27.

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Anni

Sorgfältig drapierte ich Käse, Wurst und Gurkenscheiben auf den Tellern und begann dann das Obst zu schnibbeln. „Ja, Anni. Guten Morgen. Übernimmst du schon wieder meine Arbeit?"

Ich blinzelte unschuldig. „Guten Morgen. Mach ich doch gerne, Mama. Ich brauch halt auch ein paar Aufgaben, sonst wird mir todlangweilig." „Ja, wenn du meinst mir solls recht sein." Sie begutachtete mein Werk. „Du denkst aber schon auch an das Frühstück für den Michi, oder?" „Ja freilich. Aber des eilt ja nicht so. Der schläft eh meistens länger. Ich mach erst mal die Sachen für die Molkerei-Leute fertig und dann kümmere ich mich darum." „Aha, ja wenn du meinst." Ihre Nase zuckte verräterisch. Ich konnte ihre Gedanken, über meine ineffiziente Arbeitsweise fast hören." Sie wusste ja nicht, dass dieses besagte Frühstück nicht stattfinden würde, zumindest nicht in der Form, wie sie glaubte. Michi frühstückte mit mir, schon die ganze Woche und ich biss mir auf die Lippe um bei dem Gedanken nicht dümmlich zu grinsen. „Man kriegt ihn ja gar nicht mehr zu Gesicht. Hast du ihn seit dem Essen neulich Abend mal gesprochen?" „Mmm, ja schon. Ihm geht's super, ich glaube er ist nur sehr beschäftigt.", log ich so überzeugend, wie ich nur konnte. „Ach ja dann, wenn er viel arbeiten muss, verständlich und das Wetter ist ja auch so trostlos.", sagte sie. Ich brummte nur unverständlich vor mich hin, denn ich konnte und wollte ihr die Wahrheit nicht verraten. Was hätte ich auch sagen sollen? Ihm geht es fantastisch. Er schlummert tatsächlich noch selig und zwar in meinem Bett. Er ist seit diesem Kaiserschmarrn-Abend fast 24/7 mit mir zusammen. Ich habe keinen Plan wohin das führen wird, es mag verrückt, unüberlegt und was weiß ich noch alles sein, aber es ist so gut und es tut so gut. Ich weiß nicht wann sich das letzte Mal etwas so angefühlt hat. Nein das würd ich ihr ganz sicher nicht auf die Nase binden, überlegte ich während ich eine Kiwi in Scheiben zerteilte.

„Frühstückst du gleich mit uns, Annie? Der Jakob und die Buben kommen auch glaub ich." „Eher nicht. Ich nehme mir lieber was mit rüber und leg mich nochmal hin. Ich ...hab nicht so viel geschlafen heute Nacht irgendwie." Ich bekam einen heißen Kopf und war froh, dass ich nicht dazu neigte rot anzulaufen. „Ja wir haben gerade Vollmond. Da schlafen feinfühlige Menschen oft nicht so gut." Ich nickte stumm und seifte meine Hände über der Spüle ausgiebig ein um sie nicht ansehen zu müssen. „Bleiben die Jungs länger da? Ich hab sie noch gar nicht richtig gesehen seit ich wieder da bin." „Ja der Jakob und die Mia, müssen irgendwas erledigen und holen sie erst gegen Abend wieder ab. Wir haben mal die Temperatur fürs das Schwimmbecken drinnen hochgedreht. Dann können die Jungs nachher schwimmen. Kannst dich ja anschließen, da freuen sie sich bestimmt. Ich würd den Gästen ja auch gern Bescheid sagen, aber selbst das ist ja nicht erlaubt. Sie verdrehte genervt die Augen. „Vielleicht biete ich es ihnen trotzdem an, zumindest dem Michi, das tut ja keinem weh." „Ich kann ihm ja Bescheid sagen, wenn ich ihm sein Frühstück hochbringe.", sagte ich und stopfte mir ein Stück Orange in den Mund. „Ihr verstehts euch richtig gut oder? Hab ich mir letztens schon gedacht, als ihr vom Wandern gekommen seid. Ihr habts richtig gestrahlt beide. " „Mama!" Jetzt verdrehte ich meine Augen genervt. „Ja was? Das war nur eine Feststellung. Ist doch schön." „Wir hatten einfach nur einen schönen Tag, du musst da nichts hineininterpretieren.", brummte ich und packte ein paar Semmeln und Brezen in eine Tüte. „Was wollte der Simon eigentlich neulich von dir? Darüber haben wir noch gar nicht geredet." „Werden wir auch nicht, weil das nur ihn und mich was angeht. Wenn du was wissen willst, frag ihn selbst. Ich will seine privaten Angelegenheiten nicht ausplaudern. Gibt ja schon genug Tratschereien in unserem Dorf. Daran werde ich mich sicher nicht beteiligen." „Also Anni, ich bin doch nicht das ganze Dorf. Der Simon ist fast wie ein viertes Kind für mich, zumindest war das früher mal so." „Trotzdem." Ich blieb beharrlich. „Ich bin da die falsche Ansprechpartnerin." „Ich will ja nur nicht, dass du dich in Schwierigkeiten bringst, Anni." Ich schnappte empört nach Luft. „Oder dass er dich in Schwierigkeiten bringt. Vielleicht hab ich mich falsch ausgedrückt." „Weder noch, Mama. Wir haben uns einfach nur ganz normal unterhalten. Das wird ja noch erlaubt sein.", zischte ich. „Bringst du die Teller schon Mal hoch? Ich will mich nicht so früh am Tag schon streiten." „Schon gut. Das war überhaupt nicht böse gemeint." Sie nahm die beiden Frühstücksteller. „Was ist mit dem Frühstück für Michi? Soll ich nicht doch ...?" „Nein. Ich hab doch gesagt ich kümmere mich drum.", fauchte ich. Sie nickte ungerührt und verließ die Küche.

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