Kapitel 6 - Toni

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Das Schloss ist von außen sehr beeindruckend. Es hat etwas von einem Amphitheater. Viele offene Bögen führen in das Innere des Schlosses doch der offene Hauptbogen ist am Beeindruckendsten. Er wird von vier Säulen gehalten, die oben und unten mit verschnörkelten Verzierungen versehen sind und eine Art Dach tragen. Er sieht aus wie eine offene Veranda vor dem eigentlichen Haupteingang. Bei genauerem Hinsehen, erkennt man, dass jeder der offenen Bögen zurück zum Hauptbogen führt. Im zweiten Geschoss führen auch offene Bögen rund um das Schloss und ermöglichen von innen den Zugang zu einem rund umlaufenden Balkon, welcher gleichzeitig das Dach des darunterliegenden Stockwerkes ist. Das Schloss spitzt sich so Stockwerk für Stockwerk zu, bis es in einem wunderschönen hohen Turm endet, aus welchem der Schutzschild entspringt. Ringsum das dritte Stockwerk ragen einige weitere Türme in die Höhe. Genauso wie im fünften Stockwerk. Auch das oberste Stockwerk ziert einige Türme die jedoch nicht so hoch reichen, wie die Spitze des Schlosses.

»Der Palast ist wunderschön«, sage ich zu Penelope und diese stimmt mir zu. Sie scheint jedoch mit den Gedanken woanders zu sein. Ich hoffe, dass sie nicht noch einmal auf unsere Begegnung vorhin zu sprechen kommt. Es nutzt eh nichts. Die Hochzeit ist sowieso nicht mehr aufzuhalten. Nur noch wenige Tage und ich bin eine verheiratete Frau und habe fünf Wochen Zeit mich an diesen Zustand zu gewöhnen. Auf einen Schlag wird mir bewusst, dass fünf Wochen nicht ausreichen, dass fünf Monate nicht ausreichen würden, selbst fünf Jahre wären nicht genug. Benommen setze ich mich auf eine Bank in der Nähe. Lope setzt sich neben mich.

»So toll ist der Palast nun auch nicht, dass du mir hier halb aus den Sandalen kippst.« Ich verdrehe die Augen, habe aber auch immer noch keine Lust mit Lope zu reden. Gia fehlt mir im Moment mehr als irgendwann sonst. Sie kennt mich, kennt meine Geschichte, weiß wie sie mich aufbauen kann und weiß wer ich bin.

Lope und ich sitzen noch eine Weile nebeneinander. Sie lässt mich einfach in Ruhe und dafür bin ich ihr sehr dankbar. Später bringt sie mich auf mein Zimmer und sagt mir noch, dass wir uns morgen nicht sehen werden. Der Tag ist allein der Königsfamilie vorbehalten, zu der ich nun auch bald gehören werde. Auch in dieser Nacht finde ich nur wenig Schlaf.

Der nächste Tag kommt viel zu schnell. Am Morgen weckt Faina mich und steckt mich in eine Mitternachtsblaue Toga. Meine roten Haare leuchten richtig auf dem dunklen Stoff und ich bin erstaunt, was ein bisschen Farbe so anstellen kann. Faina steckt meinen Long Bob so gut es geht nach oben und verbringt damit wieder einmal ein Wunder. Nachdem sie mit mir fertig ist, bringt sie mich hinunter in den großen Saal. Dort warten bereits Kilian und Königin Dorea auf mich. Von Kira und König Aiolos ist noch nichts zu sehen.

Als ich den Saal betrete, werden Kilians Augen kurz etwas größer und so etwas wie Emotionen flackern darin auf, doch leider viel zu kurz als dass ich sie lesen könnte. Innerhalb von Sekundenbruchteilen schaut er wieder grimmig drein. Königin Dorea kommt auf mich zu: »Toni, wie wunderschön du heute aussiehst«, sagt sie und umarmt mich kurz. Ich glaube mit ihr werde ich eine gute Schwiegermutter bekommen. Zusammen gehen wir zu Kilian hinüber und ich weiß absolut nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll. Soll ich hallo sagen? Oder lieber doch meinen Mund halten? Ich ärgere mich über mich selbst, bin ich doch sonst nicht auf den Mund gefallen. Doch sobald der Typ auch nur in meiner Nähe ist, schaltet mein Gehirn aus. Wahrscheinlich liegt es einfach nur daran, dass ich ihn heiraten werde. Wer wäre da nicht nervös? An seinem unglaublich guten Aussehen kann es jedenfalls nicht liegen.

»Na ihr zwei müsst aber auch noch ein bisschen lockerer miteinander werden«, sagt Königin Dorea und grinst dabei so seltsam. »Das ist auch der Grund«, fährt sie fort. »Warum Aiolos und ich euch den heutigen Tag für euch schenken. Eigentlich wollten wir einen Probedurchgang der Zeremonie morgen starten, aber wir haben uns entschieden, dass ihr zwei etwas Zeit miteinander haben solltet um euch besser kennenzulernen. Schließlich werdet ihr morgen heiraten.« Ich bin zu geschockt von ihrer Aussage um etwas zu sagen. »Kannst du vergessen«, sagt Kilian in einem Ton, der erahnen lässt, was er von dieser Idee hält. Doreas Augenbrauen ziehen sich zusammen und ihre Stimme wird härter, als sie antwortet: »Kilian, reiß dich zusammen.« Doch das tut er nicht. Im Gegenteil. Er richtet sich zu voller Größe auf und sagt: »Vergiss es, Mom! Ich werde nicht den ganzen Tag mit ihr verbringen, nur weil euch das so in den Kram passt.« Seine Stimme ist verächtlich und brennt wie Nadelstiche auf meiner Haut. Es erinnert mich, an sein Gespräch mit seinem Vater und zeigt mir einmal mehr deutlich was Kilian von mir hält: Nämlich absolut nichts. Für ihn bin ich weniger wert als der Dreck unter seinen Füßen. Und das tut weh. Mehr als ich gedacht hätte. Und es zeigt mir, dass mein Leben mit ihm die Hölle werden würde. Er hatte Recht als er sagte, dass er die Macht darüber hat, wie mein zukünftiges Leben hier aussehen würde.

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