Purpur rot

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Z o é

Der Schweiß rinnt meine Stirn hinab, während ich mich keuchend an die Wand drücke und Stück für Stück, einen Fuß vor den anderen setze.

»Caleb!«, hallt es laut durch die Flure und ein weiterer Schmerz durchzuckt meinen Körper. »Caleb!«, entkommt es mir noch lauter und schmerzerfüllter. Meine Augen füllen sich mit meinen Tränen, dass es mir kaum möglich ist, den Weg vor mir zu erkennen.

Ich schluchze und rutsche an der wand runter, zu Boden. »Nathan.«, wispere ich noch gequälter und führe meine Hände zu meinem Bauch. »Señora Sánchez!«, die aufgewühlte Stimme, eines Vertrauten dringt zu mir durch.

Als ich meinen Kopf hebe, beginne ich zu weinen. »Die Kinder.«, sage ich und schluchze. Ein weiterer Schmerz durchfährt schlagartig, dass ich mich schreiend an seiner Kleidung kralle.

»Oh Gott, Señora Sánchez!«, ertönt die Stimme seiner Frau, die in mir eine gewisse Wärme hinterlässt. »Los, hol schnell den Arzt!«, fordert Caleb seine Frau auf. »Ich bringe sie auf ihr Zimmer.«

»Es ist ein Monat zu früh.«, keuche ich. »Es ist—«
»Beruhigen Sie sich.«, mit all seiner Kraft hebt er mich hoch und starrt mir zuversichtlich in die Augen. »Es wird alles gut.«

Ich bewundere seine Ruhe, die er zu diesem Zeitpunkt verdeutlicht. Er weiß es gut einzusetzen, um die Panik nicht noch weiter auszuarten.

Doch obwohl er ruhig bleibt, hat es mir nicht geholfen. Die Panik setzt sich tief in meinem Körper, dass es mir kaum möglich ist, zu atmen. »Sie müssen atmen, Señora.«, sanft legt er mich auf die weiche Unterlage, meines Bettes, von der ich eben noch völlig panisch entronnen bin, ab und wischt über meine verschwitzte Stirn. Einige Strähnen fallen aus meinem Gesicht, während ich versuche nach Luft zu schnappen.

»Gut so.«, lobt er mich und hält meine Hand. Mein Körper zittert und lässt die Wehe, von eben, abklingen. »Ich habe Angst.«, verlässt es meine Lippen.

Als er ansetzt etwas zu sagen, wird die Tür schwungvoll geöffnet. »Ich habe gehört, die Wehen sind eingetreten?«, die Aschblonden Haare, des Arztes, erinnern mich unwillkürlich an Nathan. »Ja, doch—«, Caleb blickt unsicher zu mir.

Mein Herz pocht schneller und mit zitternder Stimme frage ich »W-Was ist los?«
»Sie blutet.«

Ein heißes stechen durchfährt mein Brustkorb und die Tränen fallen unaufhörlich, aus meinen Augenwinkel. »Retten Sie sie.«, flehe ich. »Bitte tun Sie was.«

Ein lauter Schrei entfährt mir, als sich eine weitere Wehe breit macht. Meine Hände krallen sich in die Decke, während ich meinen Kopf in den Nacken werfe.

»Die Wehen sind regelmäßig.«, die Stirn des Arztes legt sich in Falten. »Kümmere dich um ihre Vitalwerte, hole die benötigten Geräte und Materialien.«, fordert er seinen Assistenten auf, der stramm an der Seite meines Bettes steht und mitleidig auf mir herab blickt.

Nach der Aufforderung verlässt er eilig mein Zimmer, währenddessen der Arzt sich seine Hände gründlich waschen geht. Danach zieht er sich Gummihandschuhe über, wobei ihm Caleb hilft.

»Señora, ich werde alles nur erdenkliche tun, damit es Ihnen und den Zwillingen an nichts fehlt. Vertrauen Sie mir.«

***

»Seid ihr bereit?«, meine Hände vergrabe ich in die Taschen meines Anoraks, währenddessen die Kapuze tief in meinem Gesicht gezogen ist. »Heute werde ich ihn richten.«, murmle ich zu mir selbst und mache einige Schritte auf das Schwarze Auto zu.

Mein Herz hämmert rasend hinter meiner Brust. Das Adrenalin schießt durch mein Körper und lässt meine Fingerspitzen kribbeln. »Wir sind bereit, Zoé.«, antwortet mir Ramon, der sich gelassen an sein Auto lehnt.

»Er sitzt im Arbeitszimmer, wie immer um diese Zeit ist er alleine.«, berichtet mir Nicolas. Seine braunen Augen ähneln die seines Bruders und doch haben sie das gewisse etwas. Er wirkt immer ruhig und unantastbar, doch selbst er scheint ein reines Herz zu haben.

Obwohl er seinen Onkel, ebenso sehr wie ich, tot sehen will, kennzeichnen seine Irden Mitleid aus. »Wir werden die Angestellten ablenken, während du den spaßigeren Teil erledigst.«, Ramon grinst schadenfroh, dass es mich beinahe anekelt und doch kann ich ihn verstehen.

»Sind Sie sich sicher?«, fragte Caleb, der versucht unter meiner Kapuze zu sehen. Ich nicke und wende mich von ihnen ab, um in das Auto zu steigen. Der Tag neigt sich dem Ende zu, aber für uns hat dieser gerade erst angefangen.

Purpur rot, erscheint mir der prachtvolle Sonnenuntergang, der sich mir bietet. Dieses Rot würde nicht das letzte sein, was ich heute erblicken darf.

Bäume, dessen Blätter, in den verschiedensten Farben eingetaucht sind, säumen die Straßen. Es ist ein überwältigender Anblick, den Herbst in solchen Farben betrachten zu können.

Mir fällt auf, dass es lange her ist, das ich Nathan gesehen habe. Mein Herz schlägt noch immer, bei den Gedanken an Nathan, um eine Nuance höher und doch weiß ich, dass es zu spät ist.

Es ist nicht seine Schuld und dennoch hätte ich mir gewünscht, das seine Antwort, an jenem Tag, eine andere gewesen wäre.

Vielleicht wäre es nicht zu dem, wie es heute ist, gekommen.

»Señora.«, stille tritt im Auto ein, das eben zum stehen gekommen ist. »Wir sind da.«, informiert mich Caleb, nach langem Zögern. Es ist mein Blut, das durch meine Ohren rauscht und mir zu verstehen gibt, dass es soweit ist.

Beweg dich.

Die Rufe, die ich mir selbst durch meine Gedanken schweifen lasse, klingen kaum zu mir durch und doch greife ich nach dem Türgriff. »Lasst uns, wie geplant vorgehen.«, verlässt es eisern meine Lippen.

»Nun denn, lasst uns eine Partie Schach spielen.«, ergreift Ramon belustigt das Wort. Ich schnaufe genervt, weil er kaum etwas ernst nimmt, aber am Anfang selbst skeptisch gewesen ist.

Wie ein Schatten, verfolge ich Ramon, der mit mir zusammen eine Gruppe bildet. Er wird, wenn nötig, Nathan von mir fernhalten. Doch, weil er in dem Haus sein müsste, das er uns gekauft hat, sollte er nicht hier sein, um mich anzutreffen.

Leise streifen wir durch den Hof, der gute Versteck Möglichkeiten bietet. Mich fasziniert es, wie sich der Nebel über die Wasseroberfläche legt und die Kälte durch mein Körper haucht. Gänsehaut legt sich, trotz der warmen Kleidung, auf meiner Haut. »Achtung.«, Ramon stoppt mich mit seinem rechten Arm, während wir uns zeitgleich ducken.

»Die Nacht Patrouille.«, flüstert er mir, auf meinem fragenden Blick, zu und nimmt sein Arm zu sich. »Das, Mäuschen, war erst der Anfang.«

Mr. & Mrs. Sánchez 1✔️Where stories live. Discover now