Kapitel 6

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„Ich fühle mich so schlecht Ozai. Das wird mir alles zu viel! Unser Sohn leidet noch immer an ihren Verlust. Auch nach acht Jahren hat Zuko Katara nicht hinter sich gelassen. Oft geht er zum Teich, wo sie früher gemeinsam gespielt haben und trauert um sie. Dabei lebt sie noch!"

Als ich das hörte, hielt ich erschrocken den Atem an. Das kann nicht sein! Unmöglich!
Ohne darüber nachzudenken, riss ich die Tür auf und betrat das Zimmer meiner Eltern.
Beide starrten mich entgeistert an. Sogar Vater hatte für einen kurzen Augenblick seine gleichgültige Maske fallen gelassen.
"Ist das wahr?", fragte ich mit zittriger Stimme, "lebt Katara noch?" Bedrücktes Schweigen.
Plötzlich überkam mich eine ungeheure Wut. "Antwortet!", brüllte ich.
Mutter fing zu weinen an und setzte sich auf einen Sessel. Vater hatte sich inzwischen wieder unter Kontrolle und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Wir können dir alles erklären. Setz dich bitte."
Energisch schüttelte ich den Kopf. Ich war viel zu aufgewühlt, um mich jetzt zu setzen. "Ist sie noch am Leben? Ja oder nein?!"
Es war das erste Mal, dass ich so mit Vater sprach. Ich konnte ihm ansehen, dass er nicht begeistert davon war. „Ja Zuko. Katara lebt noch."
Eine grosse Last fiel von meinen Schultern. Ich spürte, wie mein Herz leichter und meine Knie weich wurden. Den Geistern sei Dank!
Gleichzeitig erfasste mich wieder der Zorn. Völlig ausser mir, trat ich mit dem Fuss nach einem Stuhl, welcher in der Nähe stand. Der darauffolgende Lärm, liess meine Mutter erschrocken kreischen.
"Wieso?!", rief ich, "wieso habt ihr mich angelogen! Jahrelang habe ich mir die Schuld für ihren Tod gegeben. Habe unnötig gelitten und Tränen vergossen. Dabei lebt sie noch! Weshalb um alles in der Welt, habt ihr mir das angetan?!" Meine Hände zitterten unkontrolliert, woraufhin ich sie zu Fäusten ballte. Es fiel mir schwer, Ruhe zu bewahren.
"Es tut mir leid Zuko", wimmerte Mutter, "ich durfte es dir nicht verraten. Dein Vater hat es mir verboten."
Vater warf ihr einen bösen Blick zu. Dann sah er wieder zu mir. "Ich musste Katara beschützen."
"Beschützen?! Vor wem denn?", ungläubig schüttelte ich den Kopf.
„Vor dem Roten Lotus natürlich!", fuhr er mich an, „der Soldat, der euch umbringen wollte, wurde hingerichtet. Mit ihm verschwand auch das Wissen über Kataras Wohlbefinden. Wir täuschten ihren Tod vor. Dadurch hörte der Rote Lotus auf, sie zu jagen. Um den Schwindel nicht auffliegen zu lassen, liessen wir sie an einem sicheren Ort bringen. Ausser uns wusste niemand von dem Plan. Wir konnten keinem trauen."
Ich konnte es nicht fassen. "Ach und mir, eurem eigenen Sohn, konntet ihr auch nicht trauen?"
„Doch, aber du warst noch zu jung und hättest es nicht verstanden", entgegnete Vater gereizt, „ausserdem hättest du sie besuchen wollen und damit den Plan gefährdet. Es war nur zu ihrem Besten."
Fassungslos raufte ich mir die Haare. "Ja, ich war jung. Aber hättet ihr es mir nicht erzählen können, als ich älter wurde. Zum Beispiel jetzt? Es kam mir nicht so vor, als hättet ihr vorgehabt, mich jemals einzuweihen."
"Wir wollten dir davon erzählt, wenn der Krieg vorbei ist", erklärte er mir, „dann kann Katara zurückkehren und den Thron im Norden besteigen."
Ich schnaubte verächtlich. "Genau du willst vom Kriegsende sprechen. Als der Anführer des Roten Lotus den Nordpol eingenommen hat, hast du nichts dagegen unternommen. Seine Armee wird Tag für Tag grösser aber du sitzt hier nur tatenlos auf deinen Thron und wartest ab, bis sie auch uns angreifen und niedermetzeln, so wie sie es mit Kataras Familie getan haben!"
Empört schnappte er nach Luft. "Hüte deine freche Zunge mein Sohn. Erkläre mir nicht, wie man einen Krieg führt!" Drohend hob er den Finger. „Du hast Glück, dass ich Mitleid mit dir habe. Wage es noch einmal, so mit mir zu sprechen und ich werde dich dafür bestrafen!"
Ich biss mir auf die Lippe. Mir war bewusst, dass ich zu weit gegangen war. Wäre ich nicht sein Sohn, hätte er mir für diesen Vorwurf wahrscheinlich die Zunge rausschneiden lassen. Trotzdem wollte ich nicht so einfach nachgeben. „Wo ist sie?"
Er strafte mich weiterhin mit einem bösartigen Blick. "Das wissen wir nicht. Sie ist vor ein paar Wochen abgehauen. Wir brachten sie nach dem Angriff zu der Schwester deiner Mutter, in einem kleinen Dorf, weit weg vom Palast, um den Spionen des Roten Lotus zu entkommen."
"Ich werde sie suchen gehen", entschied ich mit fester Stimme, "niemand wird mich davon abhalten können. Nicht einmal du, Vater."
Mutter, die uns bis jetzt schweigend zugehört hatte, mischte sich nun ein. "Du bist dort draussen nicht sicher Zuko! Der Rote Lotus wird nicht davor scheuen, den Sohn des Feuerlords zu ermorden", sie erhob sich ruckartig vom Sessel, „es ist viel zu gefährlich!"
Ich seufzte. "Ihr könnt mich nicht ewig im Palast einsperren. Ich bin alt genug, um auf mich selbst aufzupassen. Ausserdem hast du Recht. Da draussen ist es viel zu gefährlich, als dass ich Katara ganz alleine ins Verderben rennen lasse. Ich werde sie finden und hierher bringen. Danach werde ich sie vor alles und jedem beschützen, der versucht, ihr zu schaden."
Mutter entfuhr wieder ein leises Schluchzen. Ihr war klar, dass sie mich nicht davon abbringen konnte. Meine Entscheidung stand fest.
Erneut wandte ich mich Vater zu. "Ich werde morgen aufbrechen. Bitte versuch nicht, mich aufzuhalten."
„Wie du willst", er strich sich mit den Fingern über den Bart, „denk aber daran, dass ich dir nicht helfen kann, wenn dich der Rote Lotus in die Finger bekommt. Du bist auf dich alleine gestellt."
Ich nickte knapp und verbeugte mich, um ihm meine Dankbarkeit zu äussern. Daraufhin verliess ich wortlos ihre Gemächer.

Am nächsten Morgen war es soweit. Ich hatte niemandem den wahren Grund meiner Reise verraten. Nicht einmal Lu Ten. Es war besser, wenn erstmal niemand von Kataras Überleben wusste. Ansonsten würde es sich möglicherweise rumsprechen. Vater hatte nämlich Recht. Die Spione des Roten Lotus waren überall.
Den anderen erzählte ich, dass ich die Welt ausserhalb des Palastes erkundigen wollte, um einen freien Kopf zu bekommen. Angeblich sei die Idee von Onkel Iroh gewesen. Die anderen fanden das zwar merkwürdig, glaubten die Lüge aber zum Glück.
Natürlich konnte ich meine Suche nicht zu Fuss starten. Dafür nahm ich meinen Wolf namens Ghost als Begleittier. Er war ein Geschenk von Vater gewesen. Sie stammten aus dem Norden und waren äusserst gross und stark. Anders als die meisten Tiere, waren sie reinrassig und daher sehr selten. Oft besassen sie nur adlige Familien und galten als Zeichen der Macht.
Ich band gerade meine Vorräte an den Sattel des Wolfes, als Mutter sich zu uns gesellte. Sie lächelte zwar, jedoch konnte ich ihr ansehen, dass sie mit den Tränen kämpfte. Traurig streichelte sie Ghost's schwarzes Fell. „Pass gut auf Zuko auf, hm?"
Als hätte der Wolf verstanden, stupste er mich mit seiner feuchten Schnauze an und wackelte mit den Ohren.
Ich rollte mit den Augen und nahm meine Doppelschwerter hervor, um sie in die Schwertscheiden, an den Gürtel zu befestigen.
Als ich bereit für den Ritt war, sah ich Mutter stumm an. Ich wollte keine Zeit verlieren und endlich aufbrechen.
Nun kamen ihr doch die Tränen und sie umarmte mich stürmisch. „Pass gut auf dich auf und verhalte dich unauffällig. Wenn dir etwas zustösst, würde ich mir das niemals verzeihen können!"
„Es wird schon nichts passieren Mutter", versuchte ich sie zu beruhigen, „ich werde bald wieder zurückkehren. Hoffentlich mit Katara an meiner Seite." Nachdenklich sah ich zu den Mauern, die mich von der Welt da draussen trennten.
„Schreib hin und wieder einen Brief, damit ich weiß, dass du wohlauf bist", bat sie mich und gab mir zum Abschied einen Kuss auf die Wange.
Ich seufzte. „Ja Mutter." Mit einem eleganten Schwung setzte ich mich auf den Sattel und nahm die Zügel in die Hand. Auf Anweisung lief Ghost im gleichmässigen Trab los.
Noch ein letztes Mal sah ich zurück. Mutter lächelte wehmütig. Weiter hinten konnte ich Azula, Iroh und Lu Ten erkennen. Sie winkten mir zum Abschied.
Ich drehte mich wieder nach vorne und kurze Zeit später durchquerte ich die grossen Tore.
Zum ersten Mal seit Jahren hatte ich wieder Hoffnung. Katara, ich komme!

Secret Love | Zutara FanfictionWhere stories live. Discover now