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Zumindest bekam sie jetzt wieder etwas Luft, dachte Ella, als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte. Diese Tatsache änderte sich jedoch schlagartig, als sie sah, wie Ben auf dem Sofa saß: Er hatte sein Gesicht hinter seinen Händen versteckt, seine Schultern waren eingesunken. Wie ein geprügelter Hund.

Sofort verschlug es ihr wieder den Atem und sie musste sich bemühen, sich nicht davon beeinflussen zu lassen. Sie musste seine Gefühle ausblenden. Ihre eigenen waren ohnehin zu laut und er wollte sie nicht. Das stimmt nicht. Du weißt es.

Hass brodelte an der Oberfläche. Nicht auf Ben. Auf sich. Sie war ein armseliges Geschöpf. Wie sollte Ben es für richtig erachten, ihr näher zu kommen? Wie konnte sie erwarten, dass er über ihre Mangelhaftigkeit hinwegsah? Sie war nicht wert, dass...

„Ella." Ihre Augen flogen zu Ben, der wohl ihre Anwesenheit bemerkt hatte und sie nun fixierte. Sofort rieselte ein Schauer durch ihren Körper und sie wich seinem Blick hastig aus, während sie sich eine Strähne ihres frischgeföhnten Haares mit zittrigen Fingern aus dem Gesicht.

„Wir müssen darüber reden." Automatisch schüttelte sie den Kopf und stierte erneut den Boden an. Wollmäuse wühlten sich hier über das abgenutzte Laminat und vermehrten sich in den Ecken. Du bist zu nichts fähig, du warst sogar ungeduscht, als du mit ihm...

„Sunny, ich kann das nicht so stehenlassen." Ella zuckte zusammen, als sie plötzlich die Wärme seiner Arme um ihren Körper spürte. Sofort wurde ihr bewusst, wie kalt ihr war. Die heiße Dusche war nicht bis zu ihrem Kern vorgedrungen, der weiterhin ein Eisklotz war. Er trug die Schuld, dass sie fröstelte, da war sie sich sicher.

„Ich will nicht reden. Es ist alles klar." Sie dachte, ihr Wispern musste vom Ticken der Wanduhr verschluckt werden, das in ihr widerhallte. Die Zeit verging und sie war weiterhin keinen Schritt weiter. Sie hing in diesem Dschungel fest, der sie mit seiner Dunkelheit erstickte. Sie hatte gedacht, es würde Licht hinein fallen, weil er wie ein Sturm durch die dichten Stämme der Bäume fegte. Sie abknickte, damit sie einen Horizont sehen konnte. Es war allein nicht zu schaffen. Nicht, wenn die Machete zu stumpf war, um sie in das Holz zu schlagen, und es so lang dauerte, Licht zu finden. Sie war müde.

„Nichts ist klar. Ich sehe dich, Ella. Wie du gerade kämpfst." Jetzt hob sie den Blick doch wieder zu seinem Gesicht und sofort zog sich alles in ihr zusammen, als sie bemerkte, was sich darauf spiegelte. „Ich liebe dich, Ella. Ich sehne mich so nach dir. Aber ich bin nicht sie. Die, aus deiner Vergangenheit. Ich kann nicht meine Wünsche über alles stellen. Deine Verletzlichkeit ausnutzen. Das geht nicht."

Irgendwo in ihr breitete sich ein Funken aus. Das war neu. Niemand hatte sie jemals vor seine eigenen Bedürfnisse gestellt. Doch sie konnte das Licht nicht festhalten, so eilends verglühte es in der Dunkelheit in ihr. „Ich fühl mich nicht."

Hastig biss sie sich auf die Unterlippe, als er die Brauen hochzog und die Augen zusammenkniff, als könne er mit der Aussage nichts anfangen. Wie sollte er auch? Du bist völlig durchgeknallt. Er ist das nicht.

„Was heißt das, Ella?"

„Ist egal." Erneut wandt sie sich in seiner Umarmung und wollte ihm entfliehen. Aber Ben legte einen Finger unter ihr Kinn und strich sanft über ihren bebenden Mund. Instinktiv schaute sie in seine grünen Augen und bemerkte, wie sie an ihrer Unterlippe hängenblieben. Unwillkürlich leckte sie sich darüber und vernahm, wie er scharf Luft einsog und sich seine Pupillen weiteten. Sofort stellten sich die Härchen auf ihrem Körper auf und Röte kroch in ihr Gesicht, während doch etwas Wärme in sie sickerte.

Sie hörte, wie er schluckte, und fixierte ihn wie hypnotisiert. Aber plötzlich entwich sein zittriger Atem seinem Mund und er hob den Blick. „Nichts ist egal, Ella. Du bist wichtig."

Rainbow Clouds - Weil Sonne und Regen sich vereinenWhere stories live. Discover now