Kapitel 17

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"Komm.", behutsam half ich Juli die Treppen hoch und half ihr dabei, sich umzuziehen. Dann legte ich sie in ihr Bett und deckte sie zu.
"Kommst du auch?", meinte, beziehungsweise lallte, sie mit geschlossenen Augen.
"Gleich."
Mit der Antwort gab sie sich anscheinend zufrieden, sofern sie überhaupt wusste, dass sie die Frage jemals gestellt hatte, denn es war ein leises Schnarchen zu hören.
Wenn mir nicht so gar nicht nach Lachen zu Mute gewesen wäre, hätte ich jetzt wohl geschmunzelt, aber so sah ich sie einfach nur an.
Und es fühlte sich falsch an.
Ich wollte hier nicht sein.
Ich konnte einfach nicht bei ihr sein.

Was auch immer es war, das mich schlussendlich doch dazu brachte, mich zu meiner Frau ins Bett zu legen, wusste ich nicht genau.
Vielleicht war es das schlechte Gewissen.
Vielleicht war es Mitleid.
Und vielleicht war es auch einfach die Hoffnung, dass wieder alles gut werden würde, sobald ich wieder normal neben ihr schlafen konnte.

Ich versuchte alles.
Wälzen, Musik hören, Schäfchen zählen.
Alles war nutzlos.
Stattdessen schlich sich dieses Gefühl wieder in meinen Körper und drängte mich aus diesem Bett.
Egal wie lange ich versuchte es zu ignorieren, irgendwann ging es nicht mehr.
Ich wurde erdrückt von der Kälte.
Von der Dunkelheit.
Und ich sprang aus dem Bett.
Ich drückte meinen Rücken gegen die Wand und tastete mich an ihr entlang. Meine Hände waren tropfnass.
Meine Atmung war genauso unregelmäßig wie die letzten Tage, wenn dieses Gefühl kam.
Immer und immer wieder.
Ich versuchte meine Atmung zu regulieren und Juli nicht zu wecken.
Ich versuchte dieses beklemmende Gefühl von diesem Ding, das meine Lunge blockierte, zu ignorieren.
Doch erst als ich den Raum mit meiner schlafenden Frau verlassen hatte, legte sich meine Panik etwas.
Und endlich hatte ich das Gefühl, als würde wieder Luft durch meine Lungen strömen.
Endlich wurde meine Atmung wieder regelmäßiger und endlich fühlte ich mich nicht mehr wie ein verdammter, schwitzender Wasserfall.
Ich ließ mich langsam auf die Couch sinken und strich mir mit meinen Händen über mein Gesicht.
Wieso konnte nicht einfach alles wieder so sein wie zuvor?
Wieso konnte ich Juli nicht einfach wieder ganz normal anschauen und lieben?

"Kater?", fragte ich Juli gähnend, die sich gerade ihre Faust gegen ihr Gehirn drückte.
"So viel schlimmer als ich ihn in Erin - ah verdammt.", sie kniff ihre Augen zusammen.
"Aspirin ist im Schrank."
"Ich weiß."
"Okay.", ich kaute auf meiner Mundinnenseite herum.
"Er- erinnerst du dich an gestern Abend?", fragte ich dann, während sie ihre Aspirin mit einem großen Glas Wasser schluckte.
"Nicht an alles."
Ich nickte langsam.
"Aber ich erinnere mich daran, dass du ebenfalls ins Bett kommen wolltest.", meinte sie mit Blick auf das benutze Sofa.
"Ich wollte dich in Ruhe ausschlafen lassen.", murmelte ich.
Sie wusste, dass dieser Satz eine Lüge gewesen war. Sie wusste es genauso gut wie ich.
Um die unangenehme Stille zu unterbrechen, wechselte ich das Thema.
"Ich, ich gehe mal Frühstück holen, okay?"
"Tu dir keinen Zwang an. Wir haben Toast."
"Nein - ehrlich. Ich brauche etwas frische Luft. Und dir tut was gescheides sicher gut nach der Nacht..."
Sie sah mich reglos an und zuckte dann mit ihren Schultern.
"Wie du meinst."
"Besondere Wünsche?"
"Nope."
"Okay."
Ich lief in den Flur, um mir meine Traininsjacke überzuziehen.
Dass ich immernoch meinen verdammten Schlafanzug trug, ignorierte ich.
Ich wollte einfach nur aus dem Raum raus.

Meine Füße donnerten über den Asphalt, meine Lungen brannten.
Die Musik dröhnte in meinen Ohren und erst als ich merkte, dass ich langsam Seitenstechen bekam, hielt ich an.
Ich raufte meine Haare und stoppte meinen Lauf auf meiner Uhr.
Wir hatten 15 Uhr und die Hitze in Madrid brachte mich halb um.
Doch nicht so sehr wie die Stimmung Zuhause. Juli sah mich ständig mit diesem Blick an.
Dieser Blick, der gleichzeitig mitleidig, verletzt, fragend und ängstlich war.
Aber sie sprach kein Wort.
Kein einziges außer die Allernötigsten.
"Danke, ja, nein. Ich weiß.", das war ihr Vokabular für 4 Stunden gewesen und ich hatte es einfach nicht mehr ausgehalten.
Doch meine Gedanken an meine Ehefrau wurden von einem Klingeln unterbrochen.
Mit gerunzelter Stirn sah ich auf mein Handy und nahm dann den Anruf an.
"Lil? Was ist los?"
"Nichts, ich wollte nur fragen, wie es euch geht."
Meine Stirnfalten wurden tiefer.
"Wieso?"
"Hab Julis Stories gesehen."
"Ah. Oh.", ich wusste nicht, was ich groß dazu sagen sollte.
Juli sah nicht oft tief ins Glas und wenn, dann nur, weil es ihr wirklich dreckig ging.
Lilli wusste das ganz genau, denn die war alle bisherigen Male live dabei gewesen.

Endless love ? - Jamal MusialaWhere stories live. Discover now