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❄︎𝗛𝗼𝗹𝗹𝘆❄︎
Am nächsten Morgen wache ich ausgeschlafen in meinem Bett auf. Immer noch nehme ich den beruhigenden Duft von Zuhause wahr. Den Weihnachtsbaum haben sie mir dagelassen, zusammen mit den Geschenken darunter.

Ich atme ein und atme aus. Was habe ich mir gestern bitte gedacht? Dass ich all meine Schuld vergessen könnte, nur weil Weihnachten ist? Ich hatte Regeln für mich gemacht. Feste klare Regeln, die nicht gebrochen werden dürfen. Und diese Regeln habe ich nicht grundlos aufgestellt. Sie sind da, um mich zu bestrafen. Ich habe mir die Regeln doch förmlich eingehämmert, sodass ich sie jeder Zeit abrufen kann.

10. Diese Regeln gelten für alle 365 oder 366 Tage im Jahr und dürfen unter keinen Umständen gebrochen werden.

An diese Regel erinnere ich mich noch, wie als wäre es gestern gewesen. Nur habe ich am 24. Dezember das Gestern vergessen und konnte mich erst am Tag danach wieder daran erinnern. Nachdem der Schaden angerichtet war.

Du hättest dich nicht so gehen lassen dürfen. Du hättest das Loch nicht einfach  stopfen sollen für einen Tag. Du hättest Weihnachten gar nicht feiern dürfen, weil du kein Recht dazu hast. Du verdienst es einfach nicht. Du verdienst es nicht. Verdienst es nicht. Verdienst es nicht.

Ich halte mir die Ohren zu. Ich versuche der Stimme zu entkommen. Doch was, wenn man ihr nicht entwischen kann? Die Stimme ist laut. So laut und hört nicht auf.

Du hast es nicht verdient.

Ich stehe auf. Ich habe es nicht verdient. Ich habe es nicht verdient. Ich habe gar nichts verdient, ich selbstsüchtiges Wesen.

Ich hasse mich selbst mehr als je zuvor. Ich hasse es, dass ich selbstsüchtig bin und Weihnachten unbedingt feiern sollte. Ich hasse mich.

Du hast es nicht verdient.

Ich begebe mich ins Bad. Ich schaue in den Spiegel, blicke in diese großen blauen Augen, die ich einmal so geliebt habe. Doch jetzt hasse ich sie nur noch.

Ich schlage sie ein. Meine Faust trifft auf Glas. Sich spiegelndes Glas. Der Spiegel bekommt Risse. Große Risse. Sie breiten sich von der Mitte aus und ziehen sich immer weiter in alle möglichen Richtungen. Ich boxe noch einmal gegen den Spiegel und noch einmal. Ich hasse mich. Ich hasse mich. Ich hasse mich.

Beim dritten Mal fliegen Scherben durch die Luft. Sie bohren sich erbarmungslos in meine Arme und Beine. Es tut weh, aber ich genieße den Schmerz. Ich gehe in ihm auf, denn ich habe ihn verdient. Warmes Blut rinnt von überall an mir hinab. Es trifft mein Nachthemd, meine Haare, den Boden, alles.

Beim vierten Mal treffe ich die Wand. Der Spiegel ist nicht mehr da, fällt mir da ein. Ich habe ihn soeben zerstört.

Beim fünften Mal packt jemand meinen Arm. Irgendjemand. Nur ein blöder Arzt, der zufälligerweise stärker als ich ist. Ich drehe mich um. Ich atme ein und wieder aus. Wieso ist er hier? Wie ist er hineingekommen? Und wieso ist er genau dann da, wenn ich ihn nicht brauche?

《Noah?》Er nickt und greift mich nur noch fester. Sorge schwingt in seinem Blick mit.《Lass mich los, Noah.》sage ich ruhig und gefasst. Er schüttelt den Kopf.《Das kann ich nicht Holly. Du würdest dich weiter selbst verletzen.》《Lass mich los.》sage ich nun deutlicher. Abermals schüttelt er den Kopf.《Daran denke ich nichtmal.》Ich werde immer verzweifelter.《Lass mich los. Ich muss doch mich selbst.》kreische ich nun schon fast. Doch er lässt mich gar nicht zu Wort kommen.《 Du musst gar nichts Holly. Nur ruhig hier stehen bleiben und auf die anderen Ärzte warten.》erwidert dieser ruhig. Angst schwingt in seinem Blick mit.《Sie müssten jederzeit da sein.》fügt er mit Blick auf die Kameras hinzu.

Er kann mich mal. Ich trete ihm auf den Fuß und renne aus der Tür hinaus. Doch das Blut. Der Schmerz. Mein Körper. Alles in mir lässt mich im Stich. Ich bleibe stehen. Höre die lauten Schritte hinter mir. Seine Schritte. Seine Füße, die auf dem Boden auftreffen um ihn wieder zu verlassen. Er kommt auf mich zugeflogen, wie ein Engel. Oder ist er vielleicht der Teufel? In Sekundenschnelle ist er bei mir. Gerade rechtzeitig, bevor ich falle, fängt er mich auf und ein Ärzteteam stürmt den Gang entlang.

Die Welt verschwimmt vor meinem Blickfeld und meine Augen versagen ihren Dienst. Fremde Hände heben mich auf eine Trage und bringen mich irgendwo hin. Wieso können es nicht wenigstens Noahs Hände sein? Halt, nein ich will doch nichts mehr mit ihm zu tun haben. Irgendwo auf der Strecke verfalle ich in tiefe Schwärze.

《Ist sie schon wach?》Langsam öffne ich die Augen. Doch niemand  der fragen könnte, ist da. Wo bin ich? Ich versuche mich zu erinnern. Doch da ist nichts. Ich gebe meinem Kopf 10 Minuten, dann trudelt alles wieder langsam ein.

Der Spiegel, den ich zerbrach. Die Scherben, die auf mich zuflogen und der Junge, der mich festhielt. Und der Transport zur Krankenstation. Der Junge war Noah und ich hasse Noah jetzt. Ich hasse ihn fast schon mehr als mich selbst.

Ich dachte, er wäre auf meiner Seite. Ich dachte, er würde nicht wie einer von den Ärzten reagieren. Mich festhalten, sich Sorgen machen. All das hätte er nicht tun sollen. Er hätte mich mein Spiegelbild zerstören lassen sollen. Er hätte mich weiterbluten lassen und nicht versuchen sollen, mich vor mir selbst zu bewahren. Er hätte auf mich vertrauen sollen. Doch stattdessen rief er die Ärzte. Er hat mich verraten. Er hat mich enttäuscht.

Er wollte doch nur helfen. Wispert eine kleine Stimme in meinem Kopf. Das Problem ist, dass ich nicht mehr länger unterscheiden kann, wer diese Stimme ist. Engelchen oder Teufelchen? Gut oder böse?

Nein, haucht eine andere Stimme mir ins Ohr. Er hat dich davon abgehalten das Richtige zu tun. Dich zu bestrafen.
Wer von euch ist gut? Wer von euch ist der Engel? Frage ich die Stimmen in meinem Kopf. Ich, ich, ich schreien sie beide.

Sie sind so laut, dass ich mir die Ohren zuhalten muss. Doch das bringt nichts. Die Stimmen werden trotzdem nicht leiser. Sie werden nie leiser werden, wenn niemand in der Nähe ist.

Ein Vorhang bewegt sich. Er wird aufgezogen von einer männlichen Hand. Ein Kopf schiebt sich hindurch.

《Holly?》

《Noah.》

⌨︎A/N☕︎

Holly erlebt ein Auf und Ab von Emotionen, bis es ausartet und Noah, Noah versucht diese vor sich selbst zu beschützen und riskiert dabei sie zu verlieren.

Ach ja, wie sehr wir das Liebesdrama doch alle lieben.*hust, hust*

Anyways, ich hoffe ihr mögt that chapter, und könnt die Handlungen der Charaktere, vor allem Holly irgendwie nachvollziehen.

Have a nice day❤

How to liveWhere stories live. Discover now