Kapitel 50

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Jamals POV

„Ich will nächsten Samstag vollen Einsatz sehen, HABT IHR MICH VERSTANDEN?", brüllte unser Trainer uns an.
„Ja Coach.", antworteten vereinzelte Spieler, ich unter ihnen.
„Ich hab euch nicht hören können.", er hielt seine Hand an sein Ohr und sah uns auffordernd an.
„Ja Coach.", meinten wir im Chor mit gefestigter Stimme.
„Lauter!"
„JA COACH!"
„Na also, geht doch. Ich möchte, dass ihr Sevilla auseinandernehmt, ja in Stücke reißt. Barcelona wird diese Saison nicht gewinnen, okay Männer?"
Wir alle nickten entschlossen.
Dieses letzte Spiel würde die Meisterschaft entscheiden. Aktuell lagen wir zwar punktetechnisch gleichauf mit Barcelona, aber waren aufgrund der Tordifferenzen etc. auf Platz 1.
Sollten wir nun allerdings gegen Sevilla unentschieden spielen oder verlieren und Barcelona gewinnen bzw. unentschieden spielen, hatten wir ein großes Problem.
Zumal der frühzeitige Ausschied aus der ChampionsLeague alle hier nicht nur massiv verärgerte, sondern auch in gewisser Weise demotivierte oder sogar verängstigte. Bei Real Madrid war es nicht okay, bereits im Viertelfinale auszuscheiden.
Und bei Real war es ganz sicher nicht okay, Liga und ChampionsLeague zu verkacken.
„Also, packt zusammen und bereitet euch für übermorgen gescheit vor. Volle Konzentration darauf! Ich möchte nichts anderes hören, haben wir uns verstanden?! Gut."

„Wir schaffen das, Mann.", ich sah Pablo zuversichtlich an, der etwas niedergeschlagen neben mir saß.
„Seit wann bist du eigentlich wieder so siegessicher?", meinte er nur zweifelnd.
Die ehrliche Antwort war, seit ich wieder mit Juli zusammen war. Und vor allem, seitdem sie mir eröffnet hatte, dass sie schwanger war. Alles in meinem Leben war wieder farbenfroher, leuchtete mehr.
Doch statt ihm diese Schnulze zu erzählen, zuckte ich bloß grinsend mit den Schultern: „Ich weiß einfach, dass wir das packen können."
Er nickte langsam: „Du hast wahrscheinlich recht, das hier ist immer noch Real Madrid. Wir schaffen das."
Ich klatschte mich mit ihm ab und packte dann mein Zeug, um aus der Kabine zu verschwinden.
Seit Julis Stadionsbesuch und ihrem damaligen Aufeinandertreffen war es zwischen Pablo und mir wieder deutlich entspannter. Das fühlte sich gut an. Es fühlte sich gut an, endlich wieder mein Leben auf die Kette zu bekommen.
Jetzt mussten wir nur dieses verdammte Spiel gewinnen.
Mein Blick auf mein Handy gerichtet, lief ich zum Ausgang. Dabei rannte ich beinahe Ana über den Haufen, die ich im letzten Moment davon abhalten konnte, hinzufallen.
Entsetzt hielt ich sie fest und half ihr wieder aus ihrer Taumelei.
„Danke.", erschrocken griff sie sich an ihre Brust.
„Alles okay?"
„Mhm."
Ich nickte langsam und ließ sie wieder los, sie strich ihr Shirt glatt.
„Hat das Zeug, was dir der Arzt gegen die Übelkeit gegeben hat eigentlich geholfen?"
„Schon, doch. Wieso?"
„Wollte nur wissen, ob es dir wieder besser geht."
Sie nickte: „Danke, das ist lieb."
Ich sah sie für ein paar Sekunden stumm an.
„Ana-"
„Ich weiß.", unterbrach sie mit einem halbherzigen Anflug eines matten Lächelns.
Sie wusste, dass das gerade eine Entschuldigung sein sollte.
„In zwei Wochen ist der nächste Kontrolltermin. Willst du wieder mit?", wechselte sie das Thema.
Zum ersten Termin war ich mitgegangen. Es war zwar etwas merkwürdig gewesen, aber hatte die Situation zwischen uns deutlich entspannt.
„Ähm, ich kann leider nicht.", meinte ich verlegen.
„Urlaub, verstehe. Mit Juli?"
Ich nickte.
„Also läuft das zwischen euch echt wieder, was?"
Auch wenn wir nicht zerstritten waren; mit meiner Ex über meine Ehe zu reden war nicht sonderlich das, was ich mir unter angenehm vorstellte. Aber auf der anderen Seite war Ana in dem Moment auch deutlich mehr als bloß eine Ex. Sie war bald die Mutter meines Kindes und damit ging sie mein Beziehungsstatus sehr wohl etwas an.
„Ja, das tut es.", ein Hauch eines Lächelns bahnte sich auf meinem Gesicht an. Ich wollte aus Respekt ihr gegenüber ungerne zeigen, wie glücklich ich war, aber ich konnte es nicht gänzlich verbergen.
Es brach bei jeglichem Gedanken an Juli und das Baby aus mir heraus.
„Vielleicht ist das jetzt zu viel des Guten und völlig unpassend, aber vielleicht habt ihr beide ja irgendwann Zeit und Interesse daran, mit zum Arzt zu kommen. Es ist immerhin ihr Stiefkind."
Ich sah sie überrascht an. Allein dass sie daran dachte, Juli irgendwie einzubeziehen, fand ich wirklich toll.
„Ich frage sie mal, aber das klingt gut. Ich glaube, wir sollten uns demnächst eh mal zu dritt hinsetzen."
Sie war wie eben betont mehr als eine Ex. Und damit sollte sie von Julis Schwangerschaft besser nicht erst von den Medien erfahren.
Nun kräuselte sie ihre Stirn: „Gut, wie du meinst. Ich muss jetzt aber gehen, habe noch einen Termin."
Ich nickte und wir verabschiedeten uns.

Als ich die Wohnung aufgesperrt und meine Schuhe ausgezogen hatte, war plötzlich ein Gepolter aus dem Inneren meiner Wohnung zu hören.
Ich brauchte fünf Sekunden, bis in meinem Hirn ankam, was das bedeutete.
Einbrecher.
Ganz leise zog ich mein Handy hervor und wählte schon die Rufnummer der Polizei, ehe mein Blick zufällig auf die Schuhe auf der Matte fiel.
Blinzelnd ließ ich mein Handy wieder sinken.
Das konnte wirklich nicht sein ernst sein...
Ich drehte mich in Richtung Wohnzimmer und fing an zu brüllen: „Neo! Was um alles in der Welt tust du in meiner Wohnung???"
„Ich bin", ein Stöhnen und ein Absetzen einer Gewichtsstange war zu hören, „hier.", ich lief fassungslos in den Fitnessraum.
Mein kleiner Bruder saß oberkörperfrei auf der Benchpress und wischte sich gerade seine Stirn mit einem Handtuch ab.
Ich hob meine Arme in die Luft: „Was tust du hier??"
„Hier? Trainieren."
„Nein wirklich.", meinte ich voller Ironie, „Was tust du in dieser Wohnung, beziehungsweise was tust du in Madrid??"
Er zuckte mit seinen Schultern: „Dein Schatzi kann ja wegen ihres Infekts nicht kommen, also bin ich da. Natürlich mach ich keine so gute Figur in deinem Trikot wie Juli und blond bin ich auch nicht, aber deinen Namen kann ich trotzdem schreien.", er machte die Armbewegung eines Cheerleaders nach und grinste, ich warf ihn mit einem Handtuch ab.
Er fing es lachend auf und erhob sich dann, um mich zu umarmen.
„Hallo Bruderherz."
„Hey.", ich klopfte ihn auf den Rücken und rümpfte dann die Nase: „Junge du stinkst."
Er grinste: „Ohne Schweiß kein Preis."
Ihm den Vogel zeigend brachte ich wieder etwas Abstand zwischen uns.
„Wie kamst du überhaupt hier rein?"
„Juli hat mit den Schlüssel mitgegeben. Sie hat übrigens auch den Flug bezahlt. Mein aktuelles Gehalt wollte ich dafür echt nicht verwenden. Ah apropos, Lil ist auch dabei. Aber ich glaube, die macht gerade eine Sightseeingtour, nachdem ihr letzter Aufenthalt in Madrid etwas kürzer war."
„Hättet ihr nicht vorher Bescheid geben können? Dann hätte ich euch vom Flughafen abgeholt. Und vor allem hätte ich dann nicht fast die Polizei angerufen, weil jemand in meiner Wohnung ist.", ich sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
„Mh nö", er winkte ab, „Juli hat Lil irgendeinen Konto Zugang per Apple Pay gewährleistet. Die Taxi Fahrt war super entspannt, also danke."
Ich schnaubte belustigt: „Geh duschen und zieh dir was drüber, Mann."
Der Teenager verdrehte seine Augen: „Ist ja schon gut."
„Neo?"
„Hm?"
„Schön dass du da bist."
Er grinste: „Ich weiß."

„Jam", Lilli kam auf mich zu und zog mich in eine Umarmung, „Glückwunsch!", flüsterte sie in mein Ohr.
„Danke Lil.", ich strich ihr über den Rücken und ließ sie dann wieder los.
Sie grinste mich an, ehe sie plötzlich aus dem nichts ihre Hand hob und mir eine überzog.
Mein Gesicht flog mal wieder zur Seite und ich starrte meine kleine Schwester fassungslos an: „Aua? Spinnst du?!"
„Mh, das war für den ganzen Dreck und für ... den anderen Familienzuwachs. Aber nachdem ich das jetzt gemacht habe, fühle ich mich schon viel besser, ich glaube, ab jetzt kann ich mich wieder für dich freuen."
„Schön, dass das geklärt ist...", murmelte ich und strich mir über meine Wange.
„Jamal, du hattest es verdient."
„Ja ich sag ja schon nichts mehr. Aber nicht dass es jetzt zur Gewohnheit wird, dass du mich schlägst."
„Mach keinen Blödsinn, dann muss ich es zu keiner Gewohnheit werden lassen.", sie zwinkerte mir zuckersüß zu und fing dann an zu lachen.
„Ach was hab ich dich vermisst.", sie unterbrach, „Also den rational denkenden Jamal, nicht den der letzten Monate."
Ich nickte augenrollend.
„Komm her Jam.", sie zog mich nochmal in eine Umarmung und zwitscherte dann: „Und bald laufen zwei kleine, blonde Jamals rum."
„Okay, spätestens jetzt weiß ich, dass du Witze machst. Komm, genug jetzt."

Endless love ? - Jamal MusialaWhere stories live. Discover now