Kapitel 40 | Alles was ich noch nicht weiß

2.3K 116 2
                                    

"Nein."

Nein? Wie nein? Doch! Jetzt musste er es mir erzählen ob er will oder nicht!!

"Jetzt komm!!", sagte ich, "Du weißt doch auch alles über mich!!"

"Trotzdem.", bekam ich von ihm die einsilbige Antwort. "Das wäre nur gerecht!", gab ich als Antwort. Finn seuftzte. Mir war egal ob er darüber reden wollte oder nicht, wir waren beste Freunde. Warum darf er alles über mich wissen und ich nicht?
"Jetzt komm!", sagte ich etwas leiser und sah ihm so fest in die Augen wie ich nur konnte. Er sah mich genauso mit eindringlichem Blick an, aber da war noch etwas anderes. Schmerz?

"Na gut.", flüsterte er und legte sich wieder zurück auf die Matratze. Ich blieb im Schneidersitz neben ihm sitzen und sah ihn an, sein Blick ging stur zur Decke hoch.

"In der Karibik läuft das alles ein bisschen anders als hier.", begann er.
"Meine Mutter war eine prostituierte und mein Vater ein 'Pirat' der dann irgendwann mit seinem Schiff einfach nicht mehr zurück gekommen ist."
In Finns Gesicht zeigte sich keine Regung, aber ich musste schlucken. Auch wenn er kein Mitleid wollte, viel es mir schwer, mein Mitleid ihm gegenüber zu verbergen. Ich wendete meinen Blick von ihm ab und starrte auf die Matratze, in der Hoffnung er würde nicht mein Gesicht sehen.
"Als ich dann fünf war wurde meine Mum erschossen."

Jetzt konnte ich nicht anders und starrte ihn mit geschockten Augen an. Er hingegen starrte immernoch zur Decke und genau in diesem Moment, kam er mir, so verletzbar und sensibel vor, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Ich brachte kein Wort raus, er wollte ja kein Mitleid. Aber...

Ich war ratlos und wusste nicht was ich tun oder sagen sollte.

Doch trotzdem, legte ich mich neben ihn und nahm ihn in den Arm.

"Was machst du?", fragte er mich gereizt und drückte mich weg. "Ich....", flüsterte ich. "Ich sagte doch ich will kein Mitleid!!", fuhr er mich an. Sofort wich ich zurück. "Dein Scheiß Mitleid bringt sie auch nicht zurück.", kam es noch von ihm eher er aufstand und zur Tür ging, die er mit voller Wucht zuknallte.

Jetzt war ich mehr als nur geschockt. Ich wollte nicht das er sauer auf mich ist! Also sprang ich auf und rannte ihm den Gang hinterher.

"Finn!!", rief ich und rannte weiter auf ihn zu. Als er meine Stimme vernahm drehte er sich zu mir nach hinten um, aber seine Augen, sprachen eine Sprache, die ich nicht verstand. Als hätte er eine Fassade errichtet.
"Bitte es tut mir leid!!", sagte ich und blieb schwer atmend vor ihm stehen. So schnell war ich in meinem ganzen Leben noch nicht gerannt.
"Spar es dir einfach.", kam es von Finn Stumpf und er wendete sich wieder zum gehen. Ich packte ihn am Arm und hielt ihn fest. "Bitte Finn.", flüsterte ich. Ich war völlig verzweifelt. Er war sauer, aber bitte nicht so. Niemals würde ich mich mit ihm streiten wollen. "Spar es dir!", fauchte er zurück und zog seinen Arm weg. Ich erschrack mich so sehr über seinen Tonfall das ich zusammen zuckte. Aber anscheinend hatte die Tonlage den Effekt den er sich gewünscht hatte. Sein Blick machte mir Angst. Er wirkte verletzt, aggressiv und noch irgendwas anderes. Ich hatte Angst, dass er mich hasst. Mit stiegen Tränen in die Augen und mein Körper begann leicht zu zittern. "Finn bitte.", hauchte ich nur noch. Mehr bekam ich nicht zustande. Meine Angst ihn zu verlieren war grade grenzenlos.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen drehte Finn sich um und verschwand in Richtung seines Schlafraums. Ich stand immernoch im Gang, alleine und genauso fühlte ich mich auch. Noch nie, hatte ich mich so alleine gefühlt wie in diesem Moment. Ich wusste nicht was ich tun, oder wohin ich gehen sollte. Wie ein Stein stand ich da und mein Blick war starr in Richtung Schlafraum der Jungs gerichtet.
Ich wusste, dass wenn ich ihm noch weiter hinterher laufen würde, ich alles noch schlimmer machen würde. Aber ich wollte ihn nicht verlieren. Er war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben, wenn nicht sogar der wichtigste und das schon nach nur fast drei Wochen.

In dem Moment kam Simon mit Clara und noch ein paar anderen die Treppe hoch. Ich war immernoch unfähig mich zu bewegen, also blieb ich einfach stehen und starrte weiter verloren Richtung Schlafraum.
"Hey alles ok?", fragte Simon als er mich erblickte. Mein Blick wanderte von Richtung Schlafraum zu ihm. Meine Augen waren mit Tränen gefüllt und ich wusste nicht wie lange ich sie noch zurückhalten konnte.
"Hat die kleine Princesa etwa Kummer?", kam es jetzt spöttisch von Clara und die ganze Gruppe musste lachen. Das gab mir fast endgültig den Rest.
Ich machte auf den Absatz kehrt und ging so schnell ich konnte zurück zu meinem Zimmer.

Den Weg dahin schaffte ich es noch, meine Tränen im Zaun zu halten, aber als ich dann die Tür hinter mir schloss liefen auch diese schon meine Wange hinunter. Ich schmeiß mich aufs Bett und vergrub mein Gesicht im Kopfkissen.
Hemmungslos schluchzend, liefen mir die Tränen über die Wange und ich zitterte am ganzen Körper.
Ich vergrub meinen Kopf noch tiefer ins Kissen. Es roch immernoch nach ihm. Noch nie hatte ich mir in einem Moment mehr gewünscht, als das Finn jetzt hier wäre. Doch vielleicht als Clara mich verprügelt hatte, aber das zählte nicht.

Ich wusste nicht wie lange ich noch so auf dem Bett lag, aber die Tränen wollten nicht aufhören zu fließen. Mein Zeitgefühl hatte sich verabschiedet und ich vergaß sogar für ein paar kurze Momente wo ich war.
So verloren hatte ich mich noch nie gefühlt. Vielleicht hatte ich deshalb noch nie wirkliche Freunde gehabt. Das Verletzungsrisiko war einfach zu hoch.
Aber es fühlte sich nach mehr an. Als wäre ein Teil meines Herzens mir rausgerissen worden.
Ich wollte mir das nie eingestehen, aber Finn war für mich mehr als nur ein Freund. Allein dieser Kuss von ihm hatte mich so aus der Bahn geworfen. Aber mittlerweile war es Fakt.

Ich glaube ich bin in ihn verliebt.

Doch nicht wie jeder Sommer?Where stories live. Discover now