Kapitel 5 - Mia

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"Das ist so ungerecht", beschwere ich mich nach der Schule bei Paul, "ich weiß nicht mal, ob wir die Prüfung überhaupt bestehen werden, eine gute Note kann ich da vergessen."

Paul, Clara und ich sind noch auf einen Kaffee zu Starbucks gegangen. Jan und Emily haben beschlossen etwas zu zweit zu unternehmen.

Paul rührt in seinem Kaffee: "Das ist echt nicht fair dir gegenüber und du hast das eigentlich nicht verdient, dafür gibst du dir immer viel zu viel Mühe bei allem", bestätigt er mich, "Hast du mit Jules gesprochen, ob du nicht vielleicht doch noch zu uns kannst oder es irgendeine andere Lösung gibt?"

"Nach dem Treffen bin ich ihr direkt hinterher gegangen. Sie meinte, dass sie da leider nichts machen könne. Regeln sind Regeln und so."

Frustriert seufze ich und lasse meinen Kopf auf den Tisch sinken. Warum ist das Leben nur so gemein zu mir?

Clara tätschelt mir beruhigend den Arm: "Das wird schon werden, du hast die drei doch noch gar nicht tanzen gesehen, vielleicht helfen sie nicht, tun aber dafür was man ihnen sagt und machen es sogar gut. Das wäre dann wenigstens etwas."

"Genau Prinzessin, hör auf deine Freundin. Ben und ich sind die besten Tänzer, die du je gesehen hast. Egal was wir tanzen müssen, besser als du sind wir alle mal", mischt sich plötzlich jemand ein. Jonas... den kann ich jetzt echt nicht gebrauchen.

Ich blicke zu ihm hoch. Er steht vor unserem Tisch, die Hände abgestützt und sieht mich herausfordernd an. Schade, dass er einen bescheuerten Charakter hat, denn mit seinen kurzen schwarzen Haaren, die sich leicht locken und den leuchtend blauen Augen sieht er echt gut aus. Die Ärmel seiner Jacke hat er etwas hochgekrempelt und unter seinem weißen T-Shirt lassen sich seine Muskeln erahnen...
Naja, aber das weiß er alles selbst und er ist ein Vollidiot. Also sollte ich aufhören von seinem Aussehen zu schwärmen.

Deshalb antworte ich auch schnippisch: "Also als erstes kannst du gleich mal wieder aufhören, mich Prinzessin zu nennen. Spar dir das für deine Bitches. Zweitens möchte ich erstmal gesehen haben, dass ihr überhaupt den Takt findet und dann können wir drittens mal anschauen, ob ihr beide zusammen vielleicht in meiner Liga spielt."

"Oh, da hält sich jemand aber für ganz schön gut", kommt es spöttisch zurück.

"Besser als du auf jeden Fall."

Er lacht: "Das werden wir ja noch sehen."

"Klar, hoffentlich wird das nicht allzu peinlich für dich. Wir wollen ja nicht, dass dein Ruf leidet." Ich grinse ihn zuckersüß an.

Statt mir zu antworten, schaut er auf sein Handy, welches gerade vibriert hat. Als er den Blick hebt, grinst er mich dreckig an: "War echt schön mit dir zu plaudern. Aber ich habe dann jetzt noch was Besseres zu tun, als mir deine Scheiße anzuhören. Bye."

Und schon hat er sich umgedreht und ist verschwunden.

Paul ist verwirrt: "Was sollte das denn?"

Ich schüttle den Kopf und stöhne genervt: "Keine Ahnung, aber der Typ wird mir noch den letzten Nerv rauben."

Clara grinst nur: "Ich glaube, das Halbjahr wird noch sehr interessant."

Ich lache: "Klar, für dich vielleicht", dann frage ich sie, "hast du schon Ideen für dein Album?"

Sie seufzt: "Bis jetzt ist es nur mein Wunsch, verschiedenes Dinge zu schreiben. Vielleicht auch mal was schnelleres. Aber allein heute haben wir in Mathe so viel Neues gemacht, dass ich mich erstmal da dran setzen muss."

Ich stöhne: "Erinnere mich nicht daran. Ich hab nur jedes zweite Wort verstanden."

Paul grinst und beide an: "Was habt ihr auch den Marthe-LK gewählt? Das ist doch krank."

Clara sieht mich genervt an: "Ich bin froh, wenn wir mit der Schule fertig sind und zwar nur, weil ich mir dann nicht mehr jeden zweiten Tag von dem da", sie zeigt auf Paul, „ anhören muss, dass der Mathe-LK der größte Fehler meines Lebens war."

Ich lache: "Seh ich ganz genauso."

Paul sieht uns verständnislos an und verschränkt eingeschnappt die Arme vor der Brust: "So schlimm bin ich nun auch wieder nicht."

"Doch, bist du", kommt es von uns im Chor und wir müssen alle drei lachen.

***

Eine Stunde später öffne ich die Haustür und wünsche mir direkt, es nicht getan zu haben.

"Mein Gott, warum hast du mich dann geheiratet!?", höre ich meine Mutter brüllen.

"Hast du doch schon gesagt, ich hab die Papiere für den Aufenthalt gebraucht!", brüllt mein Vater zurück.

"Argh! Wie habe ich es nur die letzten 30 Jahre mit dir ausgehalten?!"

"Die Frage ist doch, wie ich es geschafft habe mit dir in einem Dach zu leben?!"

"Es heißt unter einem Dach, głupiec*", ruft meine Mutter jetzt.

"Ach, jetzt wechselt du wieder die Sprache, fühlst du dich dann schlauer oder was? ", fragt mein Vater spöttisch, „ist ja nichts so, als könnte ich das nicht auch."

Das reicht, ich muss mir das doch echt nicht noch weiter anhören. Das ist ja wie im Erwachsenen-Kindergarten.

"Hey. Auch schön euch zu sehen, ja, ich hatte einen guten Tag, danke der Nachfrage. Ihr auch? -Das ist aber toll. Ich bin dann in meinem Zimmer und wäre euch für etwas Ruhe echt dankbar", rassle ich runter und will gerade die Treppe hochgehen, als mein Vater doch beschließt mit mir zu reden.
Oder sowas ähnliches.

"Wie sprichst du denn mit uns? Hast du gar keinen Respekt vor deinen Eltern?", fährt er mich an.

"Und tu nicht so als würden wir uns nicht für dich interessieren!", steigt meine Mutter direkt ein.

Ah, jetzt sind wir uns wieder einig? Ja, los, alle auf die Mia!

Ich schnaufe verärgert: "Genau, euer Interesse an mir ist ja soo groß. Ich kann mich nicht mal daran erinnern, wann ihr mich das letzte Mal gefragt habt, wie es mir geht oder wie die Schule läuft oder irgendwas zu meinem Leben."

"Du interessierst dich ja auch nicht für unsere Leben", wirft meine Mutter mir vor, "dich interessiert es doch gar nicht, was hier zu Hause passiert. Hauptsache bei dir ist alles gut und wir bezahlen alles."

Genau. Ist klar. Es bringt gar nichts mit den beiden zu diskutieren. Da kommen nur immer dieselben Vorwürfe und mir hören sie schon lange nicht mehr zu. Wenn der Streit ganz schlimm ist, hören sie noch ab und zu auf Nick, wenn er dann mal ausflippt, was sonst nämlich so gut wie nie passiert. Das war's dann aber auch in Sachen "gehört werden".

"Ich geh dann jetzt hoch. Hausaufgaben machen", erkläre ich kraftlos und verschwinde.

"Und vergiss nicht deine Hausaufgaben zu machen!", ruft mein Vater mit hinterher. Sein Ernst?! Gut, dass er mich daran erinnert hat, sonst hätte ich das jetzt vergessen!

"Und räum dein Zimmer auf, das sieht schon wieder aus wie ein Schweinestall!", ergänzt meine Mutter noch.

In meinem Zimmer angekommen, schließe ich schnell die Tür und lasse mich seufzend auf mein großes Bett fallen. Eigentlich würde ich mich jetzt gerne bei Nick auskotzen, aber der kommt erst heute Abend wieder, der Glückliche. Denn ich höre jetzt schon wieder das Geschrei meiner Eltern. Zum Glück verstehe ich durch die Türen hindurch nicht, was sie sagen.
Ich beschließe etwas Musik laufen zu lassen, um auch das lauteste Gebrüll meiner Eltern zu übertönen.

Naja, dann versuche ich mich jetzt mal an Mathe, begleitet von Avicii mit Taste the feeling.

* głupiec= Dummkopf

***

Hey ;)

Ich wollte mich mal für die Votes bedanken und nachfragen, wie ihr die Geschichte findet. Über ein paar mehr Leser würde ich mcih nämlich freuen, darum wären z.B. Verbesserungsvorschläge echt super :))

Liebe Grüße
readerdance

Dance into my SoulWhere stories live. Discover now