Neuer Bikini für Mr. Wellington?

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Wir haben in wenigen Minuten endlich unsere wohlverdiente Mittagspause! Die reinste Tortur, eine Doppelstunde Geschichte gleich am zweiten Tag nach den Sommerferien zu haben. Ich denke es würde niemandem was ausmachen, wenn wir die letzten fünf Minuten weglassen würden. Es hört ja eh keiner mehr zu. Viel zu beschäftigt sind alle mit ihren Abenteuern aus den Ferien. Mein Blick schweift durch den Geschichtskurs. Meine Mitschüler sehen aus als hätte sie die Sonne geküsst, manche mehr und manche weniger. Es muss schön sein in den Urlaub zu fahren. Ich war mit dreizehn das letzte Mal im Urlaub. Mom, Dad und ich sind nach Miami gefahren. Das war eine der schönsten Erinnerungen die besaß. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, wenn ich daran zurückdenke.

Erst als mir der Autounfall meines Vaters, wenige Monate später ins Gedächtnis kommt höre ich wieder auf. Mein Vater ist nun schon vier Jahre nicht mehr bei uns. Es war schrecklich für mich und meine Mutter. Monatelang waren wir nur Schatten unserer selbst. Erst schienen wir es nicht zu verkraften doch nach und nach verging die Zeit und mir ging es besser. Natürlich gibt es keinen Tag an dem ich meinen Vater nicht vermisse. Er fehlt mir wirklich sehr aber einer von uns musste den Anfang machen und ich wusste das ich diejenige Erste sein sollte. Dank der Hilfe von Dave, der Arbeitskollege meines Vaters und guter Freund der Familie, schaffte es dann auch meine Mutter einen großen Schritt ins neue Leben zu wagen.

Nicht ganz ein Jahr später kam ich nichts ahnend nachhause und meine Mutter beichtete mir das sie und Dave seit einen Monat miteinander gingen. Es war ein Schock.
Ich streite es nicht ab die ersten Monate mich wie ein pubertierendes Mädchen verhalten zu haben.
Letztendlich war ich ja auch eins...
Mir passte es einfach nicht das meine Mutter nach so kurzer Zeit schon einen Ersatz gefunden hatte. Als die beiden mir nach weiteren Monaten dann auch noch gesagt haben das sie heiraten und wir zu Dave in sein kleines Einfamilienhaus ziehen, war ich wieder ganz unten. Meine Mutter erklärte mir zwar, dass niemand meinen Vater ersetzen könnte und sie ihn immer noch über alles liebte aber wie sollte ich ihr das glauben? Zum Glück hatte ich damals schon meine beste Freundin Grace, die mir bei allem zur Seite gestanden und mir halt geben konnte. Sie brachte mich auch dazu alles aus der Sicht meiner Mutter zu sehen. Wie schwer es eigentlich alles für sie war. Dass du nach so vielen Jahren nicht mehr alleine sein möchtest und obwohl ich für sie da war, etwas fehlt. Meine Mutter fühlte sich einsam und dann verstand ich es ein bisschen mehr. Ich riss mich also zusammen und gab Dave die Chance zu zeigen, dass es kein Fehler war ihn in unser Leben zu lassen. Wie es sich herausstellte war Dave gar nicht so übel. Auch wenn ich Zeit brauchte um mich an alles zu gewöhnen. Mittlerweile, sind Dave und ich ein eingespieltes Team und das können wir auch gut gegen meine Mutter einsetzen.

"Beth? Hörst du mir überhaupt noch zu?" Reißt mich eine Stimme aus den Gedanken. Ich sehe nach links und entdecke Grace mit erhobenen Augenbrauen auf eine Antwort warten. "Wie bitte? Ich war gerade in Gedanken." Frage ich noch einmal nach. Sie lehnt sich nach hinten, gegen ihren Stuhl und gibt ein genervtes Stöhnen von sich. "Wann bist du das nicht, Beth." Antwortet sie mir schließlich. Ich beiße mit auf die Unterlippe. "Tut mir leid ich hab' gerade überlegt, wann-".  - "Haben mir die Damen da hinten etwas mitzuteilen?" Fragt unser grimmiger Lehrer Mr. Wellington. Grace und ich blicken nach vorne und bemerken, dass wir gemeint sind. Während ich langsam meinen Stuhl runterrutsche und meine Wangen eine gefährlich rote Farbe annehmen, seufzt Grace nur. "Wenn sie wissen wollen was für einen Bikini ich mir gestern geholt habe, gerne." Ruft sie dann. Mr. Wellington räuspert sich kurz und sieht sich unsicher um. "Nun gut, machen wir weiter." Alle fangen an zu schmunzeln als unser Lehrer wieder in sein Buch guckt. "Ich erzähl es dir in der Pause nochmal." Flüstert sie mir dann zu. Ich nicke nur und sehe ebenfalls zurück ins Geschichtsbuch.

Endlich werden unsere Wünsche erhört und es klingelt. Mein nächster Kurs ist im selben Raum von daher stehe ich einfach auf und warte bis Grace zusammengepackt hat um den Raum zu verlassen. Kurz nachdem wir raus sind bleibe ich ruckartig stehen. "Ich hab' mein Geld vergessen. Geh du vor und kauf mir mein Sandwich, ja?" Bitte ich meine beste Freundin. Sie nickt und geht weiter. Meine Hand legt sich gerade auf den Türgriff um die Tür zu öffnen als sie von innen aufgerissen wird. Leider kann ich nicht rechtzeitig loslassen und knalle mit zusammengekniffenen Augen gegen einen harten Körper. Als ich aufsehe, schießt erneut Röte in mein Gesicht. "Äh, tut mir leid, ich wollte nicht-" Weiter komme ich nicht da schiebt Jayden Wrieth mich mit einem kurzen schnauben zur Seite um seinen geplanten Weg fortzusetzen. Ich starre ihm kurz hinterher. War klar, dass es ausgerechnet mir passieren muss. So ist es doch immer. Mir passiert immer etwas Peinliches und total Bescheuertes. Dass ist schon von Geburt an so, wenn man den ganzen Videos und Fotoalben meiner Familie glaubt.

Kann so etwas nicht mal jemanden wie Holly passieren?

Holly ist einer der beliebtesten Mädchen auf meiner Schule. Von Nettigkeit oder generell ein wenig Menschlichkeit fehlt jedoch jede Spur. Jeder hat dieses eine Mädchen auf der Schule. Alle vergöttern sie oder wollen sein wie sie nur weil ihre Eltern ihr etwas zu viel Taschengeld zustecken. Sie ist kein guter Mensch und ohne, dass ich was dafür tun musste, bin ich ihr in den vergangenen Jahren ein Dorn im Auge geworden. Mit einem abschätzigen Blick läuft sie an mir vorbei und versucht Jayden einzuholen. Ich seufze kurz und setze meinen Weg danach zu meiner Tasche fort. Mit strafenden Blick vom Lehrer, mache ich mich mit meinem Geld aus dem Staub.

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Überarbeitet am 18.12.2018
Instagram: @Vicky_vas

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