30.

180 20 12
                                    

Ihr lieben Leser, ich verabschiede mich für die nächsten drei Wochen in den Urlaub. Dieses Mal kommt auch definitiv kein Laptop mit. Meine erste Fernreise seit Ewigkeiten , nur mit Handgepäck und mit vielen, vielen Plänen. Um euch das Warten etwas zu erleichtern, gibt es heute ein extralanges Kapitel. Ich hoffe ihr bleibt trotzdem alle dabei. Bis bald.

Anni

Vroni öffnete die Tür. „ Na, dass ich dich auch mal wieder zu Gesicht bekomme ist ja entzückend. Ich dachte wir hätten die Vereinbarung getroffen, dass du dich öfter blicken lässt...." Sie verstummte augenblicklich und ihr Mund blieb für ein, zwei Sekunden offen stehen, als sie Michi hinter mir erspähte. „Oh, Entschuldigung, du bist ja nicht allein." „Nein, bin ich nicht." Ich lächelte amüsiert, weil ich wusste, dass sie kurz davor war vor Neugier zu platzen. „Das ist Michi, Michi- Vroni, Vroni-Michi. Wir machen einen kleinen Spaziergang und bringen Oma was vorbei. Sie hat mich gebeten die Kerzen noch bei dir abzuholen, die du für sie besorgt hast." Ich redete schnell und in einem munteren, harmlosen Tonfall. Michi lächelte, wenn auch etwas abwartend und vorsichtig und nickte ihr zu. Vroni fand schnell wieder zu ihrer üblichen Gelassenheit zurück, schenkte ihm ein strahlendes, überaus freundliches Hallo, warf mir aber einen unauffälligen Blick zu, der mindestens fünfunddreißig Fragen auf einmal stellte. „Ich hol sie dir schnell. Ihr könnt auch gerne kurz reinkommen. Ist ja nicht so gemütlich hier draußen. Es schneit sich wohl richtig ein.", sagte sie mit einem kritischen Blick Richtung Himmel. Ich drehte mich zu Michi. „Geh ruhig mit. Ich warte hier.", meinte er und ließ mich damit schutzlos ins offene Messer laufen.

Sobald wir im Haus und außer Hörweite waren legte sie sofort los. „ Sag mal, ist er etwa dieser ominöse Gast, auf den du so abfährst? Läuft da jetzt doch was zwischen euch?" „Soll ich meine Schuhe nicht doch lieber schnell ausziehen?", versuchte ich abzulenken. „Scheiß jetzt auf die Schuhe, Anni und spucks schon aus." „Ich will eigentlich nur die Kerzen abh..." „Anni!!!" „Na schön. Ja und ja. Bist du nun zufrieden?" „Nein natürlich nicht. Ich will Details und ..." „Aber nicht jetzt und heute. Ich komm die Tage mal auf einen Kaffee vorbei und dann kannst du dein Verhör durchführen, ok? Er steht da draußen und wartet. Es ist kalt und es schneit."

„Süß, du macht dir ja richtig Gedanken um ihn." „Vroni, bitte." Ich stöhnte genervt und rollte mit den Augen. „Ja. Ist ja schon gut." Sie drückte mir eine Papiertüte in die Hand. „Wo steckt mein wunderschönes Patenkind eigentlich?"

„Mit ihrem Papa draußen unterwegs. Es schneit. Was denkst du denn?" „Stimmt auch wieder. Toni und Ludwig waren auch ganz wild drauf." Mein kläglicher Versuch sie auf andere Gedanken zu bringen, scheiterte abermals. Sie strahlte mich an, als hätte sie gerade den Hauptgewinn aus einem riesigen Lostopf gezogen und säuselte: „Mensch Anni, das macht mich richtig glücklich. Endlich!"

„Endlich was?" Ich zog die Augenbrauen nach oben. „Na endlich, passiert da mal wieder was bei dir. Und wenn er der Grund sein sollte, warum du dich schon wieder nicht gemeldet hast, verzeih ich dir großmütig." Sie legte mir verschwörerisch die Hand auf die Schulter und seufzte. „Ein Jammer mit dem Wetter. Mit Mütze und den ganzen Klamotten sieht man ja kaum was von ihm. Aber er hat ein nettes Lächeln." Ich schüttelte den Kopf. „Interpretier doch da jetzt nicht gleich wieder so viel hinein. Ich hab echt keine Ahnung wohin das führen wird." „ Darauf kommt's ja auch nicht unbedingt an. Mir geht es hauptsächlich darum, dass du nicht immer abblockst und es gar nicht erst versuchst. Sag mal, warum bist du eigentlich so nass?" Sie zupfte an meinen halbgefrorenen Haarsträhnen herum, die unter meiner Mütze hervorlugten. „Habt ihr euch etwa im Schnee gewälzt?" Sie kicherte und legte dann ihre Stirn in Falten und schaute mich ein paar Sekunden lang prüfend an. Ich schüttelte den Kopf, senkte meinen Blick und schielte in die braune Papiertüte. „Weißt du ich kenn dich viel zu gut, Anni. Du hättest ihn niemals mit hergbracht, wenn er dir egal wäre und du benimmst dich auch so...so anders. Brauchst du gar nicht erst abzustreiten" „ Was du nach drei Minuten schon wieder alles weißt Frau Dr. Love." Ich schüttelte lachend den Kopf. ,,Also danke für die Kerzen. Ich melde mich dann - bald." Ich umarmte sie schnell und schlüpfte fluchtartig aus der Tür.

Wo wir frei sindWhere stories live. Discover now