59. Kapitel

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Kayden's P.O.V

Erschöpft drückte ich mich näher an Lily, welche mich in ihren Armen hielt. Das heute in der Schule hatte sie mal wieder völlig aus der Fassung gebracht und geschockt.

Mich natürlich genauso. Ich hatte definitiv nicht damit gerechnet, dass ich heute in eine kleine Abstellkammer gesperrt werde.

Ja, ich hatte totale Platzangst. Was ich natürlich auch wieder meinen Pflegeeltern zu verdanken hatte.

Sie hatten mich oft in meinen Schrank gesperrt. Welcher so klein war, dass meine Knie sich bis unter meine Arme gedrückt hatten. Stundenlang hatten sie mich dort sitzen lassen. Sie hatten das immer gemacht, wenn ich ihrer Meinung nach etwas falsches getan hatte.

Ich dachte viel zu sehr an diese schreckliche Zeit zurück und bekam die Bilder gar nicht mehr aus dem Kopf. Augenblicklich stemmte ich mich nach oben und setzte mich auf. Überfordert rieb ich mir über meine Augen und versuchte so irgendwie, die Bilder aus meinen Augen zu vertreiben. Nur leider funktionierte das nicht und erneut stieg Panik in mir auf.

Dieser unglaublich kleine Schrank.

Mein Hals schnürte sich zu und mein Bauch tat sofort wieder weh. Nie hatte ich dort richtig Luft bekommen. Genauso wie jetzt auch nicht.

"Kayden", hörte ich ihre besorgte Stimme neben mir. Sie hatte sich ebenfalls aufgerichtet und rieb mir sanft über meinen Rücken.

"Denkst du an deine Pflegefamilie?", fragte sie mich vorsichtig.
Sofort nickte ich und ich hatte ihre verärgerten Gesichter direkt vor meinen Augen. Als hätte ich wieder etwas falsch gemacht und sie würden mich gleich von Lily wegzerren und in den Schrank sperren.

Bitte nicht.

Tränen entkamen meinen Augen und mein Herz pochte wie wild gegen meine Brust.

"Leg' dich wieder hin", meinte nun Lily.

Ich hörte auf das kleine Mädchen neben mir und ließ mich von ihr sanft nach hinten drücken. Sie breitete ihre Decke über uns aus und kuschelte sich dann federleicht an mich. Lily gab mir einen liebevollen Kuss auf meine linke Wange und gleich darauf fuhren ihre Finger über meinen Bauch.

Kleine Schmetterling erwachten in meinem Bauch und meine Schmerzen vergingen langsam. Meine Verliebtheit zu Lily und ihre sanften Berührungen konnten mich oft in die Realität zurückholen. Wofür ich ihr mehr als nur dankbar war.

Es war nicht so, dass ich jedesmal an meine Mutter denken musste, wenn sie mir über den Bauch fuhr. Aber es war für mich immer ein angenehmes und vertrautes Gefühl gewesen, was mich nach all den Jahren immer noch beruhigen konnte.

"Danke", hauchte ich mit zitternder Stimme.

Lily lächelte leicht und schmiegte sich dann näher an mich. Ich schlang einen Arm um sie und zog sie dann wieder näher an mich. Einerseits war ich so froh dieses Mädchen bei mir zu haben, andererseits hatte ich solch' eine Angst um sie. Wegen mir wurde sie schon angeschossen. Gott, wegen mir war sie schon in diesem Haus!

Erneut verkrampfte sich alles in mir und ich wollte eigentlich aufstehen und mich verziehen. Ich wollte alleine sein. Sie war ja eh nicht sicher bei mir.

"I-Ich..brauch' etwas Ruhe", stammelte ich und wollte von ihr weg.

"Was hast du nur, Kayden?", fragte sie sich mehr selbst als mich.

Es tat mir so leid, dass ich in ihr Leben getreten war. Am liebsten würde ich es für sie rückgängig machen. Hauptsache ich konnte sie dadurch irgendwie beschützen. Nur leider ging das nicht mehr.

"Tschuldigung", nuschelte ich verletzt.

Sie verzweifelte mit mir. Wer würde das nicht tun? Ich war einfach nicht leicht zu ertragen.

"Nein. Du brauchst dich für nicht's entschuldigen. Ich glaube nur nicht, dass es dir jetzt gut tut, wenn du alleine bist. Lass mich dir einmal helfen", meinte sie und fuhr mir weiterhin über meinen Bauch.

Ich nickte. Ich war einverstanden damit.

Lily fing an zu grinsen und meinte dann begeistert:"Komm lass uns nach unten gehen und im Garten mit Nero spielen. Das wird lustig."

Also folgte ich ihr bis in den Garten und setzte mich dort ins weiche Gras.
Nero war eh schon draußen gewesen und hatte versucht sich Wolli etwas zu nähern. Es hatte sich nämliche herausgestellt, dass die deutsche Dogge Angst vor so einer kleinen, aber mürrischen Katze hatte.

Trotzdem irgendwie verständlich. Ich würde mich auch nicht mit Wolli anlegen wollen.

"Ach Nero, wo hast du denn wieder deinen Ball abgelegt?", seufzte Lily.
Nero guckte sie ganz unschuldig mit seinen riesigen Glubschaugen an, was Lily auch sofort bemerkte.

"Bin gleich wieder da. Ich wette er liegt bei Leo im Zimmer", meinte Lily und ließ mich im Garten mit Nero alleine.

Nero drückte sich an mich und schnupperte mein Gesicht ab. Sofort drückte ich ihn von mir weg und stand schnell auf. Mir gefiel diese Nähe zu Nero nicht. Ich fühlte mich nur schuldig, wenn ich Nero mochte.

Schuldig gegenüber meinem alten Hund. Tatsächlich hatten mir meine Pflegeeltern, als sie mich aufgenommen hatten, einen Hund geschenkt. Sofort hatte ich diesen verrückten Kerl in mein Herz geschlossen. Gegenüber meiner neuen "Familie" war ich anfangs sehr schüchtern gewesen. Doch mein Hund Pudding hatte mir das Leben dort am Anfang leichter gemacht.

Er war durchgehend an meiner Seite. Und auch bei ihm bereute ich es, dass er mich hatte. Denn ich hatte es leider viel zu spät erst gemerkt, warum sie mir Pudding geschenkt hatten.

Sie taten mir damit weh. Sie drohten mir mit ihm. Sie taten meinem Hund weh und ich durfte dabei zusehen. Ich war schon als 10jähriger Junge komplett am Ende gewesen.

Ich vermisste meinen Begleiter. Denn er hatte es irgendwann nach Jahren nicht mehr geschafft. Sie hatten ihn erschossen und verbluten lassen, während ich versuchte, es irgendwie aufzuhalten.

Viel zu sehr dachte ich an diese schlimme Zeit zurück und fiel auf einmal zu Boden. Tränen entkamen meinen Augen und ich spürte das weiche Gras unter mir.

Ich wollte zu Pudding.

Ich wollte zu Pudding

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Eure
Melli♡

Kayden #goldawards2020Where stories live. Discover now