Kapitel 45

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Es war schon wieder Nacht.

Ich konnte nicht schlafen. Ich war mir nicht mehr sicher, wie viele Tage wir schon hier unten waren.

„Astor?", fragte ich und tastete von dem Oberkörper aufwärts nach seiner Schulter. Er hatte seine Generalsjacke fest um mich geschlungen, um mir wenigsten ein bisschen mehr Schutz vor der Kälte zu geben.

Wie sich wohl Solana fühlen musste...

„Hmm", brummte er.

Seine Augen waren geschlossen, doch ich wusste, dass ihn der Schlaf auch noch nicht eingeholt hatte. Er hatte kaum ein Auge zugetan, seit wir hier waren. Immer war er wachsam und beobachtete die Wächter. Er konnte mir nicht sagen, was er dachte.

Es wird alles gut, versprochen...

Ich strich über seine Schulter und legte meinen Kopf zurück auf seine Brust, unter dem das Herz kräftig auf und ab schlug. Auch wenn wir Gefangene waren, hatten wir immer genug Essen bekommen.

Ich konnte quasi spüren, wie Talon über unseren Köpfen Silberblut in den nächsten Krieg stürzte. Er wollte seine Eroberungen noch vor Ende des Jahres abgeschlossen haben. Wer sollte ihn daran hindern?

Udyr war tot, Astor und ich saßen hier unten...

Hatte er die Leiche des alten Alphas schon entsorgt? Ich hob meinen Blick zu Astor, der ruhig ein und ausatmete. Es wäre ein grausames Verbrechen, einem Toten die letzte Ehre zu verwehren. Aber grausame Verbrechen lagen dem Beta nicht fern.

Ein Schrei voller Schmerzen schrillte durch den Kerker und ich setzte mich auf vor Schock. Meine Lunge schrumpfte.

Solana.

Plötzlich saß Astor neben mir. Er drückte seine Hände auf meine Ohren, sodass ich nur noch den dumpfen Nachhall und meinen eigenen Atem hören konnte. Seine konzentrierten Augen lagen auf mir. Ich verkrampfte meine Hände in seinen Armen.

Sie mussten das arme Mädchen quälen, oder schlimmeres...

Stoßweise entwich die Luft aus meinen Lungen, als ich versuchte mich auf Astor zu fokussieren, seinen Geruch, seine Wärme, sei-

Er nahm die Hände weg und wir waren wieder in Stille eingehüllt. Ich fuhr erleichtert durch meine Haare und schluckte, als könnte das die Bilder aus meinem Kopf vertreiben.

„Was...?"

„Shh, mach dir keine Sorgen. Bald wird alles vorbei sein", flüsterte Astor und die Wärme in seinen Augen beruhigte mich ein Stück. Für meinen Kopf war es unbegreiflich, wie er in dieser Situation Hoffnung haben konnte aber mein Herz vertraute ihm unser Leben an.

Wir legten uns zurück auf den Stein, während ich mein Gesicht in Astors Hals vergrub.

„Ich liebe dich", flüsterte ich und strich mit der Nase über die Markierung. Ein Schauer lief durch seinen Körper und er presste mich fester an sich. Ich schloss die Augen.

„Ich dich auch..."

Schritte hallten in der Ferne.

Ich runzelte die Stirn.

Astor unter mir begann sich mit mir in seinen Armen zu bewegen, als wollte er mich nicht aufwecken. Mein Kopf lag noch auf seiner Schulter, während seine Hände unter meine Oberschenkel rutschten. Dann verlor ich den Boden unter den Füßen.

Etwas widerwillig öffnete ich die Augen, nur um silberne Gitterstäbe und den Stein des Kerkers zu sehen.

„Was ist los?", fragte ich und rieb mir den Schlaf aus den Augen.

Die Auserwählte des KriegersOnde histórias criam vida. Descubra agora