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Jungkook

Es ist tiefste Nacht, als Seunghyun, Jiyong und ich wieder die Uni verlassen. Der Älteste von uns hält einen kleinen Rundkolben in der Hand, in der sich das Gegenmittel für sein Medikament befindet, doch ich bin zu müde, als dass ich mir weiter darüber Gedanken machen will. Ich schlafe bald im Stehen ein, wenn ich mich nicht bald hinlegen kann und dementsprechend bin ich froh, dass Seunghyun Hyung endlich fertig geworden ist, eine erste Portion des Mittels herzustellen.

Draussen liegt der Schnee noch immer, was es nicht gerade angenehm ohne gute Kleidung macht. Ich habe keine Jacke mitgenommen, also schlinge ich fröstelnd die Arme um meinen Körper, in der Hoffnung, etwas von der Körperwärme in mir behalten zu können. Das Auto steht noch einige Meter entfernt auf dem leeren Parkplatz und Seunghyun und Jiyong haben mich in ihre Mitte genommen.

Auf einmal allerdings bleibt Ji Hyung stehen. Überrascht tue ich es ihm gleich und drehe den Kopf zum Älteren, der im Schein der Strassenlaterne einen ernsten Gesichtsausdruck zur Schau stellt. Langsam neige ich den Kopf, als er leise murmelt: "Seid mal leise. Da ist jemand."

Ich weite die Augen, halte jedoch die Klappe, wie er es von mir verlangt hat und warte ab, während die Nervosität in mir hochkriecht. Jemand ist da? Wer zur Hölle soll das sein? Einer meiner Hyungs? Yoongi? Taehyung? Oder gar Jimin? Jiyong Hyung lässt seinen Blick wachsam durch die Dunkelheit huschen, aber er kann dabei vermutlich genauso wenig wie ich entdecken.

Einige Momente vergehen in der klirrenden Kälte draussen, bei vollkommener Stille, bis ich schliesslich das leise Knirschen von Schuhsohlen auf Schnee ausmachen kann. Die Schritte kommen näher und automatisch sehe ich in die Richtung aus der sie kommen, während ich neben mir bemerke, wie Seunghyun und Jiyong sich bei dem Geräusch merklich verspannen.

Als ich die Silhouette am Rande des grossen Platzes schliesslich ausmachen kann, merke ich, wie mein Herzschlag sich rasant beschleunigt. Wie von selbst weiche ich ein wenig zurück, löse meinen Blick aber nicht von der Person, die da näherkommt.

Keiner von uns sagt etwas und die Stille, die sich über uns allen ausbreitete, wirkt irgendwie verhängnisvoll - sie ist unheimlich und macht mir Angst. Wer ist das? Die Schritte wirken laut im Gegensatz zu unseren leisen Atemzügen und schliesslich kommt die Person in Reichweite des Lichtes, die die Strassenlaterne verströmt.

Überrascht schnappe ich nach Luft, als das Gesicht erkennbar wird und ich weiss einen Moment lang nicht, was ich tun oder sagen soll.

Hoseok Hyung.

Der Ältere läuft durch die kleine Schneedecke, die sich die letzten paar Stunden hier angesammelt hat, direkt auf uns zu, doch selbst wenn sein Gang ohne Zögern ist, so erkenne ich in seiner Miene die Unsicherheit, gemeinsam mit den Tränen, die in seinen Augen glitzern. Mein Herz zieht sich zusammen vor Sorge. Schliesslich kommt der Braunhaarige nur etwa einen Meter vor uns zum Stehen. "Warum willst du mir wehtun?", will Hoseok leise an mich gerichtet wissen, die Stimme heiser und belegt.

Ich ziehe verwirrt die Augenbrauen zusammen, kann aber nichts erwidern, denn Ji Hyung ergreift bereits das Wort. "Spatz, wer ist das?", fragt er mich, "Wissen oder Engel? Ich warne dich, Dude, wenn du aggro wirst, werde ich auch aggro", meint er dann Hobi Hyung gerichtet. Perplex starre ich den Älteren weiterhin an. "Das ist Hoseok Hyung", erwidere ich leise, "Er ist der Engel. Er tut dir nichts."

Zaghaft gehe ich einen Schritt auf Hoseok zu und strecke langsam meine Hand aus. "Hyung?", mache ich leise, allerdings erhalte ich keine Reaktion und Ji Hyung zieht meine Aufmerksamkeit bald wieder auf sich, indem er verwirrt murmelt: "Bin ich kaputt?"

Ich drehe bereits den Kopf zu ihm, als mir ist, als ob man mir eine Faust in den Magen rammen würde. Keuchend krümme ich mich vorüber, doch so schnell wie der Schmerz gekommen ist, so schnell ist er auch wieder weg. "Nein, doch nicht~", meint Jiyong nur und ich richte mich wieder auf, ehe ich ihn vorwurfsvoll anschaue. "Au! Hyung, wofür war das, ich hab doch nichts gemacht!"

Als Ji Hyung mir nur mit einem Schulterzucken antwortet, sehe ich wieder zu Hoseok, doch der ist nicht so ruhig und zufrieden, wie er früher immer ausgesehen hat. Die Tränen in seinen Augen, die Verzweiflung in seiner Miene machen mir Angst und Sorgen. Inzwischen ist er wieder etwas zurückgewichen und sieht mich weiterhin an, doch in dem Augenblick, wo unsere Blicke sich erneut treffen, scheinen die Tränen die Überhand zu nehmen, denn die ersten beginnen, über seine Wangen zu laufen. "Wieso Jungkook?", fragt er wieder und spielt wohl auf die erste Frage an, doch ich verstehe noch immer nicht, was er mir vorwirft.

"Wieso? Wieso was? Was ist los, Hyung?", stelle ich die Gegenfrage und gehe wieder auf ihn zu, strecke die Hand nach ihm aus, um ihn am Handgelenk zu fassen zu kriegen, doch der Ältere weicht nur hastig wieder zurück. "Fass mich nicht an!", ruft er panisch, bevor er aufschluchzt und mich durch die Tränen in seinen Augen anklagend ansieht. "Du bist böse..."

Die Reaktion ist weder die, die ich erwartet habe, noch freut sie mich. Vielmehr tut es weh, dass er vor mir zurückweicht und mir das an den Kopf wirft. Er steht wohl genauso unter dem Mittel, wie der Rest meiner Hyungs. Und der Gedanke schmerzt noch viel mehr. Ich drehe mich um und sehe meine beiden Hyungs hilflos an. Seunghyun, der bis jetzt noch nichts gesagt hat, seufzt leise. "Wir sollten ihn erstmal mitnehmen. Dann kann ich ihm helfen."

"Wollen wir das Mittel etwa gleich an ihm ausprobieren?", hake ich nach, doch eine Antwort erhalte ich nicht, da Hoseok Hyung sich wieder einmischt. "Erst versuchst du mir also weh zu tun, dann willst du irgendwas an mir ausprobieren?!" Tränen strömen über seine Wangen und selten habe ich mich so hilflos und verzweifelt gefühlt, wie als ich ihn wieder anschaue. Die Trauer steht in seinem Blick, der Vorwurf, den er gegen mich richtet, "Warst du schon immer so ein Monster? Warum hast du mich angelogen? Uns alle angelogen? Ich hab dir vertraut, Jungkook!"

Phoenix [Vkook]Where stories live. Discover now