Getrieben von Wut

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Z o é

»Ich konnte doch nicht ahnen, dass er zu den Fernández gehört!«, verzweifelt lasse ich mich an der Wand herunter rutschen und ziehe meine Beine an mich. »Ich hätte nie etwas angefangen, wenn ich gewusst hätte, wer er wirklich ist.«

Mein Bruder sieht auf mich herab, während sein Gesicht verstört verzogen ist.

Ich wäre auch verstört, ehrlich.

»Was hat er auch da gemacht?«, frustriert lasse ich meinen Kopf auf meinen Knien liegen. »Du hättest ehrlich nicht ausführlich erzählen sollen, wie ihr Sex in der Kabine hattet und warum habt ihr bitte nicht verhütet?«

Ich verdrehe meine Augen. »Ernsthaft? Jedes Mal, wenn du mit deiner (mittlerweile tote) Freundin Sex hattest, hat man euch gehört und vielleicht haben wir es vergessen zu verhüten!«

»Zoé ... musstest du das erwähnen?«, Liam runzelt seine Stirn. »Wieso, du wusstest doch, dass sie nicht lange bei dir bleiben würde. Du hast bereits eine Verlobte.«

»Zoé.«, mahnt er mich. »Du verstehst das nicht.«, erwidert er und rutscht ebenfalls an die Wand hinunter. Ich stoße Luft aus, denn ich bin mir dessen bewusst, dass er seine Verlobte liebt, obwohl sie sich nur einmal gesehen haben und er versuchen wollte, sie zu vergessen.

»Du bist mittlerweile neunzehn, wann möchtest du deiner Verlobten sagen, dass es einen Vertrag gibt?«, frage ich und sehe in seine grauen Augen, die meine ähneln. »Ich möchte ihr Zeit geben, sie wird erst achtzehn.«

Er ist trotz dessen, dass er so abweisend ist, so fürsorglich und einfühlsam. Nicht einmal zu seiner Freundin, die nur ein Zeitvertreib gewesen ist, war er je so.

»Außerdem muss ich, bevor ich ihr alles erkläre, mich erst einmal auf unsere Mafia konzentrieren.«, er fährt sich durch sein Haar.

»Die reden viel zu lange. Was bereden sie?«, ich kaue auf meiner Unterlippe und stehe auf, während ich doch nervöser werde, als ich wollte. Ich möchte die Tür aufreißen, doch befürchte ich, dann noch größeren Ärger zu bekommen, als ich sowieso schon habe.

Nathan wird quasi auseinandergenommen.

Ich fasse mir frustriert an die Stirn, wobei ich einige Haare zurück lege. Meine andere Hand habe ich an meiner Hüfte gestemmt, während ich darüber überlege, was meine nächsten Schritte sind.

Sollte ich auswandern in Erwägung ziehen?

»Oh Gott!«, ich raufe mir meine Haare und muss verrückt aussehen, aber das ist nicht im Vergleich zu dem, was hinter der Tür passiert.

»Zoé, beruhige dich.«, Liam versucht, nach mir zu greifen, aber ich lasse es nicht zu, denn eine Umarmung wird mir nicht helfen, aus dieser ätzenden Situation zu kommen.

»Sollte ich mich einfach reinstürzen?«, überlege ich, als ich mich vor die Tür stelle und zu Liam blicke.

»Tue, was du nicht lassen kannst, ich bin mir sicher, dass die Fernández sowieso nicht allzu viel von uns halten.«, er nickt zur Tür und ich lächle kurz, doch auch das Lächeln hält nicht von Dauer.

Ich lege meine Hand gerade auf den Türknauf, bereit die Tür aufzureißen, da wurde die Tür ruckartig aufgerissen und ich stolpere gegen eine harte Männerbrust.

Inständig hoffe ich, dass es jemand aus meiner Familie ist, doch als ich hochblicke, starre ich in die eisernen braunen Augen des Oberhauptes der Fernández.

Augenblicklich gefriert das Blut in meinen Adern. »Verzeihung.«, stammle ich und mache einige Schritte zurück, doch zu meiner Überraschung sind seine Gesichtszüge sanftmütig. »Schon gut, Pequeñoa.«

Ich halte mich zurück, da er mich kleine genannt hat und ich keinesfalls klein bin! So ein Schmarotzer!

Ich sehe zu Liam, um Bestätigung zu suchen, dass ich das nicht nur Träume. Seine Stirn ist gerunzelt, während er Paulo prüfend anschaut.

Jep, etwas ist im Busch.

Vielleicht eine neue Leiche im Keller?
Nathan?

»Ehm ...«, ich lege mir eine Strähne zurück und weiß nicht, was ich sagen soll. »Kommt rein.«, höre ich die dunkle Stimme meines Vaters, die mir einen Schauer über den Rücken laufen lässt.

Auswandern hört sich doch nicht so schlecht an.

Ich atme durch und betrete die Höhle des Löwen. Kalter Schweiß bildet sich auf meiner Stirn und ich schnappe erneut kräftig nach Luft, während die Worte in meinem Hals stecken bleiben.

Mein Blick gleitet zu Nathan, der mich mit seinem Blick genauestens in die Lupe nimmt und dann eher verzweifelt oder frustriert ist.

»Möchtest du das Kind behalten?«

Ich beiße mir auf meine Unterlippe und starre zu Boden, ehe ich fest entschlossen aufblicke und nicke. »Ja.«

Ich versuche, standhaft zu bleiben, doch meine Hände krallen sich in den Pullover.

Sie werfen sich Blicke zu, die ich nicht deuten kann, doch als sie nicken, weiß ich, dass es etwas ist, das mein Leben mit einem Schlag verändern wird.

»Das Kind ... wird Fernández und Sánchez Blut in sich tragen, das Kind wird für den Frieden zwischen uns bedeuten.« Paulo verschränkt seine Arme ineinander.

»Du und Nathan, ihr werdet heiraten.«, sagt mein Vater und veranlasst mich dazu, dass ich meine Augen weit aufreiße und entsetzt den Mund öffne. Ich taumle zurück und halte ungläubig meine Stirn fest.

»Was!?«, ruft auch Liam. Ich sehe zu Nathan und suche nach irgendetwas. »Und wenn ich dem nicht ... zustimme?«

Schluckend bereite ich mich auf den messerscharfen Stich in meiner Brust vor. »Das willst du nicht wissen.«

»Was will ich nicht wissen? Ich möchte selbst über mich entscheiden und ob ich ein Kind austragen möchte oder nicht!«, ich mache einen Schritt zurück und spüre die Furcht, die sich in mir ausbreitet.

»Ich möchte nicht, dass weder ich noch dieses Kind zwischen euch steht, nur weil ihr eure Kindergarten scheiße nicht unter Kontrolle bringt!«, ich schnappe nach Luft.

»Und von dir habe ich mehr erwartet, Papá.«, ich wische mir über mein Gesicht, um meine Tränen zu trocknen und gehe aus dem Raum, ohne auf irgendjemanden zu hören.

Ich höre weder auf die Rufe meines Vaters, auf das Gefluche Paulos oder Nathan. Nicht einmal, als meine Brüder oder meine Mutter nach mir rufen.

Ich schluchze und schlage hinter mir die Tür zu. Ich greife nach einer Tasche und packe Kleidung ein, vielleicht nicht ideal, da ich keine Ahnung habe, wo ich hin soll.

Getrieben von Wut und Verzweiflung, mit Tränen verschleierter Sicht schmeiße ich viele und wahrscheinlich unnötige Sachen in die Tasche.

Mr. & Mrs. Sánchez 1✔️Where stories live. Discover now