XXXI

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Wir befanden uns nicht in dem Bereich des Gefängnisses in dem ich bei meiner Ankunft gesessen hatte, dennoch sahen die Zellen hier genauso aus. Es handelte sich um große Löcher in den Wänden die mit Eisenstangen gesichert waren.

Das einzige Licht in dem langen Gang, kam von einigen Fackeln die ihren Schein an den Steinwänden tanzen ließen.

Langsam führte mich Thomas immer tiefer in den Berg hinein. Bisher waren alle Zellen leer gewesen, die wir passiert hatten.

Innerlich hoffte ich dass auch die anderen Zellen leer bleiben würden, doch eigentlich wusste ich es besser.

Nach einer Weile gabelte sich der Weg und Thomas blieb stehen. "Links geht es zu den Zellen für Menschen. Verräter oder Regelbrechen kommen dort hin." erklärte mir mein Bruder mit einem unbekümmerten Lächeln auf den schmalen Lippen.

"Kommt das öfter vor?" fragte ich überrascht.

"Verräter zum Glück nicht so oft. Es gab mal eine kleine Gruppe unter uns, die der Meinung war das sie uns anführen sollten. Zum Glück konnten wir die Angelegenheit recht schnell aus der Welt schaffen." erwiderte mein Bruder noch immer fröhlich gestimmt.

"Aus der Welt schaffen?" hakte ich heißer nach.

Thomas sah mich nur eindringlich an und nickte.

"Jedenfalls,.." setzte er seine Erklärung nach einem kurzen räuspern fort "... sind rechts die Zellen für die Wölfe. "

"Die Wölfe?" unterbrach ich ihn erneut. " Soll das heißte ihr haltet mehrere von ihnen hier gefangen? Sie können doch problemlos die Gitterstäbe zerstören und uns alle töten?!"

Obwohl sich meine Ansichten zu Wölfen geändert hatten seit ich Cyrian kannte, wollte ich keinen wütenden Wölfen begegnen die man eingesperrt hatte. Das würde ich nicht vermutlich nicht überleben.

" Ja ich rede von mehreren Wölfen die wir hier gefangen halten, aber keine Sorge sie werden und können uns nichts tun." erklärte Thomas mit einem breiten Grinsen. Das Glitzern in seinen Augen verriet mir, dass seine Ruhe bei dem Thema nichts gutes bedeuten konnte.

"In der ganzen Höhle hier wachsen Kräuter und Pflanzen die uns helfen die Kräfte der Wölfe in Schach zu halten. Der Geruch von Wolfsbann schwächt sie und diese kleinen unscheinbaren Ranken" er deutete auf ein paar Blätter die sich die Wand hinauf schlängelten " nennt man Boreas-Kraut. Durch sie bleiben die Werwölfe in ihrer menschlichen Gestalt. Wir mischen ihnen das Zeug auch unter das Essen. Es gibt jede Menge natürliche Schutzmittel gegen Wölfe. In unseren Laboren experimentieren wir mit ihnen. "

Ich nickte einfach nur. Ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte und zu dem war meine Kehle so trocken, dass ich vermutlich eh kein Wort herausbekommen hätte.

"Doch das beste sind die Wölfe, die sich ganz freiwillig hier einsperren lassen und schön brav immer wieder zurück kommen würden." setzte Thomas seine Rede fort und folgte dabei dem Gang nach rechts.

Fragend blickte ich meinen Bruder an. Welcher Wolf würde das den freiwillig mit sich machen lassen?

"Wölfe sind wirklich schwer zu knacken, weißt du? Sie heilen schnell und sind sehr treu und loyal. Doch sie haben einen Schwachpunkt, ihre Seelenverwandten. Glücklicherweise haben ein paar Wölfe ihren Weg hier her gefunden, auf der Suche nach ihren Mates. Sie haben ihre Seelenverwandten wirklich hier gefunden, und da sie alles für sie tun würden, gibt es wirklich kein besseres Druckmittel. So konnten wir auch den Mythos aufrecht erhalten, dass es sich bei uns um ein rebellisches Wolfsrudel handelt. Wir schicken einfach ab und zu einen von den liebeskranken Idioten in ihrer Wolfsform raus. "

Das Lächeln auf Thomas Gesicht war definitiv diabolisch und jagte mir unglaublich viel Angst ein. In den letzten Tagen hatte ich gelernt, dass er fast keine moralische Grenzen mehr kannte, doch die Verbindung zwischen einem Wolf und seiner Seelenverwandten auszunutzen, war besonders skrupellos. Doch vielleicht kam es mir nur so vor, weil ich selbst unter dem Schmerz des Mate-Bands litt.

"Es ist gar nicht so lange her, da haben wir wieder einen Neuzugang erhalten, der seine Mate auch hier hat. Das war ein großes Glück, dank ihm haben wir es geschafft dich aus der verdammten Stadt raus zu holen."

Einen kurzen Moment war es still. Es schwirrten so viele Fragen in meinem Kopf umher und ich konnte mich einfach nicht entscheiden was davon ich fragen sollte.

Vollkommen in Gedanken versunken wäre ich fast in meinen Bruder reingerannt als ein vor einer der Zellen stehen blieb.

"Lexa, darf ich vorstellen unser Neuzugang, dank dem du hier bist."

Zuerst erkannte ich gar nichts in der Dunkelheit, doch dann hielt Thomas eine Fackel etwas näher an die Zelle und meine Augen begannen langsam die am Boden sitzende Gestalt zu erkennen.

Typisch für einen Wolf war der Mann groß und kräftig gebaut.

Meine Augen gewöhnten sich immer mehr an die Lichtverhältnisse und ermöglichten es mir damit, den Fremden besser zu erkennen.

Erst als ich die blauen Augen, die harten Gesichtszüge und die roten Haare sah, wurde mir bewusst, dass es sich um keinen Fremde handelte.

Ich brauchte einen Moment um den Bekannten ein zu ordnen. Ich hatte ihn bisher nur ein Mal gesehen, doch als mir bewusst wurde woher ich den Riesen kannte, war es als würde ich in einen kalten See springen.

Erschrocken zuckte ich zurück und versteifte mich.

Ich war dem Wolf vor mir zusammen mit Cyrian begegnet, damals als er mich seinem Rudel vorstellen wollte. Der Rothaarige hatte eine Bemerkung gemacht und Cyrian hatte ihn angegriffen.

Und nun war er hier. Gefangen hinter lächerlich dünnen Metallstäben, die ihn nicht aufhalten könnten.

Ich wich einen Schritt zurück und wartete darauf die Abscheu und Wut in seinen Augen zu sehen, die er mir auch das letzte mal gezeigt hatte.

Doch nichts davon spiegelte sich in den eisblauen Augen wieder. Kein Hass, kein Wut und keine Aggression, da war nur Leere.

Diese Leere in seinen Augen erinnerte mich an etwas. Sie erinnerte mich an meine Augen. Jeden Morgen sah ich in den Spiegel und enddeckte den gleichen Ausdruck.

Es war keine Gleichgültigkeit, sondern es war das schmerzhafte Wissen, das ein Teil von einem existierte, ein Seelenverwandter, doch dieser unerreichbar war.

Fight, Love or DieWhere stories live. Discover now