Kapitel 19: Die Übergabe

136 7 2
                                    

Zitternd sitze ich auf meinen Bett. Mein Zimmer ist dunkel. Das einzige Licht was den Raum erreicht, scheint durch den Tür Spalt am Boden. Geschrei ist im Hintergrund zu hören und Tränen laufen über meine Wangen. Ich habe Angst. Doch irgendwas ist anders als sonst. Es kommt mir so bekannt vor. Meine Tür öffnet sich und ein Junge tritt herein. Er schließt sie und kommt auf mich zu. „Du brauchst keine Angst haben Zoe. Ich bin da und beschütze dich!" Er setzt sich zu mich und nimmt mich in den Arm. „Wer bist du?" Frage ich ihn. „Ich bin dein Bruder Zoe." Sagt er sanft über meinen Rücken streichelnd. „Du bist nicht Liam." Antworte ich. Er lächelt und schüttelt den Kopf. „Wie heißt du?" Frage ich ernst und schaue ihn an. „Ich bin.."

Ich schrecke leicht auf. Schwer atmend liege ich in meinem Bett. Wieder ist sie da. Diese unfassbare Leere. 'Ich bin dein Bruder.'
Was soll das bedeuten? Ich habe keinen Bruder außer Liam. Hätte ich doch nur noch seinen Namen erfahren. Ich setze mich hin und fahre durch meine Haare. Mein Puls ist immernoch erhöht. Ich steige aus dem Bett und schleiche aus meinem Zimmer, durch den Flur. Vorsichtig gehe ich in das Zimmer meines Bruders und krabbel zu ihm ins Bett. „Was ist denn los?" Fragt er verschlafen. „Ich hatte wieder diesen Traum." Er legt einen Arm um mich und nickt. „Er hat behauptet mein Bruder zu sein. Was hat es damit auf sich?" Ich höre den regelmäßigen Atem meines Bruders. „Wir werden es herausfinden. Ich hab das Gefühl dass Mama uns mehr verschweigt, als sie zu gibt." Antwortet er ruhig. „Sie würde uns doch niemals verheimlichen, dass wir einen Bruder haben." Nachdenklich schaue ich an die Decke. „Wieso nicht. Sie tut doch alles um sich in ein gutes Licht zu stellen. Denk daran was sie mit Papa gemacht hat. Sie hat sich einfach einen Neuen gesucht." Sagt er langsam wach werdend. „Ja schon, aber sie hat das doch nur gemacht um uns ein schönes Leben zu ermöglichen. Ohne den Cherrif hätten wir nur halb so viel." Antworte ich. „Ich verstehe ja, dass du sie in Schutz nimmst. Dennoch, für mich ist diese Frau. Ich weiß es nicht. Sie ist zwar meine Mutter. Doch die Sache mit unserem Vater kann ich ihr nicht verzeihen. Hätte sie sich nicht getrennt, dann hätten wir jetzt eine Familie. Wir hätten unseren Vater und unsere Mutter." Ich nicke leicht. „Ich weiß. Doch was ist wenn Mama recht hat. Vielleicht hat er unsere Familie ja wirklich in Gefahr gebracht." Eine Stille entsteht. „Wir müssen ihn finden um die Wahrheit heraus zu bekommen. Erst dann können wir richtig über beide urteilen." Liam nickt und schaut auch an die Decke. „Wir müssen immer zusammenhalten Zoe. Egal was wir später herausfinden werden. Wir bleiben ein Team!" Er schaut mich fragend an. „Natürlich sind wir das Liam. Wir müssen einfach." Antworte ich lächelnd und umarme ihn.
Wir liegen noch eine Weile, bis sein Wecker klingelt. Zusammen stehen wir auf und machen uns fertig. Er für seine Arbeit und ich für die Uni. Heute war Freitag und somit endlich der letzte Tag für diese Woche. Momentan fällt es mir so unglaublich schwer, mich auf die Uni zu konzentrieren.

Nach der Uni hab ich meine Sachen zuhause angestellt und bin zu Dima gegangen. Ich klopfe und werde von einem lächelnden Dima hereingelassen. Er setzt sich auf seinen Stuhl und ich mich auf den neben ihn. „Also pass auf Kleine. Das hier sind 5g bestes Koks. Ich hoffe du weißt mit wem du dich da anlegst und es lohnt sich." Ich nicke und halte ihm meine Hand hin, um es entgegen zu nehmen. „Denk ans Gelassen bleiben. Du hast nichts zu verbergen. Denk einfach gar nicht an die Strafen. Tu einfach so, als wenn du es gar nicht dabei hättest." Leichter gesagt, als getan. Ich hoffe das ich es genauso gut wie Dima hinbekomme. „Und denk bei der Übergabe daran, dass es natürlich wirken muss. Unterhalte dich auch locker mit der Person, wenn es in der Öffentlichkeit ist." Er schaut mich ernst an. „Dima ich glaub ich hab's verstanden. Natürlich wirken und locker drauf sein. Wird schon niemand Verdacht schöpfen." Diesmal nickt er und hält mir zögernd das Tütchen hin. „Ich kann auch mitkommen, falls du willst." Ich schüttel den Kopf und nehme das Tütchen. „Ich bekomm das schon hin, alles gut." Wir stehen auf und er begleitet mich zur Tür. „Schreib mir wie es gelaufen ist und sei vorsichtig." Er zieht mich in eine Umarmung, welche ich lächelnd erwieder. „Mach ich und danke!"
Wir lösen uns und ich verlasse die Gasse. Ich spüre wie langsam die Anspannung in mir steigt.  Zoe, bleib ruhig. Hör auf Dimas Worte. Niemand geht davon aus das du Kokain mit dir rumträgst. Für Außenstehende bist du das liebe, kleine Mädchen von nebenan. Für die Polizei bist du die Stieftochter von Karl. Du hast eigentlich gar nichts zu befürchten. Es wird dich auch niemand einfach so auf der Straße durchsuchen. Ich atme tief durch und stecke meine Kopfhörer ein. Laut lasse ich die Musik laufen. Sie hilft mir beim runterkommen. Es wird alles gut.
Es dauert nicht lange, bis ich wieder vor dem gigantischen weißen Haus stehe. Ich schalte die Musik aus und ziehe die Kopfhörer raus bevor ich klingel. Es dauert nicht lange bis Celine mir die Tür öffnet. Sie beginnt zu lächelnd und umarmt mich, bevor ich eintreten darf. Es muss so aussehen, als ob wir uns kennen. Ich betrete ihr Wohnzimmer und setze mich neben sie. „Also du weißt was du zutun hast?" Ich schaue sie fragend an. „Ich habe Johnny nur angezeigt, weil ich eifersüchtig auf ihn war. Er hat mich betrogen und ich wollte ihm eins reindrücken. Er hat noch nie was mit Drogen zutun gehabt." Sagt sie locker. Ich nicke und hole die Türe heraus. „Sind 5g. Den Rest bekommst du, sobald ich weiß das alles glatt lief. Mit großen Augen nimmt sie es eifrig nickend. Ich atme leicht durch und stehe auf. „Wenn das geklärt wäre" ein Türschloß unterbricht mich. „Scheiße das ist Bryan. Hinten raus." Sagt Celine leicht panisch und zieht mich auf die Terasse. „Kletter über den Zaun dahinten, folg der Straße und dann rechts." Sagt sie bevor sie die Tür schließt. Schnell befolge ich den Rat und klettere über den Zaun. So untalentiert wie ich natürlich bin, falle ich halb von ihm und lande mit meiner Hand in einem Glasscherbenhaufen. So gut wie möglich unterdrücke ich den Aufschrei und beiße auf meine Unterlippe. Ein stechender Schmerz breitet sich aus. Tränen steigen langsam auf. Ich beiße fest meine Zähne zusammen und atme tief durch. In meiner Handfläche steckt eine große Glasscherbe. Blut rinnt über sie. Fuck. Ich atme ich noch einmal tief durch, bevor ich sie mit einem Ruck raus reiße und fallen lasse. Mein Atem verschnellert sich und ich zitter leicht. Ich muss hier weg. Ich lege meine Hand auf die Wunde und laufe los.

Der Schein trügt | Johnny Diggson FF [Überarbeitet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt