Kapitel 24

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Trotz des Rhythmus von Astors Schritten konnte ich einige Minuten Schlaf erhaschen, bevor die Sonne wieder aufging. Er war die ganze nach durchgejoggt, als wenn er keine Erschöpfung spüren würde.

Hätte er mich nicht festgehalten wäre ich wohl einige Male von seinem Rücken gerutscht. So einfach hatte ich mich an seine Nähe gewöhnt. Bei dem Gezwitscher der Vögel um uns herum hob ich etwas widerwillig meinen Kopf von seiner Schulter.

Ich starrte auf seinen Hals.

Dort würde irgendwann meine Markierung ruhen. Meine Wölfin knurrte zustimmend und ich konnte spüren, wie sie am liebsten jetzt ihre Zähne in ihm vergraben hätte.

Als hätte Astor meine Gedanken gelesen schwenkte er mich einmal herum. Ich quiekte, als ich plötzlich in seinen Armen lag und er mich anstarrte. Anscheinend musste er selbst noch herausfinden, was er davon hielt. Ich legte meine Hand auf seine Brust. Darunter schlug sein Herz mit kräftigen Schlägen.

Ohne auch nur ein Wort zu verlieren, setzte er mich auf den Boden und blieb zum ersten Mal stehen. Ich kannte keinen einzigen Baum um uns herum und keinen Geruch, der am Waldboden klebte.

„Wie lange brauchen wir noch?", fragte ich.

„Wenn wir uns beeilen, sind wir in einer Stunde da", erwiderte Astor, der einen angestrengten Blick hinter uns warf. Ich folgte seinen Augen, doch konnte nichts entdecken oder hören. „Lass uns weiterziehen."

„Werden wir verfolgt?", flüsterte ich und zu meinem Horror nickte Astor. „Wer?"

„Ein Wolf, der versucht sich vor uns zu verstecken. Der Wind hat ihn verraten."

Als hätte er die Worte gehört, erklang lautes Geraschel in der Ferne. Er kam näher. Ich versuchte die Brise um uns herum aufzuschnappen. Es war schwach wie ein Tropfen im Ozean, doch selbst unter den hundert anderen Gerüchen erkannte ich ihn.

„Luke!"

Keine Sekunde später sprintete ein brauner Wolf durch das Unterholz auf uns zu. Er bellte einmal, als er mich sah. Seine Schnauze war in einem Hecheln geöffnet, wobei es so aussah, als hätte er ein Grinsen auf den Lippen.

„Nicht so stürmisch", sagte Astor und stellte sich vor mich. Luke bremste hastig und begann über den Boden zu schlittern. Halbwegs elegant kam er vor uns zum Stehen. Sein Schwanz wedelte aufgeregt und ich kam hinter Astor hervor. Luke bellte aufgeregt, als ich ihn hinter dem Ohr kraulte. Er hechelte und schloss die Augen.

„Na, Nervensäge?", sagte ich lachend. Lukes Wolfsmiene verdunkelte sich und in seinem Mundwinkel sammelte sich ein Knurren. Plötzlich stieß mich jemand von ihm weg.

Astor.

„Das reicht! Ich könnte dich in den Kerker schmeißen für das hier", knurrte er. „Verwandele dich."

Luke legte die Ohren an und senkte den Kopf, bevor er hinter einem der dicken Bäume verschwand. Erst jetzt sah ich die Uniform, die um sein Bein geknotet war. Ich warf einen bösen Blick auf Astor, doch er ignorierte ihn gekonnt. Er hätte es auch freundlicher sagen können.

Eine Minute später stand ein angezogener Luke vor uns mit zerwühltem Haar. Er verbeugte sich.

„Es tut mir leid, General Astor. Ich konnte nicht zusehen, wie meine Freunde ohne mich losziehen und sich in Gefahr begeben."

„Es bin nicht ich, vor dem du dich verantworten musst. Aber wenn es zurück ins Lager geht, brauchst du eine verdammt gute Erklärung für Delta Ivan", erwiderte er und ich konnte hören wie Luke schluckte. Dennoch warf ich einen dankbaren Blick zu Astor. „Und jetzt genug mit dem Gerede. Wir haben noch einige Kilometer vor uns."

Die Auserwählte des KriegersWhere stories live. Discover now