine Doppelstunde Mathe, das heißt ich sitze 90 Minuten neben dem größtem Idioten der ganzen Highschool.
Warum bin ich eigentlich so abgeneigt von ihm?
Er sieht gut aus, das lasse ich ihm und ich verstehe auch warum so viele Mädchen von ihm schwärmen aber etwas an seiner Art gefällt mir überhaupt nicht. Es ist nichtmal das arrogante was ihn unattraktiv macht es ist viel mehr die Respektlosigkeit die er an den Tag legt. Egal vor wem. Ob er seine Eltern auch so behandelt? Oder vielleicht täusche ich mich auch nur und Jayden ist gar nicht so ein Arschloch wie er tut. Es heißt doch Harte Schale, weicher Kern. Vielleicht trifft es ja auch auf ihn zu?
Ich werde es sicher nicht heraus finden.
Aber das stört mich nicht im geringsten. Außer Mathe habe ich keinen direkten Kontakt zu ihm und selbst da herrscht so gut wie Funkstille. Das ist mein letztes Schuljahr und dann bin ich fertig mit all den Menschen. Außer natürlich Grace.

Die ersten zwei Stunden sind unspektakulär. Ich habe zwei Stunden Sozialkunde. Grace hat die ganze Pause berichtet was gestern passiert ist als sie und Lewis sich getroffen haben. Es ist nicht so dass es mich nicht Interessiert, nur finde ich, ist es schöner es für sich zu behalten. Eine kleine Welt der Zweisamkeit. Aber so nett wie ich bin, habe ich bei jedem ihrer Worte an ihren Lippen gehangen und an passenden Momenten genickt oder meine Meinung geäußert.
Nun wird uns die Tür geöffnet und ich nehme an meinem neuen Tisch platz. Jayden setzt sich stumm neben mich und würdigt mich keines Blickes.

Soll mir recht sein!

Wir machen ein paar Rechnungen gemeinsam an der Tafel und kriegen dann Aufgaben im Mathe Buch, die wir am Ende der ersten Mathe Stunde abgeben müssen. Ich konzentriere mich auf die Textaufgabe und schreibe in wenigen Minuten den ganzen Lösungsweg auf.
Immer wieder kriege ich mit wie Jayden auf mein Blatt schaut. Am Anfang habe ich es für Zufälle gehalten, aber als ich mich dann extra weiter nach vorne gebeugt habe damit ich ihm die Sicht auf meine Aufgaben versperre, bekomme ich mit wie er so tut als würde er sich strecken und dann doch ein Blick ergattert. Lächerlich.
Nach weiteren zehn Minuten bin ich fertig und male in die ecke meines Blattes verträumt rum. Mein Blick fällt auf Jaydens Blatt und danach zu ihm hoch. Er versucht erneut auf mein Blatt zu schauen. "Kommst du nicht weiter?" Frage ich ihn leise. Er sieht erwischt zu mir hoch. Kurz scheint er überfordert zu sein was mich rot werden lässt. "Doch, klar. Ich komme immer weiter." Antwortet er knapp und sieht wieder auf sein Blatt. Kurz denke ich über seine idiotische Antwort nach. Ich mustere sein Profil von der Seite. Er hat schöne kantige Gesichtszüge. Seine dunkle Augen starren leer auf den Zettel und er kaut auf seinem Bleistift rum. Eine weile beobachte ich ihn doch er rührt sich kaum. "Bist du dir sicher?" Frage ich erneut und kassiere darauf ein Augen verdrehen. "Nerv mich nicht." Mein Mund bleibt offen stehen. Ich biete mich an ihm zu helfen und der Idiot sagt ich soll aufhören ihn zu nerven? Jayden sieht auf mein Blatt.
Er kann mich mal.
Ich drehe mein Blatt um und schreibe meinen Namen rauf. Von Jayden höre ich nur ein leises schnauben. "Soll ich dir das erkl-" Jayden unterbricht mich. "Nein, ich kann das." Zischt er mir zu. Was hab ich ihm bitte getan?
"Anscheinend ja nicht. Ich wollte dir nur helfen. Was ist dein Problem?" Maule ich und frage mich im nachinein wo ich den Mut her habe. Jayden scheint das selbe zu denken und sieht mir für wenige Sekunden direkt in die Augen. Seine grünbraunen Augen bereiten mir eine Gänsehaut. "Hör zu, lass mich einfach machen, ja? Rede nicht mit mir du Freak." Ich schnaube und wende meinen Blick ab.
Wie war das mit harte Schale weicher Kern?
Er hat definitiv keinen weichen Kern.
Er ist hohl. Einfach nur hohl.
"Dann nicht aber nenn' mich nie wieder Freak." Warne ich ihn zögernd. Er stöhnt genervt auf sagt aber nichts mehr. Für den rest der Stunde ignoriere ich ihn, genau so wie er mich und auch die zweite Stunde reden wir kein Wort miteinander.

Wütend verlasse ich beim beginnen der Pause mit meiner Tasche den Klassenraum. Grace erwartet mich schon erfreut. "Lass uns gehen. Ich ertrag' es keine Minute länger in der Nähe von Wrieth!" Zische ich. Grace mustert mich verwundert. "Aber Lewis?" Ich verdrehe die Augen. "Grace, langsam wird es echt auffällig." Murmle ich leise als Lewis mit einem Augenzwinkern an uns vorbei geht. Im nächsten Moment werde ich leicht nach vorne geschubst. Ich drehe mich um und sehe wie Jayden mit gehobenen Kinn einfach weiter geht. „Nicht mal Anrempeln kannst du richtig!" Rufe ich ihm hinterher worauf er sich kurz umdreht und mir einen vielsagenden Blick zu wirft. "Was ist den mit dem los?" Fragt Grace in einem hörbar abschätzigen Ton. "Ich hab keine Ahnung." Nuschel ich und fühle mich auf einmal nicht mehr so mutig. Wenn ich ihn in Ruhe gelassen hätte, wäre ich in seinem anschein nicht noch mehr gesunken aber dafür ist es jetzt zu spät.

Nach der Pause haben wir Biologie. Grace und ich reden durchgehend über Lewis und die Party morgen. Meine Lust vergeht wenn ich an Jayden Wrieth denke und die Worte meiner Mutter kommen mir wieder in den Sinn. Vielleicht sollte ich eine Krankheit vortäuschen? Ich habe wirklich keine Lust dort alleine rum zu hängen.
Aber das kann ich meiner besten Freundin nicht antun. Nicht nachdem sie so oft schon zu mir gehalten hat.
Eine Nacht wird dich schon nicht umbringen Elizabeth!

Außerdem, wer sagt denn, dass ich bis zwei bleiben muss? Lewis wohnt nur ein paar Straßen von mir entfernt. Wenn es mir zu viel wird gehe ich einfach.
Grace wackelt mit der Hand vor meinem Gesicht. "Hast du wieder nicht zugehört?" Fragt sie mich. Ich kaue auf meiner Unterlippe rum. "Doch habe ich." Lüge ich. Sie lächelt zufrieden. "Und wie findest du das?" Ich seufze. "Klingt gut, Grace." Antworte ich. Worum es wohl geht? "Bist du dir sicher? Ich könnte auch das neue Kleid tragen. Das in schwarz, weißt du welches ich meine?" Ich drifte mit meinen Gedanken wieder ab. Nur zwischen durch höre ich ein "zu freizügig" raus.

Die Stunden vergehen wie im Flug und wir haben endlich Schulschluss. Da ich weiß, dass Grace mich heute nicht nachhause fahren kann versuche ich den Bus zu kriegen, doch der fährt vor meiner Nase weg.
Ich hasse Busfahrer!

Genervt seufze ich und krame in meiner Tasche nach meinem Handy und meinen Kopfhörern. Ich schalte die Musik ein und nach einem weiteren Seufzer mache ich mich auf den Weg.
Donnerstag arbeiten meine Mum und Dave länger also muss ich mir selber was kochen.
Na wenn das nicht mal ein beschissener Tag ist.
Ich schlendere den Gehweg entlang und switche durch meine Musiksammlung. Mit einem mal knalle ich gegen jemanden. Die Person hält mich erschrocken fest weil ich sonst gefallen wäre. Als ich hoch sehe reiße ich mich direkt los. "Pass doch mal auf." Zischt er mich genervt an. Ich verdrehe die Augen. "Sorry." murmle ich nur und gehe weiter. Das war genug für heute. Mit meinen Händen an den Schlaufen meines Rucksacks gehe ich weiter und sehe müde auf den Boden. Ich möchte einfach nur noch ins Bett.
Überrascht bin ich sehr als mich jemand umdreht und zwei dunkle Augen mich ansehen. "Du hast dein Handy verloren." Meint er und sieht mitleidig auf mein Handy in seiner Hand. Erst jetzt fällt mir auf das ich gar keine Kopfhörer mehr trage. Meine Wangen nehmen eine tief rote Farbe an. "Oh" murmel ich und nehme es. "Hat den Sturz nicht gut überstanden." schmunzelt Jayden und reibt sich mit seiner freien Hand über den Nacken. Ein riesen Riss ziert mein Display. Ich versuche mit einem Schulterzucken meine Betroffenheit zu überspielen. Sollte ich mich bedanken?
"Guck doch mal ob dein Handy überhaupt noch angeht." Fordert Jayden mich auf.
Warum Interessiert es ihn?
"Ich probiere es wenn ich Zuhause." Ich drehe mich wieder um und gehe die ersten Schritte doch nach wenigen Sekunden meldet sich mein Gewissen.
"Warte, ich, - danke." Rufe ich ihm zu und setzte dann meinen Weg fort. Ob mein Handy kaputt ist?

Vielleicht kriege ich ein neues?

Endlich bin ich zuhause. Ich suche in der Tiefkühltruhe nach was Essbarem und finde eine gefrorene Salami Pizza. Während die Pizza im Backofen ist, erledige ich noch ein Paar Hausarbeiten die meine Mom mir auf einem Zettel hinterlassen hat. Heute kommen die beide erst gegen acht. Das leben kann schon unfair sein.
Mit der Pizza mache ich es mir bequem und schaue Friends weiter.

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Überarbeitet am 20.12.2018

Instagram: @ vicky_vas

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