Kapitel 4: Ich vermisse ihn.

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Ich stöhne leicht auf und lasse meinen Kopf auf den Tisch fallen. Nervös wackel ich mit meinem Bein und klopfe mit meinen Fingern auf den Tisch. Welcher Mensch soll sich denn sowas merken können?
Ich richte mich wieder auf und schaue auf das Blatt. Heute ist Samstag. Montag sind meine Semesterferien vorbei und die ersten Prüfungen beginnen. Ich konnte den meisten Stoff schon. Ich hatte ihn mir auch gut zum Lernen eingeteilt. Es hört sich jetzt vielleicht schon ein wenig Strebermässig an, was es aber nicht ist. Es ist eine Qual das zu lernen, genauso wie das Studium, aber ich will weder meine Mutter enttäuschen, noch mich selbst. Ich hab es mir fest vorgenommen es zu schaffen und das geht nun mal leider nur durch lernen.
Ich öffne meine Schreibtischschublade und hole ein schwarzes Notizbuch hervor. Ich blättere langsam in ihm, bis ich die gewünschte Seite erreiche. Auf ihr hatte ich ein Bild meines Vaters geklebt, welches ich zufällig mal bei meiner Mutter in den Sachen gefunden hatte. Ich streiche sanft rüber und lächel. Er sieht aus wie ein ganz normaler Mann. Nicht wie ein Junkie oder sowas. Ich vermisse ihn. Er ist auch einer der Gründe warum ich dieses Studium schaffen will. Ich will das er stolz auf mich sein kann. Wo auch immer er sich gerade befindet.
Unter dem Bild ist eins von meinem Bruder und mir, wo wir noch klein waren. Es ist auch ein etwas älterer Junge drauf. Ich habe meine Mutter auf ihn angesprochen. Sie meinte nur, dass er der Sohn von einer Bekannten von ihr gewesen sei. Muss wohl stimmen. Ich kann mich nicht mehr an ihn errinern, genauso wenig wie Liam.
Nach einer Weile schließe ich das Buch wieder und versuche den Stoff in mein Gehirn zu verfrachten.

Draußen wurde es schon langsam dunkel. Ich hatte nachdem ich fertig war, beschlossen gleich den Rest auch noch zu lernen. So hatte ich morgen immerhin genug Zeit zum entspannen und konnte den letzten Tag noch genießen.
Ich stelle meine Musik etwas lauter und singe leicht mit. Ich hüpfe leicht zum Takt durch mein Zimmer. Ich liebe es das Tun zu können.
Ein lautes Hämmern gegen meine Tür schallt durch die Musik. Widerwillig stell ich sie etwas leiser und schließe auf. Hinter der geöffneten Tür steht Karl grimmig guckend. „Ich und eure Mutter fahren heute Abend in ein Restaurant. Danach verbringen wir noch den Abend in Zweisamkeit. Ihr beide bleibt zuhause und lasst die Wohnung stehen! Kein Besuch und ärgert die Nachbarn nicht. Wenn es klingelt oder sonstiges geht ihr nicht ran." Ich nicke nur, als er aufgehört hat zu reden. Jedesmal ist es das selbe was er erzählt. Es lohnt sich gar nicht mehr zu zuhören.
Er lächelt selbst zufrieden und geht sich seine Schuhe anziehen. „Und seid schön lieb!" Sagt meine Mama. Sie umarmt mich kurz und verlässt dann daraufhin die Wohnung mit Karl. Ich schaue aus dem Fenster bis das Auto in dem sie sitzen, außer Reichweite ist. Sofort stürme ich grinsend in das Zimmer meines Bruders. „WIR HABEN STUUURMFREI!" Rufe ich glücklich. „JA! Wird auch endlich mal wieder Zeit." Sagt dieser grinsend und packt seinen Controller zur Seite. „Also wen laden wir ein und was machen wir?" Frage ich grinsend. Uns war es egal, was unsere Eltern davon hielten. Seitdem Karl da war und der Meinung ist uns wie Kinder zu behandeln, tun wir sowieso was wir wollen. Er denkt vielleicht, dass er alles unter Kontrolle hätte. Doch das hat er nicht. Das wird er nicht. Mein Bruder und ich sind wie zwei wilde Tiere, die nicht so leicht zu bändigen sind.
„Wie wärs wenn du uns was zu essen kochst und ich einwenig Alkohol und Filme besorge." Ich überlege kurz und nicke dann lächelnd. Einwenig Alk schadet nicht, außerdem muss ich das letzte Wochenende noch auskosten! Er steht auf und schnappt sich sein Rucksack. „Nudeln mit Pesto?" Frage ich, während er eine grüne Jacke über seinen schwarzen Hoodie zieht. „Klar." Antwortet er. Er wuschelt noch schnell durch meine Haare und geht dann Richtung Tür. „Ey!" Beschwere ich mich und schmolle leicht. Er grinst und verlässt die Wohung. Ich richte mir meine Haare im Spiegel wieder und betrachte mich. Ich hab eine graue Jogginghose und dazu ein schwarzes Top an. Meine Haare sind wie immer offen. Mein Gesicht ist leicht geschminkt. Ja auch wenn ich heute das Haus noch nicht verlassen habe bin ich geschminkt. Ich hatte einfach irgendwie Lust dazu und es hat mich vom Lernen abgehalten. Lächelnd verlasse ich den Spiegel wieder und mache die Musik wieder lauter. Danach betrete ich die Küche. Ich hole alles heraus und beginne Wasser aufzukochen. Darauf folgend ließ ich die Nudeln ins Wasser. So wie ich mich kenne sind es viel zu viele, aber egal. Dann hätten wir immerhin noch für morgen etwas. Ich beginne auch das Pesto fertig zu machen.
Nach einer gewissen Zeit schrecke ich die Nudeln ab und rühre weiter das Pesto um. Ich singe leicht mit und tanze auf der Stelle, bis sich plötzlich zwei Hände auf meine Augen legen. „Liam deine Hände sind kalt!" Schreie ich leicht auf und versuche mich umzudrehen. Hinter mir steht Johnny der mich grinsend anschaut. Liam hatte die Musik leiser gedreht und betritt die Küche. „Johnny hat gerade Stress und pennt heute hier." Sagt dieser entschuldigend. Ich nicke als Antwort. „Schönen Musikgeschmack hast du. Gut tanzen kannst du auch." Sagt er und zwinkert mir zu. Ich schaue leicht beschämt zu Boden und drehe mich dann um. Schnell rühre ich weiter das Pesto um. So schnell ich mich zuvor umgedreht habe, tue ich es wieder. Johnny trug tatsächlich keine Sonnenbrille und zwei grün-blaue Augen funkeln mich an. Es löst etwas ganz anderes aus, als die von Dima gestern. Bei Dima hatte ich das Gefühl das ich diese Augen schon so oft gesehen habe. Sie kamen mir so bekannt vor. Bei Johnny ist das nicht so. Sie sind fesselnd und aufregend. Sie lösen in mir das Gefühl aus erforscht werden zu müssen. „Ist dein Image jetzt nicht so wichtig, dass du deine Sonnenbrille nicht mehr brauchst? Oder wolltest du das ich dich nicht wieder erkenne?" Ich mache den Herd aus und schaue ihn an. „Von einem Mädchen was sich sogar Sorgen macht, ob mir was passiert, kann man sich doch gar nicht verstecken." Wieder lächelt er. Auch ich muss nun lächelnd. Es ist so ansteckend. „Ich hab sie aber bei jemanden vergessen." Fügt er noch hinzu. „So ist das also." Ich muss leicht kichern. „Isst du mit?" Frage ich während ich Teller heraus hole. „Klar. Ich muss doch gucken ob du gut kochen kannst." Ich stelle die Teller auf den Tisch und beginne sie aufzufüllen. „Und wie sie das kann." Sagt Liam grinsend. Er sitzt gespannt am Tisch und beginnt zu essen, als er seinen Teller hat.
Ich setze mich dazu und esse auch. „Liam hat recht. Du kannst echt kochen." Sagt Johnny grinsend. Ich lächel und beginne auch zu essen. „Was für Filme hast du jetzt mitgebracht?" Frage ich meinen Bruder, der weiterhin gierig Nudeln in sich reinstopft. „ES, Conjuring und noch irgendeine Kommödie falls du zu viel Angst hast." Er grinst mich an und isst weiter. „Ich hab keine Angst. Wer hatte denn letztes mal mehr Angst?" Frage ich ihn.
Um genau zu sein saßen wir beide aneinander gekuschelt und schreiend auf der Couch. Diese Jumpscares waren einfach zu krass.

Der Schein trügt | Johnny Diggson FF [Überarbeitet]Where stories live. Discover now