Chapter 93

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(Bild: Kleines Dorf)

Alexander Malfoy P.o.V.:

Es gibt unzählige Arten von Beerdigungen. Die im kleinen Kreis der Familie; die mit einer ganzen Kleinstadt um ein einzelnes Grab gedrängt. Menschen mit den unterschiedlichsten Leben trauern, weinen, halten sich aneinander fest. Die Luft ist schwer und die keiner scheint richtig atmen zu können mit dem tonnenschweren Gewicht auf den Schulter, der mit dem Verlust eines geliebten Menschen einhergeht.
Dennoch gibt es nur eine schlimmere Art von Beerdigung:
Die, zu der keiner kommt. Bei der keiner Blumen auf den Sarg wirft und niemand dem Pfarrer für die schöne Zeremonie dankt. Die, bei der der Verstorbene einfach in Vergessenheit gerät, just in dem Moment, in dem er stirbt.

Vielleicht hätte Selena es ertragen, weinende Angehörige zu sehen. Doch was sie ganz sicher nie vergessen wird, ist, wie der Pfarrer, der kaum so laut spricht, damit es verständlich ist, mit einer hastigen und gleichzeitig schleppenden Stimme "Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub." und ein letztes knappes Gebet herunterrattert, keine Sekunde später den Männern vom Bestattungsinstitut zunickt und mit wehender Robe zurück in die Sakristei der Kirche eilt. Auf dem Weg zückt er eine Taschenuhr, ehe er mit noch schnelleren Schritten durch die alte und quietschende Holztür verschwindet.

Ich war noch nie auf einer Beerdigung der Muggel, doch ich habe nagende das Gefühl, dass eine solche normalerweise mit mehr ... Ehrfurcht abgehalten wird. Mit mehr Trauer und Mitleid, vor allem, weil Francis Taylor gerade einmal 52 Jahre als wurde.

Neben mir steht Selena vollkommen still da. Sie starrt zu den beiden Männern herüber, die mit jedem Spatenhieb ein widerhallendes Klong auslösen, sobald die Erde auf den Holzsarg trifft.
"Das soll es gewesen sein?", frägt sie mich, ihre Stimme gerade noch ein Flüstern.
Ich umgreife ihre Hand fester und drücke sie dreimal, einem plötzlichen Gedanken folgend. Sie muss jetzt noch keine Worte der Ablenkung hören, dafür braucht sie noch ein bisschen, um das eben Geschehene zu verarbeiten.
Als Antwort greift Sela meine Hand ebenfalls fester; und die nächste halbe Stunde stehen wir am Rande des Friedhofes unter dem Tarnumhang und sehen den Männern bei ihrer Arbeit zu. Dabei werden die sterblichen Überreste von Francis Taylor immer weiter verschüttet. Als Selena hauptsächlich durch die frühlingshaften Temperaturen und die fehlende Bewegung zu zittern beginnt, trete ich hinter sie und ziehe sie an meine Brust. Ihr Kopf lehnt an meinem Schlüsselbein und meine Hände liegen auf ihrem Bauch, sodass ich ihre abgehackte Atmung spüre. Schuldgefühle steigen wieder in mir auf. Wieso war ich in jener Nacht nicht bei ihr, um sie vor Adalar zu beschützen? Ich habe eine Aufgabe - und die habe ich gründlich vermasselt!

"Ich bin bereit.", sind die nächsten Worte, die Selena an mich richtet. Ihr Blick ist gefasst und entschlossen. Aber wie könnte sie jetzt schon verarbeitet haben, was in den letzten Tagen passiert war?

Ich löse meine Hände und lege stattdessen den Arm um ihre Taille. So führe ich sie bedächtig in Richtung der heruntergekommenen Toilette auf der Rückseite des Kirchengebäudes, weg von dem inzwischen aufgeschütteten Grab. Ein an den Ecken demoliertes, handflächengroßes Schild weist den Weg und bringt mir einen verwirrten Blick von meiner Freundin ein. Ich zucke geheimnisvoll mit den Schultern und schiebe sie in den winzigen, abgestanden und nach Putzmittel riechenden Raum.
Der Tarnumhang wird von meinen Schultern gezogen und ich fahre mir durch die etwas verwüsteten Haare. Auch Selena richtet ihr Haar, das heute mit einer Klammer verziert ist, welche die vorderen Strähnen auf ihrem Hinterkopf festpinnt.

"Das nennst du genial und schön?" Wir stehen nah beieinander und Sela sieht mit einem schwachen Lächeln zweifelnd zu mir auf. Ich drehe gemächlich den Schlüssel im Schloss anstatt sofort zu antworten.
Erst als ich mich wieder Selena zugewandt habe, ergreife ich das Wort:"Das Geniale kommt jetzt. Das Schöne in etwa zehn Minuten."
Selena hebt die Augenbrauen und folgt jeder meiner Bewegungen, als ich meinen Zauberstab aus der Papiertasche, die an meinem linken kleinen Finger baumelt, hervorziehe.
"Halt still.", murmle ich, vollkommen auf mein Vorhaben konzentriert. Sela nimmt einen tiefen Atemzug als ich den Zauberstab auf die erste Haarsträhne richte und ihr klar wird, was ich vorhabe.
"Ach, Alec", flüstert sie, während sie die Arme um ihren Körper schlingt. "Wie soll das denn funktionieren? Nur weil ich plötzlich blond bin, heißt das nicht, dass wir händchenhaltend durch London spazieren können!"

𝐁𝐥𝐚𝐜𝐤 𝐓𝐰𝐢𝐧𝐬 (ʰᵃʳʳʸ ᵖᵒᵗᵗᵉʳ/ʳᵘᵐᵗʳᵉⁱᵇᵉʳ ᶠᶠ)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt