Die Treppe

8.5K 227 62
                                    

Dracos pov

Ich seufzte. Mein Kopf brummte. So viele Gedanken und Eindrücke schwirrten in meinem Kopf umher.
Ich versuchte mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich hatte Hermine wieder gesehen, meine Hermine, ich schwelgte in der Erinnerung wie ich sie in meinen Armen gehalten hatte... sie schien sich wohl in meiner Nähe gefühlt zu haben... und dann in der Tür so nahe zusammen gedrängt zu werden... ihre Brüste gegen meinen Brustkorb, ihre Hüfte gegen meine... da sagte ein Teil von mir allzu freudig Hallo, den ich zum Glück unter meinem Umhang verstecken konnte.
Weniger freundliche Erinnerungen machten sich breit; die Blicke, das Getuschel hinter meinem Rücken. Ich grinste bei der Erinnerung an ein paar verwunderte Kommentare über meinen Karamellteint.
Im Zug wusste ich nicht wohin ich mich setzen sollte, niemand anderes hätte mich akzeptiert und zu meinen ehemaligen Slytherin "Freunden", wollte ich eigentlich auch nicht, doch es blieb mir nichts anderes übrig, wenn ich die Fahrt nicht am Klo verbringen wollte. Ich ignorierte sie den größten Teil der Fahrt, wechselte nur mit Blaise ein paar Worte.
Ich drehte mich im Bett um und klopfte das Polster zurecht.
Die neue Hausaufteilung fand ich ziemlich toll, ich war kein Slytherin mehr und ich war so nahe bei Hermine, sie schlief keine 30 Meter von mir entfernt! Der Gedanke ließ meinen Körper kribbeln und mein Puls verdoppelte sich, toll jetzt konnte ich wirklich nicht mehr schlafen.
Ich setzte mich auf und schwang die Beine über die Bettkante. Ich zog mir meinen Umhang über den Pyjama und griff nach meinem Zauberstab, der auf dem Nachtkästchen lag. Leise schloss ich die Tür hinter mir und betrat den Gemeinschaftsraum. Der Boden knarzte unter meinen Schritten, ich blieb stehen und horchte, hatte ich jemanden geweckt? - Doch nichts. Ich steuerte auf die Polstersessel am Fenster zu und ließ mich nieder. Die Nacht war klar und Sternenübersät, eine Weile saß ich so da und ließ mich von meinen Gedanken treiben, bis ich in mir den Wunsch spürte den Sternen noch näher zu sein, an der frischen Luft. Ich trat an das Fenster und versuchte es zu öffnen, keine Chance, es war kein Öffnung vorgesehen, vielleicht um gestresste Schüler nicht zu verlocken...
Ratlos schaute ich mich um, als mir die geheimnisvolle Treppe neben dem Gemälde auffiel. Wohin geht eine Treppe wenn man schon am Dachboden ist? Ich hatte so eine Vermutung, dass sie mich meinem Ziel näherbringen würde.
"Lumos", flüsterte ich und betrat die Treppe, eine Staubschicht lag auf ihr, keine Fußabdrücke. Im Licht meines Zauberstabes, leuchteten vorbeischwebende Staubkörner wie eigene Galaxien auf. Die Treppe machte zwei Biegungen, dann stieß ich mit dem Kopf fast an eine Falltür. Ich fluchte und wischte mir eine Spinnwebe aus den Haaren. Ich drückte dagegen und sie schwang nach außen auf und knallte auf das Dach. Ich hiefte mich hinaus und war baff.
Der ganze weite Sternenhimmel tat sich über mir auf. Der kalte Wind erfasste meine Haare und ließ mich frösteln. Ein jähes Gefühl der Unendlichkeit erfasste mich. Ich atmete tief ein und fühlte mich unglaublich lebendig. Erst dann sah ich mich richtig um. Mitten auf dem Dachgiebel hatte jemand eine kleine Plattform mit niedrigem Geländer gezaubert, so dass man entspannt den Himmel beobachten konnte, ohne Angst haben zu müssen hinunter zu fallen. Ich zauberte mir ein Kissen und eine Decke herbei und legte mich auf den Rücken. Ich wünschte mir diesen Moment für immer in mein Gedächtnis zu brennen, mich immer daran zu erinnern wie lebendig ich bin. Ich hatte Lust den Himmel zu malen, doch ich spürte erst jetzt wie müde ich war, ein anderes mal... dachte ich, dann driftete ich in einen sanften Schlaf.

Hermine lag über mir und ihre Haare kitzelten mich im Gesicht. Sie lächelte, "Hey Schatz", flüsterte sie und machte anstalten mich zu küssen, ich richtete mich auf um ihr entgegen zu kommen und - erwachte.

Im ersten Moment war ich komplett orientierungslos. Wo war Hermine? Wo war ich? Der Wind bließ mir meine Haare ins Gesicht und kitzelte mich. Schläfrig rieb ich meine Augen. "WOOAH!" Ich ich war überwältigt. Der ganze Himmel war in Rosa, violett und Orangetöne gemalt, der See unter mir blendete mich, als die Sonne gerade gegenüber über den Schottischen Bergen aufging und die ganze Umgebung erst einen silbrigen Glanz bekam und dann langsam in goldenes Licht getaucht wurde. Die Vögel um mich herum fingen ihr allmorgendliches Konzert an und ich fühlte mich als wollte ich mit voller Brust einstimmen, doch ich beließ es dabei den stillen Zuhörer und nicht den Hahn zu machen. Eine Weile saß ich noch so da, dann ließ ich meine Decke und das Kissen verschwinden und machte mich auf zurück in mein Bett, eine Stunde konnte ich noch schlafen. Niemand schien meine Abwesenheit bemerkt zu haben.

Hermines pov

Auch Hermine konnte nicht so gut schlafen, gerade als sie angefangen hatte zu träumen, hatte sie ein Knarren vor der Tür aus dem Schlaf gerissen. Irgendwie war sie noch immer in alarmbereitschafft, auch wenn Voldemort nun schon seit einem Jahr tot war. Sie zog sich ihren Morgenmantel über und umklammerte ihren Zauberstab. Zögernd öffnete sie die Tür und sah sich um, gerade noch konnte sie sehen wie jemand neben dem Gemälde der Nymphe verschwand. "Die Treppe!" Erkannte sie und schlich darauf zu. Im Staub konnte sie die Abdrücke von nackten Füßen erkennen. Erleichterung machte sich in ihr breit. Kein Voldemort oder Todesser lief barfuß herum, richtig? Neugierig war sie trotzdem und folgte dem Treppenverlauf nach oben. Sie steckte den Kopf heraus und war ebenso wie Draco von dem Sternenhimmel überwältigt. Leise kletterte sie ganz hinaus. Auf dem Boden schlafend fand sie Draco, seine Haare glänzten unverkennbar silbern im Sternenlicht, sein Mund krümmte sich noch zu einem leichten lächeln, das ihr Herz erwärmte, sie wollte ihn. Sie setzte sich neben ihn und rief sich selbst eine Decke herbei und kuschelte sich hinein, wohl bedacht ihn nicht zu wecken. Eine Weile saß sie da und betrachtete die Sterne, rief sich ihre Namen und Sternbilder ins Gedächtnis, bis sie so müde wurde, dass sie sich neben ihn legte. Ein nackter Fuß lugte unter der Decke hervor, den sie liebevoll wieder bedeckte.
In der Dämmerung wachte sie auf und schlich sich davon, nicht ohne Draco auf die Wange zu küssen, dann floh sie die Treppe hinab und in ihr Bett. War das richtig ihre Gefühle  wieder aufleben zu lassen? Sollte sie sich nicht auf das lernen konzentrieren? Nein, dachte sie entschlossen, das war ihr schon im Sommer klar geworden, nicht noch ein Jahr als Streberin. Natürlich würde sie nur gute Noten schreiben aber sie würde sich auch etwas Spaß erlauben. Außerdem schienen sie sich jetzt ja ganz gut heimlich sehen zu können. Würde er noch im Kerker wohnen und sie im Turm, wäre das schwierig geworden. Lächelnd nickte sie noch mal ein.


_______________________________________

Welche Momente geben euch das Gefühl so richtig am Leben zu sein?

Dramione - und der Raum der WünscheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt