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Jeongguk

Mir ist unglaublich langweilig, während ich sinnnlose Muster auf den Block kritzle, den ich mitgebracht habe, für meinen Unterricht. Mir wäre nicht so langweilig, wenn ich nun meinen Unterricht auch hätte, aber mein Lehrer musste den kurzfristig ausfallen lassen und eigentlich hätte ich mich ja über die Freizeit gefreut, wenn ich sie nicht ganz allein verbringen müsste.

Aber da Jimin Hyung, Hobi Hyung und auch Yoongi Hyung um diese Uhrzeit im Unterricht sind, bin ich nun mal ohne Gesellschaft und damit ist der Aufenthaltsraum für einmal wirklich absolut still, bis auf das leise Kratzen, dass verursacht wird durch die Spitze des Füllers, die über das Papier kratzt, während ich darauf herummale

Ich hätte Musik angemacht, doch die Anlage ist irgendwie kompliziert zu bedienen und ich will nichts kaputt machen, also habe ich auch das gelassen, mir stattdessen nur einen Tee gemacht und muss nun wohl oder übel warten, bis Mittag ist.

Mit einem tiefen Seufzen stütze ich den Kopf in meiner freien Hand an und bin eine Weile vertieft in meine kleinen Kritzeleien, bis ich höre, wie die Tür sich öffnet. Überrascht schaue ich auf, um einen jungen, hochgewachsenen Mann mit beinahe silbernen Haaren zu erkennen - es ist derselbe, der bei meinem ersten Besuch hier geschlafen hat.

Neugierig sehe ich ihn an, bis sich unsere Blicke kreuzen. Anders als schlafend, trägt er eine Brille, die er kurz etwas zurechtrückt, bevor er mir ein kleines Lächeln zur Schau stellt. "Solltest du nicht im Unterricht sein? Du kannst dich nicht verstecken, sie finden dich schon", sagt er mit tiefer Stimme, scheinbar amüsiert. Ich runzle die Stirn und schüttle den Kopf. "Ich verstecke mich nicht!", protestiere ich, während der junge Mann zur Einbauküche läuft und dort eine Tasse hervorholt, "Mein Unterricht ist ausgefallen!"

Ich sehe, wie der Blonde nickt und sich mit dem verbliebenen heissen Wasser aus dem Teekocher, seine Tasse auffüllt. Kurz darauf schmecke ich den Kaffeegeruch und da dreht er sich auch schon zu mir um, mit der dunklen Brühe in seinen Händen. "Ich bin Namjoon", stellt er sich vor und gesellt sich zu mir an den Tisch, "Und du dieser Jungkook, von dem alle schon reden?", fragt er und ich nicke mit einem schüchternen Lächeln.

"Was ist mit dir?", frage ich neugierig und meine Zeichnungen sind wie vergessen, als ich den Block etwas zur Seite schiebe und meinen Kopf nun auf beide Hände abstütze, um ihm zuzusehen. Namjoon hat nicht nur einen Kaffee gemacht, er hat auch eine kleine  Dose Kekse von irgendwoher und mit an den Tisch gebracht, die er mir nun zuschiebt.

Hungrig nehme ich mir zwei heraus und bedanke mich halblaut. "Ich?", hakt er nach und schmunzelt dann belustigt, als hätte ich einen Witz gemacht, "Ich muss nicht in den Unterricht."

Verwirrung steigt in mir auf. Jedes Experiment muss in den Unterricht und die Grundlegende, schulische Laufbahn hinter sich bringen. Wieso er also nicht? Als ich ihn das frage, wird sein Schmunzeln nur noch breiter und er stellt seine Kaffeetasse ab, bevor er sich ebenfalls einen Keks nimmt und genüsslich abbeisst.

"Du weisst nicht, welches Experiment ich bin, nicht wahr?", fragt er mich mit einem schelmischen Funkeln in den Augen. Ich schüttle den Kopf und beuge mich vor. "Was bist du denn?"

Er seufzt tief und lehnt sich zurück, verschlingt auch das letzte Stückchen seines Kekses, bevor er mich direkt anschaut, durch seine Brillengläser und meint: "Ich bin das Experiment Wissen."

Das erklärt schon so einiges. Ich nicke also und ziehe dann die Augenbrauen zusammen. "Wie  viel weisst du denn? Genug um nicht mehr in den Unterricht zu müssen oder alles?", frage ich ihn neugierig. Namjoon lacht leise. "Sagen wir: Ich bin allwissend, aber ich weiss nicht so viel, wie Gott."

Ich denke kurz nach. "Also könntest du mir sagen, was Wurzel Zwei ist?"

Einen Augenblick lang ist es ruhig und Namjoon sieht mich nur überrascht an, bevor er in Gelächter ausbricht. "Das bin ich definitiv noch nie gefragt worden", prustet er und fügt kurz darauf belustigt hinzu: "Ich sagte schon, ich weiss nicht so viel, wie Gott, Kleiner. Und selbst wenn, es würde zu lange dauern, bis ich dir das Ergebnis gesagt habe - unendlich lange nämlich."

Ich verziehe die Lippen zu einem Schmollmund, als der Grössere mich auffordert: "Frag mich etwas anderes."

Angestrengt denke ich nach, bis mir eine gute Frage in den Sinn kommt. "Sag mir: Wie kann man den Hass einer Person besiegen?"

Daraufhin runzelt Namjoon die Stirn und seufzt tief. "Hass ist ein sehr starkes, negatives Gefühl", bemerkt er leise, "Und wenn Menschen sich dazu entscheiden, es zu fühlen, kann man eigentlich nichts dagegen ausrichten, ausser es zu akzeptieren. Nur sie selbst können ihren Hass niederkämpfen."

Ich nicke, kann das enttäuschte Seufzen aber nicht verhindern, dass mir über die Lippen kommt, als ich mich zurücklehne und wie aus Trotz einen weiteren Keks aus der Dose nehme. "Wieso die Frage?", hakt Namjoon aber schon nach, "Möchtest du es mir verraten?"

Anstatt den Keks nun zu essen, beginne ich, ihn zu zerpflücken, während ich leise erkläre: "Du kennst doch sicherlich Jack Frost, oder?" Mehr scheine ich gar nicht sagen zu müssen, denn bereits da erklingt sein tiefes Seufzen. "Hör mal, Jungkook: Er hasst dich nicht, ganz bestimmt nicht. Er ist nur ein Vollidiot mit Verlustängsten und einem enormen Eifersuchtsproblem, der das nicht unter Kontrolle halten kann."

Verwirrt sehe ich Namjoon an. "Wie meinst du das?"

Er lächelt aufmunternd und klopft mir auf die Schulter. "Lass es mich dir erklären: Taehyung, sein eigentlicher Name, war der Jüngste in der Gruppe von Jimin, Yoongi, Hobi und mir. Und als Maknae erhält man natürlich eine besonders grosse Aufmerksamkeit, alle wollen sichergehen, dass es dir gut geht, sie helfen dir wo sie können und sind für dich da. Und jetzt kommst du, bist jünger als er und du nimmst ihm automatisch diesen Status weg. Auf einmal kümmern sich alle um dich, Jungkook und nicht mehr um ihn. Natürlich sind sie immer noch für ihn da aber jetzt heisst es nicht mehr 'Hast du heute schon was gegessen, Taehyung' sondern 'Jungkook'. Das ist das Eifersuchtsproblem. Das andere ist seine immense Angst, die Leute, die ihm etwas bedeuten, zu verlieren. Er hat niemanden ausser uns, er ist komplett allein, wenn er uns verliert und sagen wir, die Tatsache, dass du plötzlich der Mittelpunkt von besonders Jimin und Hobi bist, füttert seine Angst nur noch mehr, weil er sich so noch einsamer vorkommt. Und als er letztens mit Yoongi geredet hat, hat er sich auch nur mit ihm gestritten. Er hat Angst und so weiss er nichts besseres, als diese Abneigung gegen dich zu entwickeln und mit aller Kraft zu versuchen, dich zu vertreiben, damit er niemanden verliert, der ihm wichtig ist. Das wir immer noch für ihn da sind, selbst wenn du dazu kommst, begreift er nicht."

Phoenix [Vkook]Where stories live. Discover now