Kapitel 20 - Jonas

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Am nächsten Tag habe ich immer noch keinen Bock darauf, Emilia zu sehen. Diese Diskussion über das Ende unseres Tanzes hat mich mehr getroffen, als ich jemals zugeben würde.

Sie hat einfach keine Ahnung. Es gibt keine Happy Ends im realen Leben. Nur für ganz wenige Menschen, das bedeutet dann aber meistens für jemand anderen was Schlechtes. Meine Mutter ist bei der Geburt ihres Kindes gestorben. Wo ist das denn ein Happy End? Emilias Nacht am Samstag hatte doch auch kein Happy End. Vielleicht für diesen kranken Kerl, der sich später bestimmt noch an ihrem Anblick aufgegeilt hat.

Ich schüttle den Kopf.

Ganz falscher Gedankengang, Jonas!

Naja, auf jeden Fall kann ich einfach nicht verstehen, dass Emilia unbedingt ein Happy End braucht. Warum können wir nicht was Realistisches machen? Ich bin immer noch dafür, dass wir das Publikum damit mehr erreichen.

Jetzt bin ich auf dem Weg zum Tanzsaal um die anderen zu treffen. Und Leute, ich bin pünktlich. Genau eine Minute vor dem Gong betrete ich den Saal und merke, dass ich auch schon wieder nicht der letzte bin. Diesmal fehlt Ben.

"Schon zum zweiten Mal in Folge pünktlich, Jonas. Ich bin beeindruckt", begrüßt Jules mich halb spöttisch und halb ernst.

Ich zucke nur mit den Schultern und setze mich zu den anderen.

Heute sitzen wir wohl in einem Kreis. Ich muss etwas grinsen, weil das wie früher beim Plumpssackspielen aussieht.

Sobald ich mich zwischen Verena und Isabell fallen gelassen habe, kommt Ben zur Tür reingestürmt.

"Sorry, hab mich verlaufen", entschuldigt er sich etwas außer Atem. Wer's glaubt....

Jules glaubt ihm wohl auch kein Wort: "Du gehst jetzt seit über sieben Jahren auf diese Schule, machst dieses Jahr deinen Abschluss und willst mir erzählen, dass du nicht weißt, wo die Räume hier sind?"

Er wirkt ertappt: "Ähm... Ja?", fragt er mehr als das er antwortet.

Jules schüttelt nur den Kopf: "Na klar."

Ben sagt dazu nichts mehr und lässt sich neben mich fallen.

Dann übernimmt interessanterweise Emilia das Wort. Bis jetzt habe ich es bewusst vermieden, sie anzusehen. Deshalb fällt mir auch erst jetzt auf, dass sie mir direkt gegenüber, zwischen Jules und Jamie, sitzt.

"Um zum Thema zu kommen. Jonas und ich haben uns gestern noch hingesetzt und quasi den Aufbau unseres Tanzes besprochen. Allerdings sind wir uns beim Ende uneinig und wollen darum eure Meinung dazu hören", erklärt sie allen und sieht mich auffordernd an. Was denn?

Als ich für sie anscheinend zu lange nicht reagiert habe, stellt sie endlich eine Frage, die mich weiterbringt: "Willst du weitermachen?" Und natürlich hört man ihren genervten Unterton so gut wie gar nicht heraus...

Trotzdem will ich mal nicht so sein: "Ich will nicht, aber ich kann das sowieso viel besser als du." Dann erzähle ich von der Idee die ich gestern hatte und stelle zum Schluss die Frage der Fragen: "Das war's eigentlich schon. Ihr müsst uns jetzt nur sagen, ob das Ganze im Happy End enden soll oder nicht?"

"Ich bin für ein Happy End. Sonst ist das doch viel zu deprimierend", stellt sich Ben, dieser Verräter, auf Emilias Seite. Wie kann dieser Arsch mir nur so in den Rücken fallen?

"Alter! Ist das dein Ernst?", frage ich deshalb entsetzt.

"Klar. Emilia hat halt Recht. Das muss man auch mal zugeben können."

Noch bevor ich etwas dazu sagen kann, mischt Verena sich ein: "Ich seh das anders. Jonas hat Recht. Ein Ende mit einer Verrückten ist mitreißender und realistischer. Und mal was anderes."

Dance into my SoulWhere stories live. Discover now