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NACH EINEM JAHR

Und wiedermal merkte ich wie sehr ich es eigentlich vermisst hatte in diesem Park zu sitzen. Zwar war es schon etwas kühler aber die Stimme und die leichte Belichtung der einzelnen Lampen fühlten sich so befreiend an. Nachmittags war dieser Park immer mit so vielen Menschen überfüllt aber Nachts war hier keine Menschenseele mehr. Ich hatte den ganzen Platz für mich und wirklich nur für mich.

Ich legte meine Hand auf den kalten Stein vom Brunnen und machte es mir auf diesem gemütlichen. Langsam nahm ich den Geruch des frischen Wassers vom Brunnen ein und atmete seufzend diesen wieder aus.

Als mir plötzlich die Erinnerungen wieder hochkamen musste ich leicht auflächeln.

Die Nacht als Leonardo und ich hier saßen und er mir diesen Ring an den Finger gesteckt hatte.

Die Nacht an seinem Geburtstag.

Vielleicht war ich einfach nur dumm und naiv aber ich hatte noch etwas Hoffnung. Letztes Jahr an seinem Geburtstag gab er mir das Versprechen nach einem Jahr wieder herzukommen und zusammen Kuchen zu essen. Und was machte ich? Ich kaufte ein Kuchen und saß alleine in der Dunkelheit auf derselben Stelle wie letztes Jahr.

In der Hoffnung, dass er kommen würde.

In diesem einen Jahr hörte ich rein gar nichts mehr von ihm. Kein Anruf. Kein Hallo, wie geht es dir. Kein Lebenszeichnen. Als ob er gar nicht existiert hätte und ich alles von ihm nur geträumt hätte. Doch die Leere in meinem Herzen war Beweis genug, dass er da war. Ja, er war da.

Und er hat mein Leben definitiv ziemlich durcheinander gebracht.

Aber ich konnte mich tatsächlich zusammenreißen. Es war nicht wie das erste Mal als er plötzlich aus meinem Leben verschwunden war. Ich realisierte meinen Wert und akzeptiere unser Schicksal. Zwar mit vielen Zusammenbrüchen und Tränen in den Augen aber ich schaffte es. Ich hatte mich sogar auf ein College beworben und wurde angenommen. In paar Monaten werde ich in eine andere Großstadt ziehen und ein neues Leben anfangen. Zwar habe ich Angst vor der Veränderung, vor allem da ich von meiner Familie getrennt werde, aber bei einer Sache hatte ich Glück. Jordan arbeitet nämlich in derselben Stadt und wohnt nicht weit entfernt von mir. Wenigstens würde ich dann eine Person in der Stadt kennen, damit ich nicht total alleine da stehen würde.

Als ich realisierte, dass ich schon eine halbe Stunde einfach in die Leere sah und in meinen Gedanken versunken war, riss ich mich wieder zusammen und blickte mich langsam im großen Park um.

Aber er war nicht da.

„Ich bin so armselig", sagte ich seufzend und blickte dabei auf den Kuchen, der immer noch unberührt neben mir stand.

„Dann halt mehr für mich", sagte ich schulterzuckend und griff nach der Verpackung. Ich öffnete diesen und schnitt mir mit dem Plastikmesser ein Stück. Während ich dann mein Zeichenblock und einen Stift aus meiner Tasche rausholte, stopfte ich den Kuchen in den Mund. Ich würde nur noch ein wenig warten, wobei ich dann ein wenig zeichnen könnte, dann würde ich auch wieder gehen.

So verbrachte ich die nächste Zeit einfach damit zu zeichnen und den Kuchen zu essen. Ich bemerkte nicht mal, dass ich schon eine Stunde da saß und das zeichnete, was mich innerlich am meisten sehnte. Doch als es mir dann doch zu kalt wurde, riss ich die Zeichnung aus dem Block und steckte diesen in meine Jackentasche. Mein Block und den Rest des Kuchens stopfte ich wieder in meine Tasche und stand dann vom kalten Stein auf.

BECAUSE I LOVE YOU Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt