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Hallo Mr Harson,
Ich weiß, ich gebe diese Hausaufgabe zwei Monate zu spät ab, jedoch hätten sie sonst nur eine sinnlose Antwort bekommen.
Sie haben mich einmal gefragt, was der Sinn des Lebens ist. Damals hatte ich darauf keine Antwort, außer dass es keinen Sinn hat. Jetzt jedoch denke ich anders darüber und möchte diese Gedanken nun teilen.
Ich habe mich immer gefragt, auch schon bevor der kleine Junge vor mein Auto lief, was der Sinn des Lebens ist. Für was tun wir das alles, wenn wir am Ende eines bitteren Todes sterben? Für was tun wir solche Sachen, wenn sie nach dem Tod, nach meinem Tod keinen Wert mehr haben? Hätte das Leben einen Sinn, wenn es kein Ende hätte? Doch dann würde es a) eine Überbevölkerung geben und b) ist es nicht der Sinn des Lebens zu sterben? Schätzen wir die kleinen glücklichen Momente nicht viel mehr wert, weil wir wissen, dass unser Leben ein Ende hat? Ist es nicht der Sinn des Lebens am Ende zu sagen ich habe wahrhaft gelebt? Könnten wir das überhaupt noch, wenn es kein Ende hätte? Und die Antwort auf die Frage ist Nein, wir hätten diese Fähigkeit verloren und deshalb ist es wirklich gut, dass unser Leben ein Ende hat. Nur sollten wir uns nicht selber ein Ende setzen, denn wenn wir das tun, ist der Zug abgefahren und wir können es nicht mehr rückgängig machen. Wenn wir das tun, dann haben wir nie wirklich gelebt, dann bleibt unser Sinn unerfüllt. Wir haben nur diese eine Chance und egal was passiert, wir müssen sie verdammt noch einmal ergreifen und ausleben, denn es gibt keine Zweite und das ist das, was das Leben, was mein Leben so wertvoll macht. Es ist einmaliger als etwas überhaupt einmalig sein kann und deshalb besitzt es auch den höchsten Wert, den etwas überhaupt haben kann, es ist unbezahlbar und kein Gold dieser Welt kann es ersetzen.
Hiermit bestätige ich, Holly Evans, nun endlich verstanden zu haben, dass das Leben einen Sinn hat. Es hat einen Sinn und dieser ist es sein Leben auszuleben und glücklich zu sein. Ich möchte nicht nur überlebt, sondern auch gelebt haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Holly Evans

Als ich den Brief bei Mr Harson abgebe, begegne ich Marilyn auf dem Gang. Sie fragt mich nach meinem Befinden, wie es mir geht. Ich denke nach. Ich denke lange nach und vielleicht ist es seltsam für sie mir beim Nachdenken zu zusehen, doch sie bleibt stehen. „Gut, ich sehe die ganzen verschwommenen Gestalten endlich wieder klar." Sie nickt und scheint zu erkennen, dass ich es auch so meine. „Woher kommt der Stimmungswandel?" Ich lächle. „Ich habe mir schon gedacht, dass diese Frage kommen wird. 

„Ich glaube, ich glaube, ich habe gerade begriffen, dass ich auch ohne Noah glücklich werden kann. Ich glaube, ich habe ihn und meine Vergangenheit endlich           losgelassen."

„Vermisst du ihn nicht?"

„Manchmal wünschte ich, in manchen Momenten denke ich mir, es wäre schön ihn jetzt hier zu haben. Es wäre schön diesen Moment jetzt mit ihm zu teilen. Doch er ist nicht mehr hier und das habe ich  jetzt akzeptiert."

Ich bin selbst überrascht, dass ich nicht mehr weine. Ich bin selbst überrascht den vertrauten Salzgeruch nicht mehr zu schmecken. Aber ich bin stolz auf mich. Ich glaube, ich habe es endlich begriffen. Ich glaube, ich bin endlich auf einem guten Weg.

A/N

Das ist jetzt das letzte Kapitel, dann folgt noch ein Epilog und ein Nachwort mit Danksagung<3

How to liveWhere stories live. Discover now