Die Liebe einer arrangierten Ehe

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Z o é

Mit voller Hochachtung starre ich seinen breiten Rücken an, dieses mal ist es der, der mich vor gefahren schützt. Dieses mal ist es der richtige Rücken und Mann, der vor mir steht.

Der Verband um seiner Schulter lässt mich erneut erschaudern, wenn ich darüber nachdenke, dass der Schuss hätte mich treffen sollen. Ohne Nathan, würde ich nicht hier stehen und doch, würde er ohne mich, diese Wunde nicht haben.

Meine Lippen zittern und hinter meinen Augen brennt es, wegen der Tränen. »Paulo Fernández ist tot.«, ruft Nathan in die Ferne aller die hier heute stehen, um Nathan Gehör zu schenken.

Sie sogen scharf die Luft ein und ein Raunen geht durch die Meute, von Männern und wenigen Frauen. »Von nun an, werdet ihr mir unterstellt. Eure Dienste werden nun von mir und keinem anderen gebraucht. Ihr verspracht meinen Vater euer Leben zu opfern, nun gehört euer Leben mir.«

Seine Stimme ist eisern und zeugt von Hochachtung. Alle sehen zu ihn auf und sehen jemand starken, der es verdient hat, hier oben zu stehen und mit Respekt angesehen zu werden. »Da mein Vater nicht mehr unter uns weilt, werde ich die offizielle Allianz, mit den Sánchez eingehen und hege dabei keine hinterhältige Gedanken!«

Selbst mich durchfährt ein kalter Schauer, bis sein warmer Blick auf mich fällt und mein Herz einen Sprung macht. »Te amo, Amore Mio.«, formt er mit seinen Lippen, während er mir seine Hand hinhält.

Ohne zu zögern, ergreife ich seine Hand, die er, als wäre er stolz, fest in seine nimmt und mich seinen Leuten präsentiert. Vor lauter Aufregung schlägt mein Herz ohrenbetäubend schnell, während ich meinen Blick schweifen lasse. »Nicht nur mir, sondern auch Zoé Sánchez und unseren Kindern, werdet ihr euer Leben opfern, wenn Nötig.«

Seine ruhige und dennoch bestimmende Stimmlage, lässt allen einschließlich mir die Luft anhalten. Er gibt allen den nötigen Respekt, den sie verdient haben, anders als sein gieriger Vater. Für Paulo sind diese Menschen nur kleine Körner im Sand gewesen.

»Nathan.«, ertönt es von einer zitternden, weiblichen Stimme. Mein Blick fällt hinter uns, zur Eingangstür dieser Riesen Villa, die einst Nathan's zu Hause gewesen ist. Ihre wunderschön blonden Haare liegen über ihre Schultern und das weiße Kleid, wunderschön weiß, wie der Schnee im Winter, weht sachte mit dem Wind.

Ihr ganzer Körper bebt, während sie zitternd die Spitze, des Messers uns entgegenstreckt. Mir ist doch klar gewesen, dass alles nicht so einfach werden würde, wie angenommen. An einem einfachen Plan gibt es immer ein Haken.

Ihre Augen sind vor Panik weit aufgerissen und das Messer hat sie nicht fest im Griff. Man kann es ihr aus der Hand nehmen und doch ist es gefährlich sich ihr zu nähern, denn Menschen, die selten bei verstand sind, fuchteln wie Furien mit dem Messer um die Gegend, um alles und jeden abzuwehren.

»Du undankbares Gör.«, zischt sie und schnappt nach Luft, als täte es ihr leid, ihren Sohn so dermaßen runter zu ziehen, doch in ihren Augen schimmert kein Funken, von Reue.

Nathan legt seinen Arm beschützerisch vor mich, während ich heilfroh bin, dass unsere Kinder in guten Händen sind. »Mein Leben bestand nur aus Schmerz und der Kontrollsucht meines ekelhaften Gatten — deinem Vater.«

Ich vernehme die Geräusche von entsicherten Waffen, die bereit sind, die Frau vor uns zu erschießen, doch die Gefahr bestand, dass es mich und Nathan ebenso treffen würde.

Sie sieht trotz allem, wunderschön aus und doch auch so zerstört, dass alle Hilfe zu spät kommt. »Mutter-«
»Nenn mich nicht so.«, zischt sie und drohte mit dem Messer, in ihren Händen. »Ich war nie deine Mutter, nie!«

Sie lacht höhnisch. »Selbst wenn ich's versucht hätte, hätte ich nur deinen Vater in dich gesehen und das ... das hat mich so verabscheut - angeekelt, weil du ihm so verdammt ähnlich siehst, dass es mir die Galle hochkam.«

Ich weiß, dass Nathan der ist, der den Schritt zu ihr wagen soll und doch sind es meine Füße, die sich ihr nähern. Sofort wendet sie sich mir zu und streckt mir ihr Messer entgegen, weswegen ich immer halte und meine Hände behutsam hebe. »Zoé.«, sagt Nathan und will mir damit sagen, dass ich gefälligst zurück gehen soll, weil es gefährlich sei.

Doch ich habe es satt, ständig in Watte gepackt zu werden, als wäre ich zerbrechlicher, als Porzellan. »Mrs. Fernández.«, beginne ich. »Ich verstehe Sie, zumindest was die Abscheu Gegenüber Paulo betrifft. Doch verstehen Sie, Nathan ist nicht wie er, wenn sie nur genauer hinsehen, dann sehen Sie jemand ganz anderen.«

Mir ist nicht bewusst, ob diese Worte helfen, das Messer fallen zu lassen. Aber ich würde nie aufgeben. Diese Frau hat so viel ertragen müssen und es macht mich traurig zu wissen, durch was sie gehen musste. Sie hat Hochachtung verdient, aber vorerst müssen sich alle beruhigen, bevor es zu einer Eskalation ausartet.

»Was weißt du schon.«, eine Träne entgleitet ihr. Sie zeigt Verständnis und doch lässt sie das nicht zu. Wir sind zwei Frauen, die in einer arrangierten Ehe fest gesessen haben. Doch meine hat sich zum Guten gewendet, während ihr das Glück verwehrt geblieben ist.

Keinem wünsche ich das, was sie durchmachen muss. »Es gab einen Moment, da habe ich gedacht, es würde alles halb so schlimm werden, wie ich zunächst dachte. Doch ich habe mich getäuscht. Er war ein Biest, hat mir Dinge angetan—«, sie schweigt, denn die Erinnerung sitzt tief und zu schmerzvoll, um sie auszusprechen.

»Alles, was mir blieb, war das Geld.«
Man hat ihr nie geglaubt, ihr nie zugehört. »Er ist tot.«, flüstere ich. »Sie sind frei.«, verspreche ich ihr und lasse sie dabei nicht aus den Augen. Ihre grünen Irden schweifen zu Nathan, doch dann wieder zurück zu meinen. »Niemand wird Ihnen mehr weh tun.«

Die Tränen laufen unaufhörlich über ihre geröteten Wangen und das Messer fällt, mit einem lauten Geräusch zu Boden. Erleichterung durchfährt mich, doch noch bevor ich es mitbekomme, ertönt ein lauter Schuss, der die Frau durchlöcherte.

Eilig rennen wir zu ihr, sehen einen jungen Mann, der die Waffe starr zu Boden fallen lässt und gequält das Gesicht verzieht. Er fühlt sich schuldig, ihm ist nicht bewusst, was er getan hat und deswegen, fühlt er sich um so Schuldiger.

»Mamá.«, die schmerzverzerrte Tonlage, in Nathan's stimme, lässt mein Körper schwerer wiegen. »Mädchen, danke.«, spricht sie zu mir und lächelt ganz schwach, bevor ihr Blut aus dem Mund läuft und das Blut aus ihrer Schusswunde, sich auf den Boden, wie eine Pfütze, breit macht.

Das einst weiße Kleid, Blutrot.

Welche Tracht. Selbst nach dem tot ihres Ehemanns, kann sie ihren Sohn nicht lieben oder gar in die Augen sehen. Diese arrangierte Ehe hat es nicht zur liebe geschafft, es ist Hass und Abscheu, der sie letztendlich all die Jahre trieb und nun liegt sie da.

Verblutend in Nathan's armen, einen letzten Blick schenkend. Vielleicht ist ihr Nathan doch wichtig gewesen, nur hat sie es nie zum Ausdruck bringen können. Nicht einmal jetzt, als Paulo erschossen wurde.

Ihre Geschichte nimmt hier und heute ihr Ende.

Aber was ist es, dass sie so lange am Leben gehalten hat? Was hat sie dazu getrieben, all die Jahre der Gefangenschaft, so lange auszuhalten - ohne jegliches Ziel auf Freiheit?

Mr. & Mrs. Sánchez 1✔️Where stories live. Discover now