Kapitel 14 - Jonas

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Ich habe mich lange nicht mehr so unwohl gefühlt wie auf dieser Autofahrt.

Verena schnarcht auf der Rückbank leise vor sich hin. Immerhin kotzt sie nicht in mein Auto oder redet irgendwelchen Schwachsinn. Das können weder Emilia noch ich jetzt gebrauchen.

Emilia schweigt schon die ganze Zeit und starrt einfach nur aus dem Fenster. Ich glaube, dass sie nicht mal eine Sekunde zu Verena oder mir geschaut hat. Liegt das an dem, was passiert ist oder daran, dass sie mit mir in einem Wagen sitzt?

Mit dieser Situation kann ich wirklich nicht umgehen. Aber wer kann mir das schon verübeln? Ich war noch nie mit einem besoffenen und einem Mädchen, das mich so gar nicht leiden kann, alleine. Dazu hab ich sie auch noch vor einer Vergewaltigung gerettet. Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass der Typ das geschafft hätte, wenn ich nicht gekommen wäre. Was auch nur ein Zufall war. Eigentlich wären Verena und ich schon weg gewesen, doch sie hatte ihre Jacke vergessen, so dass ich zurückgegangen bin und sie geholt habe, weil sie meinte, dass sie sonst erfrieren würde.
Auf dem Rückweg hab ich dann die Schreie aus der Gasse gehört. Natürlich habe ich keine Sekunde gezögert, hab die Jacke fallen gelassen und bin ohne nachzudenken losgerannt. Es war einfach ein Instinkt. Wenigstens hat mir mein Instinkt einmal etwas gebracht und mich nicht sofort in die Scheiße geritten. Obwohl ich jetzt mit Emilia Alev in einem Auto sitze...
Und das alles wegen einer Jacke.

Die Jacke... "Scheiße", rutscht es mir raus.

Emilia dreht sich zu mir um: "Was ist?", fragt sie erschöpft. Das war wohl ganz schön viel für sie.

"Ich hab Verenas Jacke fallen gelassen, als ich zu dir losgelaufen bin. Bestimmt war das irgendein Designerstück. Sie wird mich umbringen...", erkläre ich.

Und das ist mein voller Ernst. Wenn ich eins über Verena gelernt habe dann ist es, dass man niemals ihre heiligen Klamotten "verletzen" darf. Das waren ihre Worte, als ihr jemand mal ausversehen das Getränk über die Bluse geschüttet hat. Der arme Junge, der dafür verantwortlich war, hat sich damals fast in die Hose gemacht und kommt Verena immer noch nicht zu nahe, solche Angst hat er vor ihr. Und da ging es nur um eine dreckige Bluse. Für eine kaputte oder verlorene Jacke erhält man da wahrscheinlich die Todesstrafe. Ich will gar nicht wissen, was sie mit mir anstellt. Hoffentlich will sie nicht, dass ich ihr eine neue kaufe. Woher soll ich bitte das Geld bekommen?
Andererseits kann sie doch froh sein, dass ich sie nach Hause fahre und ihre Jacke überhaupt holen wollte. Ich hätte sie ja auch dort lassen können.

"Ich ersetze sie.", reißt mich Emilia plötzlich aus meinen Gedanken.

Sie will Verena ersetzen? Wie das denn? Das ist jetzt auch nichts, wonach ein Mädchen streben sollte...

Also frage ich besser nach: "Was?"

Sie seufzt: "Ich werde Verena die Jacke ersetzen. Es ist meine Schuld, dass du sie fallen gelassen hast und sie jetzt wahrscheinlich weg ist." Achso, die Jacke.

"Es ist nicht deine Schuld, dass du in Gefahr warst. Das Arschloch ist schuld.", stelle ich sofort klar. Sowas sollte sie wirklich nicht denken.

"Trotzdem hast du sie fallen gelassen, um mir zu helfen. Also werde ich ihr die Jacke ersetzen. Keine Sorge, du bekommst deswegen keine Probleme mit ihr, dafür sorge ich irgendwie. Obwohl ich glaube, dass sie dir sowieso nicht böse sein könnte."

Wenn sie wüsste, wie oft ich in Verenas Augen schon einen riesigen Fehler begangen habe und sie stocksauer geworden ist... Natürlich könnte es mir egal sein, sie ist immerhin nicht meine Freundin oder so, aber Verena ist bekannt für ihre Racheaktionen und das kann ich echt nicht gebrauchen.

Zurück zur Jacke: "Du kannst dir sowas ja leisten, also hab ich damit echt kein Problem. Dein Daddy bezahlt die bestimmt gerne."

Wieder seufzt Emilia, diesmal aber genervt: "Jonas, tu mir bitte einen Gefallen, ja? Nur für heute. Sag sowas nicht, wenn du keine Ahnung hast, okay?"

Dance into my SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt