Dreizehn

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Die bunten Geburtstags-Girlanden im Flur scheinen wie ein sarkastischer Scherz, nach dem, was grad im Krankenhaus passiert ist und ich würde am liebsten genervt aufstöhnen, doch ich unterdrücke es und vergrabe das Gesicht in meinen Händen, als sie anfangen Happy Birthday zu singen.
Als ich wieder aufsehe, zwinge ich mir ein Lächeln auf die Lippen.
Sie haben wirklich wieder alle existierenden Verwandten eingeladen. Auch eine grinsende Amber und Ella entdecke ich zwischen den Leuten. Ich steh zwar sowieso nicht übermäßig auf große Feiern, aber jetzt würde ich mich gerade lieber von einer Klippe stürzen oder mich lebendig begraben lassen, als das über mich ergehen zu lassen.
Das Lied zieht sich wie immer ewig hin, während ich leicht lächelnd dastehe und warte, bis sie fertig sind. Mum zieht mich grinsend in eine Umarmung, als es endlich zu Ende ist und die Anderen applaudieren.
»Wir dachten es würde dich ein bisschen ablenken von den ... Problemen in letzter Zeit«,flüstert sie mir zu, so, dass es nur ich und vielleicht Yesko, der hinter ihr steht und wartet, hören. Dad steht mit einem, wie immer unbegeisterten Gesichtausdruck bei den anderen Verwandten.
»Das ist lieb, aber...«
»Kein aber«,unterbricht sie mich und sieht mich fest an,»Heute ist euer Geburtstag und das feiern wir!«
Ich rolle leicht mit den Augen, lächele aber müde und sehe dann zu Yesko, der mit einem Grinsen im Gesicht hinter Mum ganz offensichtlich darauf wartet mich ebenfalls umarmen zu können.
Seufzend löse ich mich von Mum, nur um kurz darauf von ihm in eine feste Umarmung gezogen und mit den Füßen vom Boden abgehoben zu werden, was mich dann doch leicht auflachen lässt.
Eine geschlagene halbe Stunde dauert es die Glückwünsche meiner Verwandten und der wenigen Freunde über mich ergehen zu lassen. Dann schaffe ich es endlich mich aus den Gesprächen über Dies und Das auszuklinken und mich hinauf in mein Zimmer zu stehlen, um mir etwas Bequemeres anzuziehen. Es ist eine unglaubliche Versuchung mich einfach ins Bett zu werfen und zu schlafen, doch ich kann ihr gerade so widerstehen. Vielleicht wird mich die Party ja wirklich ablenken. Doch einen Moment später, als ich wieder aus meinem Zimmer trete, wird diese Hoffnung wieder zunichte gemacht. Yesko steht vor meiner Tür und ich zucke beinahe zusammen, als ich ihn entdecke.
»Gott Yesko, erschreck mich nicht so!«,meine ich und fahre mir unruhig durch die zerzausten Haare,»Ich wollte grad wieder runterkommen.«
»Warum bist du so spät gekommen und warum hat Bill dich nicht gefahren?«,fragt er jedoch ohne darauf zu achten, was ich gesagt hab. Ich seufze auf und sehe kurz den Gang zur Treppe hinunter, von wo die Geräusche der Party zu uns heraufdringen, ehe ich die Tür wieder aufschiebe und ihn mit einem Nicken hineinlotse. Die Zimmertür schließe ich leise hinter ihm. Ich vergesse immer wieder wie viel Yesko auffällt. Früher hatte ich ein paar Mal versucht ihn zu belügen, darüber wo ich hingehe oder was ich gemacht habe, doch es hat nie etwas genützt. Er wusste immer, wann ich die Wahrheit sage und wann nicht. Nun steht er mit verschränkten Armen mitten im Raum und sieht mich abwartend an. Ich lehne mich rückwärts gegen die Tür und überlege, wie ich beginnen soll.
»Also, ich war bei Bill, er hatte einen gemütlichen Tag mit Filmen bei ihm geplant. Aber dann hat Dr. Dorman angerufen, der Arzt, der mich letzte Woche behandelt hat, erinnerst du dich?«
Yeskos Stirn legt sich in Falten, ehe er leicht nickt. »Warum hat er angerufen?«,hakt er nach.
»Ich habe ihn gefragt, ob er mich anrufen könnte, wenn einer der drei Jungs aufwacht, sodass ich sie fragen könnte ... ich weiß nicht, ob sie das Gleiche gesehen haben wie ich. Deswegen hat er angerufen, Conner war aufgewacht«,erkläre ich und die Miene meines Bruders verzieht sich überrascht. »Und?«
Ich spiele unruhig mit meinen Händen.
»Ich bin dort hin gefahren und Dr. Dorman hat mich hoch auf die Station gebracht zu Conners Raum, aber ...« Ich beiße mir unruhig auf die Lippe. »Conner war nicht dort, aber sein Bett war voller Blut, so wie auch der Boden.«
»Was hat das zu bedeuten, er ist doch nicht...«
»Wir wissen es nicht, die anderen Beiden sind tot, sie haben sie nebenan gefunden.«
Yeskos Mund steht offen, in seinem Gesicht steht die gleiche Ungläubigkeit geschrieben, die ich fühle.
»Aber wer ... gibt es eine Spur wer es war? Es kann doch niemand einfach so in ein Krankenhaus spazieren und unbemerkt zwei Patienten töten ... und einen entführen!«,meint Yesko fast schon empört, aber ich seufze nur auf. »Yesko ich weiß es auch nicht, ich hab keine Ahnung.«
Ich klinge genervter und aufgelöster als ich will. »Tut mir leid«,entschuldigt sich Yesko leiser, ein wenig nachdenklich.
»Der Polizist, der mich letzte Woche verhört hat, kam dort an und wollte mich gleich mitnehmen. Er meint, weil ich schon dazu verdächtigt werde die Jungs da rein gebracht zu haben, läge der Verdacht nahe, dass ich sie jetzt auch noch umgebracht habe«,erkläre ich müde und ausdruckslos weiter und sehe zu meinem Bruder.
»Aber das ist schwachsinnig, du warst doch gar nicht dort!«,entgegnet er nun wieder empört und ich nicke leicht. »Das meinte Dr. Dorman auch und das ist der einzige Grund, dass ich jetzt vorerst entlassen wurde. Aber ich werde wahrscheinlich spätestens in den nächsten Tagen trotzdem verhört.«
Yesko schaut aus meinem Fenster in die Dämmerung. »Ich weiß nicht, wie ich da raus kommen soll«,murmele ich,»Ich meine das nach der Schlägerei war tatsächlich ich, aber ich kann vor Gericht ja nicht einfach sagen, dass ich plötzlich irgendwelche magischen Kräfte bekommen habe und dass es mir leid tut!«,schaukele ich mich hoch, bis mir auffällt, dass meine Stimme lauter geworden ist. Ich räuspere mich.
»Es gibt immer noch die logische Erklärung, dass es der Kurzschluss der Lampen war«,meint Yesko und sieht wieder zu mir,»Wir werden das schon hinkriegen.«
Ich atme leicht auf und nicke dann.
»Aber lass uns das jetzt erst einmal vergessen«,meint Yesko und lächelt,»Es ist schließlich immer noch unser Geburtstag.«
Das Grinsen von Yesko muss ich einfach leicht erwidern.
»Okay, los.«

Die Bluthexen I - Denn Blut ist gefährlichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt