Die Zukunft meiner und des Kindes

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Z o é

Geschockt starre ich in die Augen meines Gegenübers, mit dem ich am wenigsten gerechnet habe. Ich Frage mich, wie er wissen konnte, dass ich hier sein würde.

Es fühlt sich so an, als würde mein Herz stehen bleiben. »Was zum—«, ich muss mich zusammenreißen, für meinen kleinen Neffen, der auf den Arm meine Bruders ist. Und selbst mein Bruder guckt ihn Missfallen an. »Was machen Sie hier?«

Ryan ist die Ruhe in Person und doch weiß ich, dass auch er nicht erfreut ist. Schließlich steht mein zukünftiger Schwiegervater vor uns, vor dem Frauenarzt.

»Ich werde dich begleiten.«, erklärt ihnen jegliche Regung in seinem Gesicht. Weiß mein Vater davon? Weiß es Nathan?

»Außerdem müssen wir noch über deine und die Zukunft des Kindes reden.«

Wenn ich nicht schon wütend gewesen bin, dann allerspätestens jetzt. »Was fällt Ihnen ein einfach so hier aufzutauchen und die Zukunft von mir und dem Kind zu bestimmen!?«, Ryan schaut mich an, nicht um mich aufzuhalten, sondern ein zu greifen falls es eskalieren wird.

Ich bin so wütend.
So wütend auf ihn und auf mich, und auf Nathan.

Ich bin so wütend, weil ich nicht selbst entscheiden kann. Ich habe mich auf Nathan eingelassen, weil es so verdammt schön gewesen ist. So verdammt berauschend und benebelnd.

Und alles, was ich in diesem Moment wollte, in dieser dämliche Kabine in einem fucking Dessous-Laden, ist alles zu vergessen und für diesen Moment von einem einzigen Mann begehrt zu werde.

Doch wer hat gedacht, dass das folgen mit sich trägt?

Ich gebäre in neun Monaten ein Kind, mit dem Blut unseres Feindes. Ich will nicht, dass das Kind solch ein Schicksal erwartet. Und wenn es ein Weg gibt, in dem das Kind friedlich leben kann, in dem das Kind Kind sein darf, dann würde ich alles tun, um genau diesen Weg einzuschlagen.

Für mein zukünftiges Kind werde ich, wenn nötig, durch Feuer oder gar Leichen gehen.

Wenn ich Nathan heiraten muss drum sei es, so lange mein Kind in Frieden seine Kindheit genießen darf. »Mr. Fernández, dass ist ein Frauenarzt. Ich bitte Sie um Verständnis. Aber ich denke nicht, dass sich meine Schwester wohlfühlen wird, wenn Sie dabei sind, nicht nachdem— nicht nach Gestern.«

Er nickt. »Ich verstehe und doch werde ich nicht gehen.«

Atme ich?

Ich Taste nach meinem Puls. Mein Puls rast und vor Wut höre ich sogar mein eigenes Blut rauschen. »Zoé.«, mein Bruder sieht mich an und reicht mir seinen Sohn. »Geh schon einmal vor.«, er lächelt mir warmherzig zu, dass mir beinahe die Tränen kommen.

Mit seiner flachen Hand fasste er mir an meinem Brustkorb, bevor er kichert. Ich sehe in die großen blauen Augen von Luan, der breit grinst.

»Du bist so süß.«, flüstere ich, vollkommen in meinem Element, während ich die Praxis betrete. Ryan weiß, wie er mich beruhigt. Ich bin mit süßen Dingen zu ködern.

»Ich habe bei Frau Ferrars einen Termin.«, sage ich und halte die kleine Hand meines Neffen. »Ms. Sánchez Sie können direkt durchgehen.«

Ich atme durch und bin erleichtert nicht die Zeit absitzen zu müssen. »Oh— wen haben Sie denn da?«, ihre stechenden grünen Augen blicken meinen Neffen an, während ich mir allmählich Sorgen um Ryan mache. »Das ist Luan, mein Neffe. Mein Bruder ist draußen, er klärt nur schnell etwas und wird sicher gleich da sein, heil und gesund. Dann wird er mir sicher Luan—«
»Zoé«

Ich spüre zwei starke Hände auf meinen Schultern. »Alles gut.«, beruhigt er mich und ich weiß nicht warum, vielleicht liegt es an meinen Hormonen, aber Tränen kullern über meine Wangen. Ich bin so froh, dass er da ist.

»Ms. Sánchez, setzen Sie sich.«, fordert mich meine Frauenärztin auf. Ich schaue in die Augen meines Bruders, der mir versichernd zunickt. Er nimmt mir, wie erwartet Luan weg und tätschelt sanft meinen Oberarm.

»Was ist mit Fernández?«, frage ich meinen Bruder, der nach meiner Frage betrübt in meine Augen sieht. »Er erwartet, dass wir ihm berichten, wie es dem Kind geht er cetera, dafür kommt er nicht herein.«, erwidert er und ich spüre, wie sich alles in mir zusammenzieht.

»Stehen Sie unter Druck?«, fragt mich plötzlich Frau Ferrars. Ich sehe kurz weg, weil ich mir unschlüssig gewesen bin, was ich antworten soll. »Ich weiß nicht—«, antworte ich schließlich.

Ich nehme einen tiefen Atemzug. »Na ja— Ja.«, alles was bisher passiert ist, setzt mich tatsächlich unter Druck. Ich muss einen Feind heiraten, weil ich sein Kind austrage und muss damit leben, dass das Kind keine gewöhnliche und vor allem normale leben wird. »Das ist nicht gut.«

Ich runzle meine Stirn. »Der Druck, der auf Ihnen lastet, geht auch aufs Kind und könnte dem Kind schaden.«, erklärt sie und meine Augen weiten sich.

Mein Blick fällt auf meine Bruder, der mich ansieht, als würde er sich Sorgen machen. Er macht sich Sorgen.

»Wollen wir erst einmal gucken.«, Frau Ferrars lächelt und deutet auf die Liege, bevor ich mich darauf nieder lasse. »Sie haben kein Alkohol mehr getrunken?«, sie hebt eine Braue und hastig nicke ich. »Ich habe einen Schluck genommen und bin direkt auf die Toilette, und habe mein Kopf über den Wasserhahn gehalten.«

»Dann ist für.«, sie machte das kühle Gel auf meinem flachen Bauch. Mein Blick fällt auf den Monitor, so, wie es meine Frauenärztin tut. Als sie überrascht seufzt, Frage ich direkt, was los ist. »Es sind Zwillinge.«

Ich blinzle.
Ein, zwei Mal.
Dann sehe ich zu Ryan, um sicher zu gehen, dass ich richtig gehört habe. »Zwillinge? Es sind Zwillinge?«

Tränen sammeln sich in meinen Augen, aber ich weiß nicht, ob es Freuden Tränen sind oder Tränen aus Trauer, Mitleid und Kummer. Zwei Kinder, denen ein Schicksal erwartet, dass ihre gesamte Kindheit zerstören könnte. Aber eine Mutter, die alles daran setzen wird, dass sie eine Kindheit leben können.

Als Mutter darf ich mit wirken, denn es sind meine Kinder, die ich lieben werde und wenn nötig, für sie bis ans Ende der Welt gehe. Ryan rauft sich plötzlich sein Haar und sieht aufgebracht aus, als hätte er eine böse Vorahnung und zum ersten Mal in meinem Leben wünsche ich mir, Gedanken zu lesen. »Ryan, was ist los?«

Mr. & Mrs. Sánchez 1✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt