~28~ verdammte Scheiße!

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Ich kotze alles aus mir heraus. Meine Lüge, mein Schmerz und meine Splitter vom Herzen, bis nichts mehr kam. Es dauerte Ewigkeiten bis ich es geschafft hatte mich und mein polterndes Herz zu beruhigen und das auch nur mit dem Gedanken daran, wie ich es für einen Augenblick heilen könnte. Also zog ich mich unter der Dusche zurück, zog mir ein wirkliches knappes Kleid an und kletterte heimlich aus meinem Fenster. Es gab für mich nichts mehr, was Bestand hatte, also war mir alles egal.
Weshalb ich Stunden später keinen Überblick mehr über die Lage hatte, geschweige denn wo ich war. Alles, was für mich zählte, war die Freiheit die ich verspürte, auch wenn die Drogen oder der Alkohol dafür verantwortlich waren. Ich vergaß alles, selbst Jonas kam mir nicht mehr in den Sinn.

Ich tanzte hier in diesem schäbigen Wohnzimmer meine Seele aus dem Leib und ging gedanklich durch, was geschah, nachdem ich aus dem Fenster geklettert war. Eigentlich hatte ich mich in einer Kneipe niedergelassen und wollte meinen Kummer ertrinken, doch traf ich schließlich auf ein paar Typen, die mich mit zu sich nahmen. Dort angekommen trank ich weiter und nahm das bisschen Koks an, als es mir geboten wurde.

Jeder Typ, der versuchte an mir heranzukommen, schubste ich automatisch weg, als sei es ein Instinkt. Ich wollte nur tanzen und dabei die Musik in mir spüren, zu der ich mich elegant bewegte. Alles andere war mir ehrlich gesagt egal geworden. Doch spürte ich plötzlich, wie jemand an meinem Oberarm rum zerrte.
Ich blickte in die Richtung, woher der Griff kam und sah in Markus sein Gesicht. Er schien wütend zu sein und riss mich, von der selbst ernannten Tanzfläche, hinaus in den Flur. Erst dort angekommen, bemerkte ich was tatsächlich vor sich ging und versuchte schließlich mich aus seinem Griff zu lösen, doch war sein Plan ein anderer. Ohne auch nur wirklich auf mich Rücksicht zunehmen, hob er mich hoch und warf mich über seine Schulter. Meine Beleidigungen und Schläge auf seinem Rücken stießen dabei auf taube Ohren. Erst draußen, vor seinem Auto angekommen, setzte er mich wieder ab.

„Was soll der Mist?", lallte ich, als Nebenwirkungen vom Alkohol.
„Dasselbe konnte ich dich auch fragen! Verdammte Scheiße! Was machst du hier?", Markus fuhr sich aufgebracht durch seine Haare und musterte mich, vollkommen überfordert. Desinteressiert, wollte ich wieder ins Haus gehen, doch umgriff er erneut meinen Arm und machte dieses Mal keine Anstalten ihn loszulassen.

„Markus! Ich warne dich, lass mich sofort los!", schrie ich mit einer unbändigen Wut, die langsam in mir aufkeimte.

„Du kommst jetzt mit. Du bist total high und betrunken und so lasse ich dich nicht alleine!", ich schüttelte ablehnend den Kopf und versuchte ihn mit meinen Blicken einzuschüchtern.

„Ich brauche euch nicht! Niemanden!", ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten und fing an zu schwangen, nachdem ich mit meinen Händen um mich herum gestikuliert hatte. Und selbst wenn, gab es kein besseres Gefühl, als dieses hier.

„Doch du brauchst uns und jetzt steig ein. Ich fahr dich nach Hause.", als ich keine Anstalten machte, mich tatsächlich in das Auto zu setzen, zog mich Markus kraftvoll dort hin. Egal wie sehr ich mich wehrte, er war in diesen Moment stärker. Also gab ich letztendlich nach und schnallte mich an.

Die nächsten Minuten verbrachten wir mit schweigen, bis mir eine Frage in den Sinn kam.
„Wie hast du mich gefunden?"

„Ich war im Hotel bei Jonas, als er dich anrufen wollte und jemand fremdes dranging.", ich nickte und sah wieder aus dem Fenster, als mir etwas präsent wurde.

„Wie geht es ihm?", ich musste es einfach wissen, auch wenn mich die Antwort schmerzen würde.

„Was denkst du denn? Erst wird er wach, macht sich totale Sorgen um dich, da du einfach verschwunden bist und dann sagst du ihm, dass alles gespielt sei. Und als wäre dies nicht genug, treibst du dich bei irgendwelchen Leuten rum. Ich frage mich, was soll der Mist?"

„Glaube mir, wenn ich dir sage, es sei nur zu seinem Besten und das ich selber ebenfalls daran zerbreche.", antwortete ich ihm wahrheitsgemäß und wurde somit für ihn zum Rätsel, denn selbst als er mich fragte, was ich meinte, gab ich ihm keine Antwort mehr. Als wir endlich bei mir ankamen, war ich aus dem Verhör entlassen und stieg ohne ein weiteres Wort aus. Die Autotür fiel hinter mir laut ins Schloss und ich schlich mich zurück zu meinem Fenster. So wie ich war, schmiss ich mich in mein Bett und schlief sofort unruhig ein. Ich hatte auch keinen guten Schlaf verdient, nach allem, was ich heute getan hatte.

Am nächsten Morgen wurde ich mit einem schmerzhaften Kater wach, nur blieb mir keine Zeit mich auszuruhen, da mein Bruder mich mit in die Stadt zerrte. Er bestand darauf, einen schönen Tag mit mir zu verbringen, damit wir uns wieder annähern konnten. Auch wenn Felix die meiste Zeit über sehr freundlich schien, machte er mir dennoch Angst, sodass die Nacht, wie die vorherige verlief.

Ich war wieder in meinem knappen Outfit aus dem Fenster geklettert und in derselben Kneipe gestrandet. Und wie der Zufall es so wollte, waren dieselben Typen da, wie am Vorabend. Es dauerte also nicht lange, da war ich wieder bei ihnen zu Hause, auf Drogen und mit Alkohol intus.

Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, als ich tanzend auf dem Esstisch stand und von widerlichen Männern beobachtet wurde. Doch selbst das schien mir nichts auszumachen, bis sich augenblicklich etwas änderte. Ich hielt in meiner Bewegung inne und starrte auf die Haustür. Ich konnte ihn spüren, noch bevor ich ihn sah, denn Jonas kam gerade in das Haus hinein. Unsere Blicke trafen sich, wobei seine mich traurig und erschöpft musterte. Neben ihm kam Markus zum Vorschein, der mit dem Finger auf mich deutete und Jonas etwas zu flüsterte. Langsamer Schritte kamen die beiden auf mich zu, als sich mein Schutzmechanismus aktivierte. Ich durfte sie jetzt nicht zu mir kommen lassen, denn die Gefahr war zu groß, dass ich Jonas sofort verfallen würde. Ich würde nicht nur den Hass von Felix auf uns ziehen, sondern uns in Gefahr bringen. Deshalb musste ich ihn beschützen und wenn das nur geht, wenn er mich hasst, dann sei es so. Ich griff nach dem Typen vor mir und zog ihn an seinem Shirt an mich. Wild presste ich meine Lippen auf seine, was ihm zu gefallen schien. Ich allerdings verspürte nichts. Die Lippen fühlten sich ekelerregend an, denn es waren nicht die seine. Und bevor ich hätte weiter darüber nachdenken können, wurde ich nach hinten gerissen. Noch bevor ich reagieren konnte, landete eine Faust in sein Gesicht. Der Typ taumelte nach hinten und stürzte zu Boden, als sich Jonas über ihn beugte und erneut zu schlug. Ich schrie erschrocken auf und wollte, dass Jonas sich beruhigte. Nur war es Markus, der ihn von dem Mann riss und mich an meinem Arm packte. Und wieder einmal war ich zu schwach, um mich daraus zu lösen.

„Was soll der Mist schon wieder?", schrie ich aufgebracht, als wir draußen zum Stehen kamen. Markus kam mir plötzlich gefährlich nahe.

„Ich könnte dich, dasselbe wieder fragen!", ich gab ihm keine Antwort, sondern riss mich ruckartig von ihm los und stampfte die Straße entlang. Ich hatte keine Lust mehr auf das Theater, welches sich mir bot. Ich wollte nur noch nach Hause in mein Bett, wobei mir einfiel, dass ich hätte besser rennen sollen, denn Markus war schneller und warf mich erneut über seine Schulter.

„Arschloch!", ich hämmerte mit meiner gesamten Kraft auf seinem Rücken, doch störte es ihm nicht im Geringsten. Mit mir auf dem Arm öffnete er die Autotür und warf mich auf die Rückbank ab, während er und Jonas sich nach vorne setzten.

„Seid ihr zufrieden?", wollte ich wie ein bockiges Kind wissen, als Markus schmunzelte.

„Oh ja, sehr lustig", provozierte ich ihn und musterte kurz den gebrochenen Jungen, auf dem Beifahrersitz. Jonas war in sich gekehrt und sah aus dem Fenster. Seine Haare waren vollkommen durcheinander und seine Hände zu Fäusten geballt, mehr erkannte ich nicht von hier aus. So oder so, schien er mich zu ignorieren.

„Was sollte das vorhin?", unterbrach mich Markus, bei meiner Analyse.
„Ich weiß nicht, was du meinst."

„Ich meine, dass du hast ihn absichtlich geküsst, um uns zu provozieren.", Markus bog in meiner Straße ab und ich konnte unsere Villa vom weiten erkennen.

Ich zuckte zur Antwort mit den Schultern.
„Damit Jonas mich hasst!"

„Kannst du bitte, dieses eine Mal, nicht in Rätseln sprechen?", bat er mich, doch schüttelte ich meinen Kopf und öffnete schließlich meine Tür. Ich stieg wie am Vorabend, ohne ein weiteres Wort aus und kletterte wieder durch mein Fenster.

„Küss mich, Baby"Where stories live. Discover now