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Jungkook

Mir wollen Namjoon Hyungs Worte seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf gehen. Immerzu muss ich daran denken, was er im Bezug auf Taehyung gesagt hat.

Er ist eifersüchtig auf mich. Dabei ist das Letzte, was ich will, ihm etwas wegzunehmen. Und er hat Angst, die Leute zu verlieren, die ihm etwas bedeuten.

Doch wie soll ich ihm klar machen, dass ich nicht sein Feind sondern sein Freund bin? Das er von mir nicht zu denken braucht, dass ich ihm böses will, sondern ich mich ihm genauso annähern möchte, wie allen anderen auch?

Vorsichtig hebe ich den Kopf von meinem Teller mit dem belegten Brot darauf und mustere die im Raum anwesenden, darunter auch  Taehyung. Der Blondschopf hockt auf dem Boden, ein Buch in den Händen und lehnt sich gegen das Sofa. Ich erkenne nicht, was er liest, doch das Buch scheint spannend zu sein, denn er ist vollkommen vertieft, das einzige, was man von ihm hören kann, ist das leise Rascheln, wenn er eine Seite umblättert.

Jimin schläft auf dem Sofa und nimmt damit dessen gesamten Platz ein und da ich am Esstisch des Gemeinschaftsraumes hocke, hat Taehyhung sich demonstrativ zu Jimin gesetzt, anstatt zu mir, wo es reichlich Platz hätte.

Aber ich will das nicht so stehen lassen. Taehyung muss doch irgendwie klar werden, dass ich ihm nichts böses will. Aber wie soll ich ihm das begreiflich machen, wenn er mich nicht einmal ansehen will?

Ich seufze leise und mustere den Älteren, der immer noch konzentriert liest, sich nicht um die einzelnen, blonden Strähen kümmert, die ihm dabei in die Stirn fallen und seine eisblauen Augen weiterhin von links nach rechts huschen lässt.

Es muss wohl wirklich eine interessante Lektüre sein.

Vielleicht kann ich damit das Eis brechen? Wenn ich mein Interesse an dem Buch und ihm selbst offenbare? Macht mich das weniger feindselig?

Ein Versuch ist es wert, ganz bestimmt.
Ich lasse mein Brot also stehen, komme auf die Füsse und bin in wenigen Sekunden neben Taehyung. Dem scheint das aber nicht sonderlich zu gefallen, denn er lehnt sich von mir weg und drückt das Buch dabei gegen seine Brust, bevor er mir einen grimmigen Blick durch seine aussergewöhnlichen Augen schenkt.

Ihja, das fängt doch schon mal grandios an. Nicht.

Ich mustere kurz die spezielle Form, die das hellere Blau bildet, konzentriere mich auf die Schneeflocken, die man so erkennt und versuche mich dann in einem freundlichen Lächeln. "Was liest du da?", frage ich ihn neugierig und werfe einen Blick auf den Buchrücken, den ich sehen kannn, "Ist es spannend?"

Taehyung schnaubt abweisend. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht", erklärt er schroff und rutscht anschliessend demonstrativ von mir weg.

Ich seufze bloss. Er lässt mir nicht einmal die geringste Chance, ihm näher zu kommen. Ich ziehe die Schultern hoch und schlinge meine Arme um mich, denn im Winter in einem T-Shirt rumzulaufen, ist wohl doch nicht eine meiner besten Einfälle. "Mir ist kalt", gebe ich leise bekannt.

Wieder ein Schnauben. "Denkst du nicht, dass du dann neben der falschen Person sitzt?", höre ich Taehyung zynisch sagen, woraufhin ich automatisch leise lache. "Wieso denn? Nur weil du Frost heisst, musst du doch nicht kalt sein!"

Der Blonde dreht den Kopf zu mir, hat dabei die Augenbrauen hochgezogen und ehe ich fragen kann, was los ist, pustet er leicht ins Gesicht.

Überrascht zucke ich zurück, spüre, wie die Kälte sich schleierartig über meinen Körper legt und bevor ich weiss, wie mir geschehen ist, befinden sich auf meinen nackten Armen lauter kleine Eiskristalle. Ich hebe meinen Blick und sehe, wie Taehyung mir ein selbstgefälliges Grinsen schenkt. "Meinst du", kommt er auf meine letzten Worte zurück. Er lässt mich nichts mehr erwidern, als er sich schon erhebt und mit grossen Schritten Richtung Tür geht.

Energisch wische ich mir die Kristalle von der Haut und springe ebenfalls auf die Füsse. Wieso kann er mir nicht einfach eine Chance geben?!

Taehyung ist bereits aus der Tür verschwunden, als ich ihm nachgehe. Kaum stehe ich draussen auf dem Flur, sehe ich seine hochgewachsene, schlanke Gestalt davon eilen. "Warte!", rufe ich ihm nach und setze mich wieder in Bewegung.

"Lass mich in Ruhe", lautet seine Antwort darauf. "Bitte!", füge ich hinzu und beschleunige dabei meine Schritte, um Taehyung einzuholen, "Hör mir doch nur einmal zu!"

Tatsächlich bleibt er stehen, sodass ich zu ihm aufschliessen kann und mich so vor ihn stelle, dass wir uns anschauen können. Der Ältere sieht beinahe emotionslos auf mich herab, in seiner Miene ist nichts zu lesen und seine blauen Augen bohren sich in meine. "Du willst reden?", hakt er mit dunkler Stimme nach. Ich nicke.

"Ich weiss, dass du mich nicht ausstehen kannst", beginne ich leise und gebe mir Mühe, seinem wachsamen, intensiven Blick stand zu halten, "Ich weiss, dass du mich am liebsten loswerden willst."

"Immerhin begreifst du das", murmelt er darauf. Ich tue so, als hätte ich es nicht gehört und fahre leiser fort: "Aber ich bin nicht dein Feind, Taehyung."

Leer schluckend recke ich meinen Kopf etwas und hole tief Luft, "Ich will dir niemanden wegnehmen. Und selbst wenn, dann könnte ich es nicht, denn deine Hyungs lieben dich. Sie lieben dich immer noch, sie haben damit niemals aufgehört und nichts und niemand in der Welt könnte daran irgendetwas ändern. Deine Hyungs werden immer für dich da sein, egal was passiert."

Er zieht die Augenbrauen zusammen und legt den Koof schief, während er die Arme vor der Brust verschränkt.

"Wenn du wirklich willst, dass ich verschwinde, dann... dann werde ich mich von ihnen fernhalten. Wenn es dir dadurch besser geht und du nicht mehr befürchtest, sie könnten dich verlassen, dann werde ich euch alle in Ruhe lassen. Aber bitte hör auf, mich zu hassen. Ich ertrage das nicht!"

Ohne seine Antwort abzuwarten, wirble ich danach herum und stürme den Flur entlang, zu meinem Zimmer, um dem stechenden, abweisenden Blick dieser kalten, blauen Augen zu entkommen.

Phoenix [Vkook]Where stories live. Discover now