XXV

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Ich war mir erst nicht sicher ob ich noch schlief oder bereits erwacht war. Mein Körper fühlte sich an als würde er auf eine Wolke schweben und es war gespenstisch still. Stück für Stück prasselten die vergangenen Ereignisse auf mich ein. Ich erinnerte mich wieder an die beiden Kinder. Joffrey und Nero. Sie hatten mich in eine Falle gelockt. Doch warum? und wo war ich nun ?

Langsam verschwand das Gefühl der Leichtigkeit von meinem Körper und hinterließ nur kalten Schmerz. Mein Rücken tat weh und auch in meinem Kopf hämmerte es. Ich wartete noch einen Moment und lauschte um herauszufinden ob ich alleine war bevor ich die Augen öffnete.

Allerdings änderte das nicht viel. Wo auch immer ich war, war es extrem dunkel. Ich lag auf dem Boden, der nichts anderes war als kalte, leicht nasse Erde. Ich versuchte mich aufzusetzen und nach einigen Versuchen gehorchten meine schmerzenden Knochen und taube Muskeln.

Es war furchtbar kalt hier. Mit meiner Hand versuchte ich etwas zu ertasten und wenig später fand ich so eine steinige Wand. Ich musste in einer Art Höhle sein.

Langsam gewöhnten sich nun auch meine Augen an die Dunkelheit. Ich erkannte das auch rechts und links von mir Höhlenwände waren, doch vor mir waren dicke Metallstangen in den Stein verankert.

Ein scharfer, aber mir bereits bekannter Geruch stieg in meine Nase. Angestrengt versuchte ich mich daran zu erinnern woher ich den Geruch kannte. Dann viel es mir wieder ein. Das waren Estern. Die kleinen gelblichen Blüten hatte ich verwendet um meinen Geruch zu verdecken als ich nach Undervillage gegangen war.

Der Geruch lag nicht nur in der Luft, sondern auch ich und meine Klamotten rochen danach. Ein Zittern ging durch meinen Körper als mir klar wurde was das bedeutete.

Die Wölfe würden mich nicht riechen und finden können.

Cyrian würde mich nicht riechen und finden können.

Hilflos lehnte ich mich gegen die Höhlenwand und versuchte meine Atmung und meinen Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen. Mal wieder wurde mir bewusst was für ein ängstlicher Mensch ich doch war. Ich hatte keine Ahnung wie ich es überhaupt bei den Kämpfern ausgehalten hatte. Schon immer war ich innerlich ein Angsthase gewesen. Bei den Kämpfen war ich immer nur mutig gewesen, weil ich keine andere Wahl gehabt hatte.

Doch nun saß ich hier, alleine, in einer stinkenden, dunklen Höhle und kämpfte gegen die Tränen. Ich hasste mich selbst für meine Angst, hatte ich es doch geschafft sie die letzten Jahre tief in mir wegzuschließen.

Die Dunkelheit lieferte mir keine Anhaltspunkte wo ich sein könnte und es war anscheinend niemand sonst hier. Allerdings konnte ich mir schon denken wer mich entführt hatte. Dieses rebellische Rudel von dem Cyrian gesprochen hatte.

Ich hatte nicht den Hauch einer Chance das hier lebend zu überstehen.

Irgendwie half mir der Gedanke das die Situation eh aussichtslos war. Dann war es auch egal ob ich weinte oder schrie. Es spielte keine Rolle mehr ob ich nun mutig oder ängstlich war. Zum ersten Mal seit Jahren hatte ich das Gefühl wirklich ich zu sein. Nicht das Mädchen das verkleidet als Jung kämpfen lernte, und auch nicht das Mädchen das die Mate des Alphas war. Ich war einfach nur ich, Alexandra Cleeves. Nicht mehr und nicht weniger,

Eine ganze Weile saß ich noch so da. Einfach in Gedanken versunken und die Welt um mich herum vergessend. Doch dann hörte ich plötzlich Stimmen.

Sofort schreckte ich aus meinen Träumereien hoch und lauschte angespannt. Es waren Schritte zuhören die vermutlich von mehreren Personen stammten.

Ich drückte mich noch näher an die Wand und wäre am liebsten in ihr verschwunden. Dann hörte ich wieder Stimmen. Sie waren dunkeln und männlich. Einer von ihnen klang aufgebracht und wütend, doch leider konnte ich die genauen Worte nicht verstehen.

Sie kamen immer näher.

Ich begann mit meinen Händen über den dreckigen Boden zu fahren in der Hoffnung einen spitzen Stein oder ähnliches zu finden, das mir als Waffe dienen könnte. Doch natürlich hatte ich keinen Erfolg.

Die Stimmen wurden deutlich lauter und ich hätte sicher die Wörter verstanden die sie zu einander sagten, wenn mein Herz nicht so laut geschlagen hätte.

Kurz schienen sie stehen zu bleiben und ich atmete aus. Vielleicht wollten sie gar nicht zu mir. Ein leises klappern ertönte, dann sprach wieder einer von ihnen.

"Verschwindet jetzt und tut was ich euch aufgetragen hatte." die Stimme war zwar eindeutig männlich, doch klang sie viel jünger als ich gedacht hätte.

Das gleichmäßige Geräusch von  sich entfernenden Schritten ertönte. Erleichtert atmete ich aus. Mit einem von ihnen könnte ich es vielleicht aufnehmen oder? Wenn er in menschlicher Gestalt war und ich Glück hatte? Aber was würde das bringen? Die anderen Wölfe würde sofort her kommen und ich wäre erledigt.

Dann nahm ich eine Bewegung an den Gitterstäben war. Eine Fackel wurde angezündet und ich musste weg schauen, weil das Licht in meinen Augen brannte.

Wieder ertönte ein rascheln, gefolgt von einem quietschendem Geräusch. Der Fremde hatte die Tür geöffnet.

Langsam kam er auf mich zu. Die leuchtende Fackel hing er irgendwie an die Wand. Vermutlich gab es einer Verankerung dafür.

Obwohl ich ihn jetzt ansehen konnte, tat ich es nicht. Ich wollte das Gesicht meines Mörders nicht sehen.

Doch ein Stück vor mir hielt er inne.

"Lexa?" flüsterte er sanft.

Erschrocken fuhr ich hoch und blickte in mir bekannte blaue Augen, die meinen ähnelten.

"Thomas" flüsterte nun ich erschrocken. Ohne weiter nachzudenken sprang ich auf und umarmte meinen Bruder. Meine Umarmung wurde genauso glücklich erwidert.

Irgendwann ließ ich ihn wieder los und starrte ihn ungläubig an.

"Aber, ... das rebellische Wolfsrudel?" fragte ich atemlos und vollkommen verwirrt.

Ein verschmitztes Grinsen erschien auf dem Gesicht meines Bruders. Ein Grinsen das ich sehr gut kannte.

"Es gibt gar kein rebellisches Wolfsrudel. Wir tuen nur so. Wenn sie uns dann angreifen, können wir sie problemlos mit Wolfsbann angreifen. Das erwarten sie nicht und in wenigen Minuten sind sie alle tot."

Mordlust blitze in den Augen meines Bruders auf und auf einmal war ich mir sicher das er bei der Wolfvernichtung durch mein Dorf nicht nur freiwillig sondern auch gerne geholfen hatte.

Fight, Love or DieWhere stories live. Discover now