Kapitel 7 - Killian

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Toni sieht verwirrt aus und scheint nur mit Mühe unserem Gespräch folgen zu können. Sie hat die Augenbrauen zusammengezogen und grübelt vor sich hin.

»Dieser Fluch ist doch Schwachsinn«, meint Remo und scheint wirklich wütend zu sein.

»Nur weil in Atlantis ab und zu die Erde bebt, heißt es noch lange nicht, dass es einen Fluch gibt.« Belustigt schüttelt er den Kopf.

»Die Erde bebt nicht nur ab und zu«, wirft mein Vater ein und schaut Remo finster an. »Die Beben werden schlimmer und der Schutzschild wird von Mal zu Mal schwächer. Wir haben bald das gesamte Atoll verloren. Mit jedem Mal sterben Bewohner von Atlantis oder verlieren ihr Zuhause. Wir müssen alle Möglichkeiten erwägen.«

»Wie ihr meint, Majestät«, erwidert Remo und gibt sich geschlagen, doch sein Gesichtsausdruck ist so finster, dass ich mich automatisch frage, ob nicht er hinter den Verrätern steht. Doch schnell verwerfe ich den Gedanken wieder. Mein Onkel ist manchmal etwas seltsam aber er steht hinter seiner Schwester, der Königin. Und auch ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm, genauso wie Kira.

»Ich denke wir sollten diese Diskussion vertagen«, meldet meine Mutter sich nun zu Wort und sieht Toni dabei freundlich an. »Wir haben immerhin ein großes Ereignis zu planen.

Toni wird rot, als sich ihr die Aufmerksamkeit wieder zuwendet, was ich wirklich niedlich finde. Aber solche Gedanken will ich nicht haben. Ich will sie nicht niedlich finden. Für mein Volk muss ich stark sein. Ich hab es geschafft sie davon zu überzeugen mich zu heiraten, dennoch darf ich mich nicht in irgendwelche Schwärmereien verlieren. Unsere Ehe ist und bleibt eine Zweckehe. Tiefere Gefühle haben da nichts zu suchen. Das ist einfach zu gefährlich. Für mich genauso wie für Toni.

»Da der große Tag schon morgen ist, haben Aiolos und ich entschieden, dass wir nun doch den Probedurchgang starten wollen. Deswegen bitte ich euch alle, sich in einer halben Stunde in der Kapelle einzufinden.«

Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. Warum waren sie sich so sicher, dass Toni doch noch einwilligt? Was wollen sie mit dieser Probe bezwecken? Als ob die Hochzeit nicht schon reichen würde. Toni bei der Anprobe in ihrem Hochzeitskleid zu sehen, hat schon ungewollte Gefühle in mir ausgelöst. Ich musste den Raum verlassen um sie nicht in dem Moment zu entführen und irgendwo hinzubringen, wo sie niemand jemals finden würde. Sie nun schon zur Probe zu heiraten kommt einer Folter gleich. Sowas können sich auch nur meine Eltern einfallen lassen. Aber ich bin ja selbst schuld, hätte ich heute Morgen nicht so einen Aufstand gemacht, wäre ich jetzt irgendwo mit Toni unterwegs. Die Erinnerung an heute Morgen beschwört wieder die Panik in mir herauf, die ich zu dem Zeitpunkt fühlte. Einen ganzen Tag mit Toni, ohne Gefühle zu zulassen und damit beschäftigt Toni auf Abstand zu halten, erschien mir unmöglich. Die Angst mich zu verlieben und meine Pflichten zu vergessen, schnürte mir die Kehle zu. Das meine Worte von Toni anders aufgefasst werden könnten, war mir nicht klar. Daher war ich geschockt, als Toni an diesem Morgen ihre Entscheidung gegen mich fällte. Wie sie ging, stolz ihr Kinn reckte und trotz der Tränen die sie nicht verbergen konnte, aufrecht in ihr Zimmer ging, werde ich nicht vergessen. Ihre Stärke beeindruckte mich. Genau so muss eine Königin sein. Ich gab meiner Mutter die Schuld an Tonis Entscheidung, auch wenn ich wusste, dass es meine eigene Schuld war. Ich musste sie einfach von diesem Wahnsinn abbringen. Vater hätte sie niemals getötet, das weiß ich, aber es hätte Atlantis geschadet und das wäre meine Schuld gewesen.

Die Stimme meiner Mutter holt mich in die Gegenwart zurück.

»Toni, du kommst bitte mit mir«, sagt sie und verlässt mit Toni den Raum. Ich kann nicht anders als ihr und meiner Mutter hinterher zu starren. Eigentlich habe ich mir vorgenommen netter zu Toni zu sein, doch es fällt mir schwer nett zu sein, weil sie dann auch nett zu mir ist und ich Gefahr laufe Gefühle zulassen zu müssen. Ich würde mich mit ihr unterhalten müssen, was nur dazu führen würde, dass wir uns richtig kennen lernen. Was wiederum dazu führen würde, Symphatien zu entwickeln und diese führten dann unweigerlich zu tieferen Gefühlen. Welche mich schwach machen würden.

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