Kapitel 2 - Jonas

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"Jojo! Jojo! Aufstehen! Ich hab Hunger!"

Stöhnend reibe ich mir mit den Händen übers Gesicht.
Wer braucht schon einen Wecker, wenn er einen kleinen fünfjährigen Bruder hat? Ich mindestens nicht. Warum muss Tim auch mich aufwecken? Ist ja nicht so als er hätte er auch einen Vater, der hier bestimmt irgendwo hektisch durch die Gegend läuft und seine Sachen zusammen sucht.

"Jojoooo! Hab Hunger", schreit mein Bruder mir jetzt direkt ins Ohr.

Wann ist er denn in mein Bett gekommen?

"Ich steh ja schon auf, Kleiner. Gib mir fünf Minuten, dann bin ich in der Küche und mach dir dein Frühstück, okay?", schlage ich Tim vor und schaue ihn an.

Er guckt zufrieden: "Okay, aber nicht zu lange brauchen. Sonst werde ich böse." Er versucht grimmig zu gucken, was ihm nicht ganz gelingt.

Ich muss leicht lächeln: "Tut mir Leid dir das sagen zu müssen, aber du hast keine Uhr und kannst sie sowieso noch nicht richtig lesen. Also kannst du auch nicht überprüfen, ob ich pünktlich bin", erkläre ich ihm.

Tim streckt mir die Zunge heraus. Dann beschließt er: "Ich zähle einfach die Sekunden. Also beeil dich. Eins... Zwei... Drei... Vier..."

Während er weiter zählt, klettert er aus meinem Bett und verschwindet.

Ich seufze erleichtert. Jetzt hab ich noch mehr als genug Zeit, so oft wie mein kleiner Bruder sich noch verzählt. Aber ich bin ja pflichtbewusst und will den Jungen nicht verhungern lassen, deshalb gehe ich zu meinem Schrank in der Ecke meines Zimmers, schnappe mir ein paar Klamotten und verschwinde im Bad.

Kurze Zeit später stehe ich vor dem Spiegel und fahre mir ein paar Mal durch die Haare, damit sie nicht wie ein Vogelnest aussehen.

Ich brauch nur noch das Zeug für die Schule... Wo hab ich das nur?
Ich weiß doch ganz genau, dass ich gestern mit Tim meinen Rucksack gepackt hab, weil er das für die Schule üben wollte...

Tim!

"Tim! Hast du meine Schultasche?", rufe ich durchs Haus.

Ich höre ein Kichern aus der Küche:  „Vielleicht."

Ich rolle lächelnd mit den Augen. Hat er den morgens nichts Besseres zu tun? Nein, natürlich nicht, er liebt es ja auch für seinen Bruder den Wecker zu spielen, statt länger zu schlafen oder sich vor den Fernseher zu setzen oder irgendwas von dem zu tun, was kleine Kinder sonst so tun.

Als ich unten in der Küche ankomme, sitzt mein kleiner Bruder in seinem Spongebob-Pyjama auf dem Stuhl und grinst mich an. Neben ihm auf dem Boden liegt mein Rucksack.

"Bekomm ich jetzt endlich was zu essen? Du bist bestimmt 200 Millionen Milliarden Minuten zu spät", beschwert er sich.

"Genau so lange war das, Kleiner", grinse ich ihn an, dann wende ich mich dem Frühstück zu, "was hättest du denn gerne?"

"Ein Marmeladentoast!", fordert er.

„Mit Honig?", frage ich lachend.

„Ja, so wie Tom und sein Erdbeermarmeladenbrot mit Honig!"

Also mache ich uns beiden Toast, stelle ihm seins vor die Nase und lasse mich mit meinem Toast und einem Kaffee in der Hand gegenüber von ihm auf einen Stuhl fallen. Tim macht sich auch sofort über sein Toast her, während ich ihn kurz mit meinem Kaffee in der Hand betrachte und überlege, ob ich als kleiner Junge auch immer so fröhlich und sorgenlos wahr, denn das bin ich jetzt auf jeden Fall nicht mehr.

Gerade als wir fertig mit essen sind, kommt mein Dad lächelnd in die Küche. Tim drückt er einen Kuss auf die Stirn und mir klopft er auf die Schulter.

Dance into my SoulWhere stories live. Discover now