Kapitel 14

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Jamals POV

"Hast du dein Handy bekommen?", Anastasia Koval, eine unserer Physiotherapeutinnen, kam lächelnd in den Untersuchungsraum, in dem ich bereits auf der Liege saß.
Die blonde Ukrainerin desinfizierte ihre Hände und sah mich aufmerksam an.
"Jap, woher weißt du davon?"
"Deine Frau", in ihrer Stimme war ein kleines Fragezeichen zu hören, "kam vorhin her, ich habe sie reingelassen, weil sie ihren Ausweis vergessen hat. Javier hätte sie fast nicht reingelassen.", sie lachte auf, ich grinste.
"Ja, ich hatte das Handy Zuhause vergessen, Juli hat es hergebracht.", sie lächelte knapp.
"Okay, dann fangen wir mal an, wo drückt der Schuh?"

Ich verließ den Fitnessraum und packte meine AirPods in meine Tasche, währenddessen ich meinen Real-Madrid-Ausweis hervorzog.
"Was machst du denn noch hier?", ich zuckte zusammen, ehe ich mich tief einatmend zu Anastasia umdrehte.
"Verdammt hast du mich erschreckt."
Sie lachte entschuldigend auf.
"Ich war noch ein wenig Trainieren.", ich deutete auf das Studio.
"Ach? Hatte ich vorhin nicht gesagt kein Sport mehr für heute?", sie lächelte.
"Sorry Anastasia. Kommt nicht nochmal vor.", ich hob versprechend meine Hand in die Luft und grinste.
"Das hoffe ich zu deinem eigenen Wohl auch.", sie sah mich strafend an, "Und bitte, nenn mich Ana oder Nastia, nur  nicht Anastasia.", sie verzog ihr Gesicht.
Ich lachte auf: "Okay Ana. Gibt es einen Grund, weshalb du nicht Anastasia genannt werden möchtest?"
"Meine Freunde meinten damals das klinge wie eine alte Frau. Danach hab ich den Namen nicht mehr gemocht.", sie zuckte bedauernd ihre Schultern hoch.
"Ouh, fies. Ich kann versichern, Anastasia ist ein schöner Name und klingt nicht nach einer alten Frau. Aber ich nenne dich gerne Ana oder Nastia, wenn du das möchtest."
"Es wäre mir sehr recht."

"Gott, ich habe Hunger. Ich hoffe ich habe noch Nudeln Zuhause.", sie verzog ihr Gesicht.
"Apropos essen, was gibt es denn hier in der Nähe empfehlenswertes?"
"Ähm, also es gibt eigentlich alles, was das Herz begehrt in der Umgebung. Also es gibt einen extrem guten Italiener, ca 300 Meter von hier, einen Griechen, zwei spanische Restaurants, einen Inder und anscheinend eine ganz gute Dönerbude. Aber da spreche ich nicht aus eigener Erfahrung, frag lieber deine Teamkollegen zu der aus."
"Hm na dann los zum Italiener. Deine Nudeln bekommst du da in jedem Fall und ich hab auch noch Hunger. Ich lade dich ein und du sagst mir dafür noch mehr über Madrid, den Club und das Team, Deal?"
Sie sah mich kurz verwundert an, ehe sie anfing zulächeln und sich auf ihre Unterlippe biss: "Deal."

"La cuenta, por favor.", meinte ich zu dem Kellner, der nickend loslief, um die Rechnung zu holen.
Naja ein paar Sätze beherrschte ich mittlerweile...
Nachdem ich bezahlt hatte, liefen Ana und ich aus dem Restaurant.
Sie hatte mir einiges erzählt, über die Stadt, den Club, meine Teamkollegen, über das ganze Leben hier.
Und ich hatte ihr über mein Leben erzählt. Über England, über München, über meine Familie.
"Und wie bist du hier gelandet?", fragte ich sie interessiert, während sie durch die Tür lief, die ich ihr aufgehalten hatte.

"Ich bin mit 16 Jahren durch den Ukraine-Krieg nach Madrid gekommen. Eigentlich wäre das Ziel Deutschland gewesen, meine Mutter war in der Ukraine Deutschlehrerin, aber sie hat sich kurz vor der Flucht plötzlich dazu entschieden, nicht mit mir mitzugehen. Stattdessen ist sie, genau wie mein Vater, der weiterhin von der Ukraine aus arbeiten musste, in Odessa geblieben und hat mich dafür zu einer Cousine meines Vaters in Madrid gebracht.
Nachdem ich die Schule hier beendet habe und Spanisch einigermaßen beherrscht habe, damit hatte ich wirklich Schwierigkeiten", sie sah mich gequält-belustigt an, "wollte ich eigentlich Flugbegleiterin werden. Aber ich bin nicht besonders gut mit Jetlags.", sie verzog abermals ihr Gesicht und wir fingen beide an zu lachen, "Tja, dann kam ich durch eine Mitschülerin zu Physiotherapie. Ich war nach der Ausbildung noch ein halbes Jahr in einer Praxis, bis ich mich dann bei Real Madrid beworben habe. Und tata, seit eineinhalb Jahren bin ich nun hier und was soll ich sagen - ich liebe es.", ihr ukrainischer Akzent in ihrem Englisch war unverkennbar herauszuhören, aber er gefiel mir irgendwie.
Generell - ich hatte den kompletten Abend lang nicht einmal an das Baby gedacht und das tat mir gut.
Ablenkung tat mir gut.
Abstand von Juli tat mir gut.
Es war vielleicht egoistisch, denn ich wusste, dass es ihr genauso scheiße ging, aber ich konnte momentan einfach nicht in ihrer Nähe sein.
Jedes Mal hatte ich das Gefühl, als müsste ich weg von ihr.
Jedes Mal fing ich an leer zu werden.
Ich konnte sie nicht mehr richtig ansehen, ihren Duft nicht mehr riechen, ich konnte sie momentan einfach nicht bei mir haben.


Und damit ist die Lesenacht auch schon wieder vorbei, ich wünsche euch allen eine gute Nacht, schlaft schön :)

Endless love ? - Jamal MusialaМесто, где живут истории. Откройте их для себя